auch wenn ich hier nen alten Thread wieder ausgrabe ... ich finde ihn sehr interessant - habe jetzt alles durchgelesen und sage gleich von Anfang an: Ich bin ein Wattebällchen-Werfer und das aus gelernter Überzeugung - vom Saulus zum Paulus sozusagen ...
Meine Gedanken zu den verschiedenen Argumenten ...
Punkt 1:
Die Argumentationen zu "Unter Hunden geht´s auch nicht immer zimperlich zu" ist völlig an den Haaren herbeigezogen. Warum? Hunde bringen sich weder Sitz, Platz noch Komm bei. Wer unterwegs nicht aufpasst, ist schnell verloren. Verlorene Hunde werden in einem Wildhundrudel (zumindest bei den afrikanischen Wildhunden) gesucht und wieder "eingesammelt".
Punkt 2:
Ich muss meinen Hund für Fehlverhalten strafen. Blödsinn!
Dazu muss die Regel erst einmal erlernt werden - heißt im Klartext, ich muss sie meinem Hund beibringen -> folglich muss ich erst einmal trainieren und üben.
Hunde haben kein Verständnis von "richtig" und "falsch" - sie tun das, was sie tun. Lediglich die Konsequenzen lassen sie Verhalten wiederholen oder unterlassen. Dass das "richtig" ist interpretiert der Mensch.
Punkt 3:
Wenn mein Hund sich nicht setzt, dann muss ich auf den Po drücken. Blödsinn!
Wie hier auch schon öfter auf die Lerngesetze hingewiesen wurde (und richtig angewand benötige ich keine "Strafe" ...) wurde bisher hier völlig vergessen, dass Hunde kontextbezogen lernen. Was also bedeutet: Alles das, was Hund sieht, riecht, fühlt, schmeckt assoziiert er mit dem Signal. Hunde verallgemeinern sehr schlecht. Beispiel:
Beginne ich das "Sitz" Training im Wohnzimmer auf dem kuscheligen Teppich, die Pfoten sind trocken, der Popo auch, es ist angenehm warm, Frauchen ist entspannt, es riecht nach "zuhause" = "Sitz"
So und nun soll Hundi das unter oben beschriebenen Umständen erlernte Signal "Sitz" auf dem Gehweg ausführen -> Gehweg = kühl (u.U. nass), die Pfoten spüren eine rauhe Oberfläche, es riecht nach vielen interessanten Dingen, Frauchen ist genervt = "Sitz" ????? Nicht wirklich, nicht das "Sitz", was wir unserem Hund anfangs im Wohnzimmer beigebracht haben ...
Bringe ich dem Hund das "Sitz" mittels Druck auf den Po bei - na was dann, wenn man obenstehendes beachtet? - Richtig! Der Hund lernt: "Sitz" = Frauchen drückt auf Po und das ist Sitz. Ich kenne einige Hunde, die das Sitz so gelernt haben und nicht in der Lage sind es auszuführen, wenn Frauchen nicht auf den Hundepo drückt. Dumm gelaufen ....
Punkt 4. Die Leckerchenmethode funktioniert nur, so lange ich Leckerchen dabei habe. Blödsinn!
Wer also die Lerngesetze nicht nur gelesen, sondern auch verstanden hat ;D, der weiß, dass es neben dem Bestätigen durch positive Verstärker auch noch Verstärkungspläne gibt. Tausendfach erprobt und wissenschaftlich belegt - an Mäusen, Ratten, Hunden und was weiß ich nicht für Getier.
Ein Verhalten (nehmen wir Sitz) wird ordentlich positiv und an vielen verschiedenen Orten aufgebaut: Sitz = Leckerchen. Hundi führt das Sitz nun zuverlässig aus. Nun will ich aber weg von dem ständigen Leckerchengeben, dann muss ich beginnen, die Leckerchen z.B. nur noch jedes 3. Sitz zu geben usw. ... Variabel verstärktes Verhalten verankert sich im Gehirn am besten. Siehe Spielsüchtige, die vorm Einarmigen Banditen sitzen.
Weiters sollte man immer die Verstärker variieren - mal viel, mal wenig, mal gute Leckerchen, mal "normale", mal Lob, mal Spiel usw. Ihr müsst da zum Einarmigen Banditen eures Hundes werden.
Ich breche mir keinen Zacken aus der Krone, wenn ich meinen Hund für gute Arbeit bezahle, mit dem, was er gerne mag.
Natürlich gehört dazu richtiges Timing, Beobachtung und das Wissen, WAS ich denn eigentlich verstärken will. Will ich etwas verstärken, muss ich schnell sein: innerhalb einer halben Sekunde sollte das Leckerchen im Hund verschwunden sein, damit er weiß für welches Verhalten. Die meisten, die mit Leckerchen arbeiten, locken nur und der Hund lernt der Leckerliehand zu folgen ... ist kein Leckerlie in Sicht, lohnt es sich nicht. anstatt ihn wirklich SOFORT für das richtige Verhalten zu bestätigen. Dafür ist ein sekundärer Verstärker wie der Clicker der genaueste und schnellste Markierer.
Wer seinem Hund "Verarschung" unterstellt, der hat nicht richtig trainiert, ist nicht deutlich genug, in dem was er will, hat vielleicht gerade schlechte Stimmung oder ist sonst für den Hund sehr suspekt.
Wir leben mit 4 Hunden zusammen, die alle unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich sehe dort aber keinen Hund, der den anderen "straft", weil er gerade im Weg liegt - dann wird drüber gestiegen - oder weil er nicht im Mauseloch buddeln soll ... dann buddelt man halt bis die anderen außer sicht sind und muss sich entscheiden, ob es wichtiger ist, zu buddeln oder sich seiner Gruppe wieder anzuschließen.
Wer eindeutig, klar und vor allem überlegt und konsequent an das Training mit seinem Hund herangeht, der braucht in 99% aller Fälle noch nicht mals ein "Nein" - das in 99,99 % sowieso konsequenzlos im Raum verpufft ...
Aber das würde auch bedingen, dass man sich ein wenig mehr über sich Gedanken macht, als die bequeme Lösung: Die Schuldfrage beim Hund zu suchen. Was ich meinem Hund nicht beigebracht habe, kann ich von ihm auch nicht verlangen. Und wenn ich etwas meinem Hund beibringe, muss es - ich wiederhole mich - positiv, überlegt und klar sein. Dann macht mein Hund es auch, wenn es gerade regnet, er schlecht drauf ist, es unangenehm ist.
Dazu bedarf es keinen Leinenruck, keinen Leinenzuppler, kein Leinensignal oder sonst was - wenn mein Hund gelernt hat, es lohnt sich für ihn, aufzupassen, wo Frauchen nu schon wieder rumtobt ...
In diesem Sinne
Moni