Bernadine Evaristo – Mädchen, Frau etc.
Die Widmung am Anfang dieses Buches beschreibt den Inhalt perfekt:
"Für die Schwestern, Sisters & Sistas & Sistahs & Sistren & und die Frauen, Women & Womxn & Wimmin & Womyn & unsere Brüder, Brethren & Bredrin & Brothers & Bruvs & unsere Männer, Men & Mandem & die LGBTQI*-Mitglieder unserer Menschenfamilie."
Eine großartige Geschichte, die sich über viele Jahre und Generationen verschiedenster schwarzer Familien in Großbritannien spannt und deren Wunsch, einen Platz in der Welt zu finden... Strukturell ist das Buch in 5 Kapitel aufgeteilt, beginnt mit dem Aufbau eines Theaterstücks und endet mit dessen Premiere. Jedes Kapitel behandelt 3 Frauen und deren Leben, am Ende kommen einige der Charaktere zur Theaterstückpremiere zusammen und man sieht hier, wer sich wie und von wo kennt und wie die Beziehungen über die Jahre verlaufen sind. Das Buch hat satte 555 Seiten und ist voll von allem was uns ausmacht. Ich persönlich fand den Teil über Megan/Morgan besonders interessant, da man hier die Reise einer später non-binären, gender-freien Person kennenlernt. Ebenso kann ich die fantastische Übersetzung dieses Buches nur loben.
Ocean Vuong – On Earth We're Briefly Gorgeous
Beschrieben als "Brief an seine Mutter, die nicht lesen kann" erzählt hier der Sohn, Little Dog, seinen Weg, seine Erfahrungen, seine Realität mit asiatisch-amerikanischer Abstammung in einem Amerika, das nicht das Land seiner Vorfahren und auch nicht ganz seines ist. Die Mutter ist gezeichnet von den Traumata ihres Landes, dem Krieg, der Gewalt, Dingen die sie aufgeben musste und den täglichen persönlichen Kämpfen gegen sich und ihren Sohn in einem neuen Land, das keine Rücksicht auf sie nimmt.
Die Geschichte selbst besteht aus verschiedenen, zeitlich verstreuten Momenten, es ist kein linearer Brief in dem Sinne, eher eine ungeordnete Sammlung von Erinnerungen und Nacherzählungen. Das Buch kann sich nicht recht entscheiden, ob es Fiktion oder Autobiografie sein will, zudem gibt es richtig starke, sehr poetische Sätze, die mich sehr berührt haben. Kein einfaches Buch, aber ich finde ein wichtiges Buch, die Beobachtungen über den alltäglichen Rassismus, Machtverhältnisse, das Erbe der Eltern und die Auswirkungen auf die folgenden Generationen, die Suche nach der eigenen Identität in einem Land, das dir unnachgiebig vorgibt, wie du zu sein hast und wie andere dich sehen, ohne dich zu kennen, werden noch lange in mir nachhallen.