Beiträge von McChris

    Hallo,
    was mir gerade so auffällt - wir beschäftigen uns hier gerade überwiegend damit, was der Hund als Motivation braucht. Vielleicht hat des Rätsels Lösung ja viel mehr damit zu tun, wie wir als Hundeführer dem Hund unsere Begeisterung über seine Leistung vermitteln können...


    Also das, was Staffy als Authentizität in die Diskussion eingebracht hat. MIR fällt es am leichtesten, meinen Hunden in ruhigem Ton verbal und auch körpersprachlich nahezulegen, was ich von ihnen grad erwarte. Beides als positive oder negative Verstärkung möglich.


    ICH habe damals mit dem Podenco dagestanden und kam mir total bescheuert dabei vor, mit dem Quietsche-Schwein zu quietschen - mein schauspielerisches Talent geht unendlich gegen Null - was hat der Podenco also aus dem Gequietsche gelernt? ER fands ja im Grunde toll, aber ICH war nur mit halbem Herzen dabei.... Das Gequietsche hat sich irgendwann "abgenutzt", weil mein Hund keine ECHTE Begeisterung bei mir spüren konnte.... Also musste der Reiz immer größer werden...


    ICH finde es auch verhältnismäßig lästig, wenn ich vor jeder Aktion mit den Hunden nachsehen sollte, ob die Leckerlis noch ausreichen... Die Zeit mit dem Käse für unseren Neuzugang hab ich schon allein deshalb auf das Minimum begrenzt - ich kann genau so lange gut mit Leckerlis arbeiten, wie ich davon überzeugt bin, dass sie jetzt wirklich für uns nützlich sind... Also z. B. in Sachen Gegenkonditionierung beim Angsthund. Ab dem Moment, wo die ersten tiefergehenden Erfolge da sind, schwenke ich auf das um, was mir viel eher entspricht. s. o.


    Deshalb kommt mir das, was hier im Thread so deutlich wird - nämlich das jedes Mensch-Hund-Team da seinen eigenen Weg hat - auch sehr einleuchtend vor.


    Hunde sind Weltmeister in der non-verbalen Kommunikation und ich weiß, das meine Hunde ohne materielle Zutaten einfach wissen, dass jetzt alles ok ist - indem sie meine Körpersprache und Tonlage genau so "lesen", wie ich ihre....


    Durch das gemeinsame "Arbeiten" draußen ist bei uns die Kommunikation ganz anders geworden, ich bin auch gar nicht so sehr der "Befehle Verteiler", sondern ich unterstütze und bestätige die oft sehr kreativen Lösungsansätze der Hunde für besondere Situationen und überlasse ihnen in der Team-Arbeit einen Teil der Verantwortung für unsere gemeinsame Aufgabe.


    Die gemeinsame Aufgabe scheint eine derartige Motivation für meine - doch vom Wesen sehr unterschiedlichen Hunde - zu sein, dass es beim "Arbeiten" schnurzpiepegal ist, ob ein Fremdhund am Zaun entlang kommt... 20 Minuten später, beim "blossen" Spaziergang, bekommt dieser Fremdhund ganz plötzlich eine ganz andere Aufmerksamkeit.


    Ich glaube, dass in der Authentizität und in der gegenseitigen Vertrautheit der Schlüssel zu einem guten Mensch-Hund-Team liegt, die einzelne Methode ist dabei zweitrangig.


    LG, Chris

    Zitat


    Diese Hunde werden viel durchgemacht haben und haben ja evtl. schon desöfteren ihr Zuhause verlosen geschweige denn das sie eins hatten, von daher verstehe ich den Drang, den sie haben, Frauchen zu folgen.


    Hallo Karuma,
    ich verstehe Dein Verständnis für die Vorgeschichte solcher Hunde, dennoch gehe ich damit anders um - JETZT ist nämlich alles gut und im Hier und Jetzt kann und soll der Hund lernen dürfen, dass seine Verlustangst unangebracht ist. Indem man der "Verfolgung durch den Hund" nachgibt, bestätigt man ihn ja lediglich darin "Halt man immer bloß Fraule im Auge, die könnte sich sonst in Luft auflösen" und nimmt ihm die wichtige Möglichkeit - für alle Hunde, aber besonders für so Hibbel-Hunde, wirklich mal zur Ruhe zu kommen. Und zwar verlustangstfrei zur Ruhe zu kommen.


