Also, meine Freundin ist gerade mit der Ausbildung zur Ergotherapeutin fertig geworden und hat sich gleich "samt Hund" beworben und ist seit diesem Monat in Arbeit und Brot (Altenheim mit hohem z.T. Schwerstdemenz).
Abby ist, bis auf die ersten 2,3 Tage, die sie selber zum "erstmal die Stelle kennenlernen" brauchte, mit dabei und hat sich schon als super Motivationshilfe erwiesen, um die doch teils recht sturen älteren Leute zum Mitmachen zu bewegen.
Zur Frage der Ausbildung des Hundes: es gibt in Deutschland bisher KEINEN Standard zur Ausbildung eines Therapiehundes! Daher gibt es auch keine Ausbildungspflicht für den Hund. Vereinfacht gesagt: Der Hund ist ein Therapiehund, wenn du das so sagst. Bescheuert, ist aber so, gerade auch vor dem Hintergrund der verschiedenen Therapiehundekurse diverser Anbieter, die teils grad mal ein Wochenende dauern, und in denen dann ein Zertifikat ausgestellt wird, der Hund sei jetzt ein "Therapiehund", und das unabhängig davon, ob der Halter Therapeut ist oder nicht... Ebenso gibt es mehrere Jahre dauernde Ausbildungen, die sich teils an US-Standards orientieren, mehrere tausend Euro kosten, und wo nur Hunde von ausgebildeten Therapeuten überhaupt zugelassen sind. Da wir aber auch mit deren Ausbildungszielen und/oder Methoden z.T. nicht konform gehen, hat meine Freundin z.B. beschlossen, Abby selbst "betrieblich" auszubilden, nach den Anforderungen, die meine Freundin an die Therapiearbeit mit Hund stellt und mit Unterstützung von einem wie wir finden sehr guten Hundetrainer, in Form von Einzelstunden als Monitoring. Halt als eigenes "System" nach unseren subjektiven Erfordernissen. Darum sind auch die Ausführungen ein bißchen subjektiv, und das nachstehende ist zuallererst mal UNSERE Ansicht dazu, basierend auf unseren (bisher sehr guten) Erfahrungen.
Wichtig ist unseres Erachtens vor Allem ein absolut alltagsfester Hund, mit dem Du schon im Vorhinein eine starke Bindung und sehr viel Vertrauen aufbauen konntest. Also lieber jetzt zu Beginn der Ausbildung schon einen Hund anschaffen, den Du dann die Zeit lang kennenlernen kannst, wo Du Dir schon während der Ausbildung Gedanken drum machen kannst was Du wie und warum mit dem Hund machen kannst etc. als am Ende einen fertig ausgebildeten Hund zu kaufen, mit dem Du aber noch kein Team bist.
Wichtig ist aber auch, den Hund sehr behutsam an die Arbeit und die Patienten heranzuführen, da diese ja doch teils ganz anders sind als "normale" Leute aus Hundesicht (sitzen im Rollstuhl, haben ihre Kraft nicht unter Kontrolle, sind eventuell laut, Kinder schon mal ruppig...)! Der Hund muss damit umgehen können, ohne vor Schreck den Patienten vollzupieseln, sich in die Ecke zu verkreichen oder schlimmstenfalls zu beißen! Abby ist schon als Junghund z.B. stundenweise mit zu Praktika gegangen (muss man im Vorfeld managen!), wir haben sie bewußt in viele verschiedene Umgebungen geführt, viele unterschiedliche Sachen kennenlernen lassen, damit sie Neues als neu, aber nicht bedrohlich kennt (braucht viiiiiiiiiiiiel Zeit!!!). Sie weiß darum auch, dass wir ihr immer helfen, diese neuen Sachen zu meistern; andererseits lernen wir dadurch auch den Hund zu lesen und einzuschätzen, z.B. wenn ihr was zuviel wird oder sie überfordert ist, und wie man dann reagiert um den Hund so da rauszuziehen, dass sie nicht die Lust verliert oder Angst bekommt, und es später nochmal versucht. Wir machen sehr viel Impulskontrolle-Spiele, sie hat gelernt, an der Leine auf den Druck eines kleinen Fingers zu reagieren oder inmitten einer Horde kreischend spielender Kinder ruhig liegenzubleiben während ich 10 Meter weiter eine rauche, sie weiß, dass man nur jemanden anspringt wenn einer von uns ihr dafür ein Kommando gegeben hat, und sie weiß, dass alles, was wir ihr als "Decke" zeigen ihr zugewiesener Platz ist auf den sie auf Kommando geht, auch wenns nur ein Stofftaschentuch ist (für wenn es mal was länger dauert und wir sie aus den Füßen haben müssen). Trotzdem, im Moment noch ist ein halber Tag im Heim genug, insbesondere weil es keinen komplett patientenfreien Raum für sie gibt als "Rückzugsgebiet". Wir planen, dass sie in einigen Wochen mal testweise den ganzen Tag mitgeht, und wenn das klappt (denk schon, sieht so aus bisher), dann geht das Therapiehundeleben richtig los.
