Hallo Sabrina,
in meinen 3 Jahren Pflegestelle für Hunde aus dem Tierschutz hatte ich auch einige aus Tötungsstationen. Einige von ihnen waren extrem ängstlich und zuckten bei jedem Geräusch und jeder Bewegung zusammen.
In der Wohnung habe ich eine ganz leichte (aus schmalem Rolladengurt, selbst gebastelte) 5 Meter Leine am Halsband/Geschirr des Hundes gebastelt. So musste ich mich anfangs nie mehr als 5 Meter nähern um ihm in der Wohnung zu korrigieren, wenn der Hund zum Beispiel auf die Couch flüchtete. Denn Erziehung fängt auch bei Hunden sanft ab dem ersten Tag an. Da manche Hunde panisch reagierten, wenn ich sie anleinen wollte, habe ich sie anhand der Leine sanft zu mir genommen und erst einmal mit Leckerlie und Streicheleinheiten/loben beruhigt.
In der Wohnung selbst habe ich den Hund weitgehenst ignoriert, also auch direktes Ansehen oder Ansprechen vermieden. Wenn der Hund auf mich zugekommen ist (meist von der Seite) habe ich unauffällig die Hand seitlich hängen lassen und immer kurz gekrault, wenn der Hund an der Hand interessiert war. Dann habe ich leise gelobt und Leckerlies zugesteckt.
So wuchs das Vertrauen zwischen mir und dem Hund. Wenn das der Fall ist, kannst Du so gut mit ihm üben und ihn langsam an unbekanntes heranführen.
Draußen empfand ich es, als für den Hund sichereres Gefühl, wenn er an Geschirr und Halsband angeleint ist. Auch lässt sich der Hund leichter und sicherer an einer kurzen Leine führen. Wenn Du den Hund am Geschirr führst, lege die Leine um zusätzlich um die Brust des Hundes und halte dann die beiden Schlaufen (ich hoffe Du verstehst, wie ich das meine), in einer Hand. So ist die andere für Leckerlies noch frei.
So hat das Gassi gehen besser geklappt, weil der Hund "sicher in fester Hand" geführt wurde und nicht unsicher herumschlawenzeln musste...
Brando, einer meiner Pflegehunde damals, reagierte ja auf alles ängstlich, auf Autos und sogar auf Menschen an der anderen Straßenseite. Wenn das der Fall sein sollte, dass er draßen ängstlich auf andere Sachen reagiert, dann bleib stehen, lass ihn sitzen und lenk die Aufmerksamkeit auf dich. Wenn dir das gelingt, dann kräftig loben und leckerlie. Wenn du merkst, dass der Hund panisch reagiert und die seine Aufmerksamkeit nicht gewinnen kannst, bleib entweder wortlos stehen oder entferne Dich wenn möglich ein Stück aus der "Gefahrenzohne". Dann weider Sitz, Aufmerksamkeit, Lob und Leckerlie.
Gassi gehst du besser wenn möglich in reizärmeren Umgebungen. Wenn das gut klappt und Du das Gefühl hast, dass sich der Hund sicher und wohl fühlt, kannst Du Gegenden mit leichten Reizen ausprobieren. In der Stadt kann man gut sehr früh morgens oder sehr spät abends üben, wenn nicht mehr so viel los ist. Das hat bei uns ganz gut geklappt.
Wir haben immer geplanten Besuch gehabt, auch gerade um den Hund an fremde Menschen zu gewöhnen. Der Besuch wurde begrüßt und normal behandelt. Natürlich muss alles abgesprochen werden. Hektische Bewegungen, nähern des Hundes, anschauen oder ansprechen sollte der Besuch vermeiden. Der Besuch bekam Leckerlies und wenn der Hund nur in die Richtung des Besuches schaute, wurde ein Leckerlie geworfen. Der Hund tatue Mal für Mal soweit auf, dass er den Besuch sanft begrüßte, wenn Ruhe eingekehrt war. Auch hier gilt dann nicht anschauen und nur mit der "hängenenden" Hand mal unbedacht kraulen.
Hunde empfinden es als wenig bedrohlicher, wenn sie an Brust oder seitlich am Hals, statt auf und am Kopf gestreichelt werden.
Dies sind natürlich alles nur Tipps. So hat es bei uns immer gut geklappt. Es wird ein langer Weg sein und die ganze Ängstlichkeit wird der Hund nie verlieren. Aber ein Stück Sicherheit könnt ihr ihm damit auf jeden Fall vermitteln.
Liebe Grüße
Nina