Jodi Picoult – The Book of Two Ways / Umwege des Lebens
Dawn Edelstein befindet sich mitten auf dem Heimflug zu ihrem Mann und ihrer Tochter, als das Bordpersonal Sicherheitsmaßnahmen einleitet, die Passagiere anweist sich anzuschnallen und auf eine Bruchlandung vorzubereiten. Dawn überlebt die Katastrophe, in den furchtbarsten Momenten ihrer größten Angst jedoch denkt sie nicht an ihren Mann und ihre Tochter, sondern an den Menschen, den sie 15 Jahre zuvor verlassen musste. Archäologe Wyatt Armstrong, der immer noch in Ägypten Ausgrabungen leitet und mit dem sie eine intensive Vergangenheit verbindet. Dawn muss sich am Absturzort entscheiden, ob sie nach Boston zu ihrer Familie oder nach Kairo fliegt. Dawn stellt sich die Frage, was wäre gewesen wenn. Wer wäre sie heute, hätte sie sich vor 15 Jahren anders entschieden...
Grundsätzlich arbeitet das Buch mit zwei Zeitebenen, ähnlich dem altägyptischen "Zweiwegebuch ins Jenseits", das die zentrale Metapher für die Geschichte darstellt. Der Wasserweg (Boston) beschreibt Dawns jetziges Leben als Sterbebegleiterin mit Ehemann Brian und Tochter Meret, der Landweg (Ägypten) beschreibt Dawns Rückkehr zu Wyatt und den Ausgrabungsstätten, an denen sie einst zu Studienzeiten mit ihm als Mentor "Das Buch der zwei Wege" studiert hat. Eingewoben darin Erinnerungen an die Vergangenheit sowie eine fortschreitende Sterbebegleitung einer ihrer Patientinnen. Am Ende "fließt alle Zeit (mit allen Enthüllungen) zusammen" und Dawn muss sich entscheiden, wer sie ist und wer sie sein will.
Die großen Themen des Buches sind Wahlmöglichkeiten und alternative Leben, Leben, Tod und Sterblichkeit, Das Leben nach dem Tod, Bedauern und die nicht eingeschlagenen Wege, Liebe und Beziehungen, Identität und Selbstentdeckung. (Content Warning ist glaube ganz sinnvoll, es geht wirklich viel um den Tod, in all seinen Facetten und aus allen Perspektiven, Dawn's Arbeit als Sterbebegleitung kann einem ganz schön in die Nieren gehen)
Der Schreibstil (der englischen Version) ist fantastisch, herzzerreißend, traurig, tiefgründig, melancholisch, bisweilen leichtherzig und lustig, immer sehr dicht bei den Charakteren, nie unglaubwürdig oder überzogen und generell tief geerdet. Ich mochte beide Erzählstränge gleich gern, die schiere, fassbare Komplexität von Dawns Beziehungen mit ihrem Mann und ihrer Teenager-Tochter sowie ihrem Bruder Kieran sind spannend und nachvollziehbar, die Narrative in und um Ägypten, die Ausgrabungen, das heiße Land, die Menschen, Wyatt, die Sarkophage und Mumien, sind dank perfekter "Show, don't tell"-Manier problemlos vorstellbar.