Was ich persönlich vor allem finde, ist, dass wir mit einem Bordercollie insofern einen richtigen Glücksgriff geran haben, als dass sie super verspielt ist und sehr viel Will to please hat: sie lernt sehr schnell, und ist immer bereit, auch ungewohnte Dinge zu lernen, wenn sie merkt dass wir Menschen da Wert drauf legen. Insbesondere wenn sie das Gefühl hat, dass wir, auch wenn ihr etwas erstmal sehr verdächtig vorkommt, immer drauf achten, dass ihr nichts passiert, und sie auch brav belohnen dafür. Beides wichtige Eigenschaften für nen Therapiehund... Zudem ist sie nicht zu groß, so dass der Angstfaktor niedrig ist (obwohl schwarz...), und auch leicht genug, um auch Späße wie bei bettlägerigen Patienten aufs Bett zu hüpfen machbar ist (versuch das mal mit nem 50-Kilo-Brocken ), wie z.B. in dem einen Praktikum mit Langzeitneuro-Patienten. Dafür müssen wir halt mit dem hibbeligen Wesen eines Borders leben, welches man dann aber auch unter Kontrolle haben muss... muss man alles bei der Hundeerziehung und auch beim Einsatz mit bedenken!
Wichtig ist auch sich früh über den Papierkram zu informieren, und das up to date zu halten: wenn es heute keinen Standard für Therapiehunde gibt, kann sich das z.B. auch ändern, wie sieht das dann aus und was hat das für Konsequenzen für mich und Hund? In der Ausbildung wirst Du davon wohl kaum was lernen... oder auch die Versicherung (ganz wichtig): Private Hundehaftpflicht allein reicht nicht, wenn Du sie als "Arbeitsgerät" einsetzen willst, weil das ja dann nicht mehr "privat" ist! Unsere erste noch etwas unwissend abgeschlossene Versicherung mussten wir z.B. wechseln, da die uns mit mündlichen Telefonzusagen abspeisen wollte. Eine andere wollte gleich eine komplette Berufshaftpflicht wie sie Selbstständige haben (meine Freundin ist aber "nur" angestellt, da hat sowas der Chef) als Voraussetzung, die jetzige z.B. versichert gegen nen recht kleinen Aufpreis für das zusätzliche Risiko auch den beruflichen Einsatz des Hundes. Nur schriftlich nützt das im Ernstfall was! Arbeitgeber kümmern sich da meist null drum. Oder, gibt es eventuell spezielle, vielleicht bundeslandeigene Regelungen, wie z.B. der Wesenstest bei Sine (wir brauchten den z.B. nicht, dafür gibt es ein paar Vorschriften allgemein für Hunde in öffentlichen Institutionen bezüglich Hygiene).
Wie gesagt, alles viel Arbeit, an der ich als Freund der Therapiehundführerin locker die Hälfte mittragen muss
Aber nur Mut, es lohnt sich, und ganz bestimmt nicht nur bei der Arbeit!
Gruß
Micha