An Yu – Ghost Music
Song Yan lebt mit ihrem Mann Bo-wen in Beijing. Der Schwiegermutter geht's seit dem Tod ihres Mannes nicht mehr so gut und so zieht sie bei ihrem Sohn und Song Yan ein. Das Verhältnis ist strapaziert, Song Yan möchte gern ein Kind, die Schwiegermutter ebenso, Bo-wen allerdings windet sich in Ausflüchte und Schuldzuweisungen an seine Mutter. Song Yan's einzige Abwechslung in diesem Chaos sind ihre sporadischen Klaviernachhilfestunden für ihre jungen Schüler. Und manchmal hat sie verstörende Träume über einen geschlossenen Raum, indem ein kleiner Pilz zu ihr spricht, mit der Bitte sie nicht zu vergessen ...
Eine surreale Geschichte über Träume, Ambitionen, Trauma, Familie, gesellschaftliche Zwänge, die (Klavier)Musik und die Möglichkeiten, sich zu verändern und neue Wege zu finden. Ich fand es nicht ganz so gut wie "Braised Pork", das liegt aber auch nur daran, dass ich diesem Musikthema nicht so wirklich was abgewinnen kann.
Katherine Faulkner – The Other Mothers
Natasha und ihr Mann Tom sind neu in der Nachbarschaft, ihr zweijähriger Finn verlangt alle Aufmerksamkeit und Natasha musste notgedrungen ihren Job als Journalistin bei einer großen Zeitung auf Eis legen. Als sie mit Müh und Not ihren Finn endlich in einer Spielgruppe unterbekommt, lernt sie nach und nach die anderen Mütter kennen. Mehr und mehr will Natasha das Leben dieser Frauen kennenlernen und Teil von ihren exklusiven Leben und den tollen Häusern und dem vielen Geld werden. Doch über allem hängt dieser Schatten, das tote Mädchen Sophie wurde nicht weit entfernt in einem Staubecken gefunden. Der Fall wurde schon lange abgeschlossen, doch Natasha's Journalistennase wittert Ungereimtheiten sowie eine Story, die man zu Geld machen könnte. Sie fängt an Fragen zu stellen und schon bald weiß sie nicht mehr, wem sie noch trauen kann...
Die duale Erzählperspektive von Natasha und Sophie hat für mich gut funktioniert. Sophie's Kapitel werden in einem "Countdown" bis zu ihrem Tod heruntergezählt, so dass man man Ende auch ihre Sicht der Dinge erzählt bekommt. Auch passen Sophie's Erinnerungen mit Hinweisen, die Natasha im Verlauf der Geschichte macht, zusammen. Die erste Hälfte des Buches plätschert recht ruhig dahin, es ist aber keineswegs langweilig. Natasha versucht einen Faden zu finden, wer Sophie war, warum Niemand über sie sprechen will und mehr und mehr Andeutungen und Hinweise kommen zusammen. Das letzte Viertel hat es dann echt in sich, vieles habe ich nicht kommen sehen und auch die Auflösung der losen Enden fand ich spannend und nachvollziehbar. Für mich ein perfekter Krimi.
Samanta Schweblin – Fever Dream / Das Gift
"Eine junge Frau namens Amanda liegt in einer ländlichen Klinik im Sterben. Neben ihr sitzt ein Junge namens David. Sie ist nicht seine Mutter. Er ist nicht ihr Kind. Gemeinsam erzählen sie eine gespenstische Geschichte über gebrochene Seelen, Gifte und die Kraft und Verzweiflung der Familie.
Fever Dream ist ein lebendig gewordener Alptraum, eine Geistergeschichte für die reale Welt, eine Liebesgeschichte und eine warnende Erzählung. Samanta Schweblin, eine der erfrischendsten neuen Stimmen aus dem Spanischen, die zum ersten Mal ins Englische übersetzt wurde, schafft in diesem fesselnden, beunruhigenden und spannenden Roman eine Aura von seltsamer psychologischer Bedrohung und jenseitiger Realität."
Mehr ist dieser Beschreibung eigentlich nicht hinzuzufügen, es liest sich wirklich wie ein einziger, wabernder, surrealer Fiebertraum. Man weiß nie so recht, wer gerade spricht, wer wen mit welchen Augen sieht, wer real ist, wie ernst der eigene Zustand und ob das alles überhaupt wahr ist. Muss man mögen. Ich fand es gut, aber nicht tragisch/explizit genug, um einen wirkvollen Eindruck zu hinterlassen.