Ichiro Kishimi und Fumitake Koga – Du musst nicht von allen gemocht werden
Das Buch basiert auf den Ideen der Individualpsychologie von Alfred Adler und ist in fünf Nächte unterteilt, in denen ein junger Skeptiker einen älteren Philosophen besucht und mit ihm die Frage klären will, wie man ein erfülltes Leben führen kann. Die Kernthemen sind Selbstbestimmung, Gemeinschaftsgefühl, Aufgabentrennung, Leben in der Gegenwart und schließlich Mut zur Unvollkommenheit. Das zwanglose Gespräch der beiden Protagonisten hat für mich den Zugang zu diesem Thema auf jeden Fall erleichtert, obwohl ich die Übersetzung des Jüngeren häufig als sehr gestelzt empfand. Evtl. war das Absicht, der ältere Philosoph war wesentlich entspannter und verzeihender als der, noch von äußeren Einflüssen eingeengte, junge Mann. Für mich schwimmt das Buch dennoch eher an der Oberfläche seiner komplexen Themen, sooo tiefgreifend ist es nicht, es gibt aber interessante Denkanstöße.
Frans de Waal – Der Mensch, der Bonobo und die Zehn Gebote
Ein Sachbuch, das die Ursprünge von Moral und Ethik untersucht. De Waal, renommierter Primatologe und Ethologe, argumentiert, dass die Grundlagen moralischen Verhaltens in der Tierwelt, insbesondere bei Menschenaffen wie Bonobos und Schimpansen, zu finden sind. Er widerlegt die Ansicht, dass Moral und Ethik ausschließlich menschliche Konstrukte sind und zeigt, dass Tiere ebenfalls über Empathie, Kooperation und soziale Normen verfügen. Durch zahlreiche Beispiele und wissenschaftliche Studien veranschaulicht er, dass moralisches Verhalten tief in unserer biologischen Natur verwurzelt ist.
Waal vertritt einen differenzierten Standpunkt zum Thema Religion, was ich ihm sehr zugutehalte. Er erkennt die wichtige Rolle an, die Religionen in der menschlichen Gesellschaft spielen, insbesondere in Bezug auf die Vermittlung und Verstärkung moralischer Werte und sozialer Normen. Er argumentiert jedoch, dass Moral und ethisches Verhalten tief in der menschlichen Natur verankert sind und nicht ausschließlich auf religiöse Lehren zurückzuführen sind.
Kernthemen hier sind:
- Ursprünge von Moral und Ethik aus einer evolutionären Perspektive
- Beobachtungen von altruistischem und kooperativem Verhalten bei Primaten
- Rolle von Empathie bei der Entwicklung von moralischen Verhaltensweisen
- Moral unabhängig von religiösem Glauben
- Weiterentwicklung der Moral durch menschliche Kultur und Gesellschaft
- Rolle der Religion bei der Entwicklung und Verstärkung von moralischen Werten
- Reflexion über die natürlichen und kulturellen Ursprünge der Moral
- Bewältigung von aktuellen und zukünftige ethischen Herausforderungen
Für mich war das Buch als "Primaten-Uninteressierte" (trotzdem) sehr spannend und aufschlussreich! Es gibt natürlich auch Verweise zu anderen Tierarten, u. a. Caniden, sowie auch Diskussionen zu Bekoff, Skinner und Pavlov. Auch wenn das Buch (in deutsch) 2015 erschienen ist, ist es immer noch sehr aktuell.
Padrika Tarrant – Broken Things
Eine Kurzgeschichtensammlung, sehr düster, oft surrealistisch aber nicht überzogen, mit einem poetischen Schreibstil.
Die Geschichten sind thematisch miteinander verbunden und konzentrieren sich auf verschiedene Aspekte von Zerbrechlichkeit, Verlust und Isolation. Die Stimmung ist melancholisch und oft verstörend, man fühlt immer, dass irgendwas nicht ganz richtig ist. In scheinbar normalen täglichen Situationen treten surreale, makabre Erscheinungen zutage und lassen einen "schönen Tag zu einem Albtraum" werden. Ich habe es mehr gemocht als ich gedacht hätte, gerade wegen der ruhigen, dunklen Natur und der ungekünstelten, poetischen Prosa.