    LG, Chris

    Hallo,
    also, mein Podenco Janosch benutzt ein ganz spezielles Winseln, wenn dem Herrn irgendetwas nicht genehm ist.... Gerade jetzt im Moment "zeigt" er es auch wieder häufiger - und zwar immer dann, wenn ihm der kleine, knochige Hintern zu kühl wird... :D
    Früher hat er dieses Winseln noch viel häufiger gezeigt, wenn zuviel los war, wenn zu wenig los war, wenn ihm kalt war, wenns draußen zu naß war und und und - im Grunde alles Situationen, in denen es um den persönlichen Komfort des HUndes ging...


    Zuhause, im naßkalten Herbst und im Winter, ist der große Jäger einfach nur eines: ein Frostköttel, der am liebsten komplett unter einer Decke verschwindet.


    Bei Janosch hat dieses Winseln also eindeutig "Quengel-Tendenzen", wobei wir ihm die Decken-Geschichte zugestehen, weil er tatsächlich im deutschen Winter in Ruhe eher friert.


    Ein anderer Aspekt könnte bei Euch noch sein, dass Euer Hund jetzt allmählich ankommt bei Euch - da wo vorher nur großes "Staunen" und alles neu war, "traut" sich so mancher Neu-Ankömmling erst nach einigen Wochen oder Monaten, eigene Ideen ins Spiel zu bringen...


    Wenn Du wirkliche Angst und körperliche Beschwerden ausschließen kannst, sitz es einfach mal ein paar Tage aus, wäre mein Vorschlag, vielleicht werdet Ihr nur grad auf Eure Konsequenz hin getestet...


    LG, Chris

    Hallo,
    das ist ein toller Thread geworden, der mich sehr zum Nachdenken anregt...


    Mir stellt sich gerade die Frage, ob es überhaupt normal ist, für einen Hund, in einem ständigen hochmotiviertem Level zu laufen. Wobei ich mit "motiviert" jetzt den unter freudiger Anspannung stehenden Hund meine....


    Schon der Begriff "freudige Anspannung" hats nämlich in meinen Augen in sich...


    Da wir ja gerade erst seit drei Monaten eine neue, 6-jährige Dogge dabei haben, führe ich mir ja selbst derzeit vor, wie ich mit diesem Hund arbeite, um ihn zu bestimmten Verhaltensweisen anzuregen.


    Für die allerersten Grundlagen habe ich Käse benutzt - unter anderem, um an zahlreichen Ängsten eines umweltunsicheren Menschen-Gegenstände-Angsthundes zu arbeiten. Der Käse ist schleichend durch positive, verbale Bestätigung ersetzt worden, die zunächst "überschwänglich" war und nun auf ein ruhigeres Level zurückgenommen wird.


    Als ich vor Jahren mit meinem Podenco in einer "Leckerchen-Spielzeug"- Hundeschule war, brauchte ich zum Schluß ganze Fleischwürste und ein Quietscht-Plüschschwein, um die Aufmerksamkeit meines Hundes bei mir zu halten. Diese Reize nutzten sich nämlich im Lauf der Zeit ab... Obwohl - oder gerade, WEIL ich mich ständig zum Affen machen musste. Diese "Oilili"-Arbeit mit überschwänglichem Verhalten des Hundeführers liegt so gar nicht in meiner Natur, ich bin eher so der ruhige, zwar fröhliche Typ, aber solch eine Überschwänglichkeit liegt mir einfach fern. Die Kommunikation mit meinem Podenco besteht in erster Linie aus einem sehr ruhigen Umgang, aus klaren Grenzen, aus ruhiger Bestätigung erwünschten Verhaltens und aus genauso ruhiger, aber deutlicher "Zurechtweisung" bei unerwünschtem Verhalten.


    Deshalb fand ich die Bemerkung von Marula, dass es die größte Motivation für ihren Hund ist, wenn er nach einer gestellten Aufgabe hinterher seine Ruhe hat, absolut unterstreichenswert.


    Zuviel "Dauerfreude" nutzt sich irgendwann ab und dann kommen so Sachen ins Spiel, dass das normale Futter als Belohnung nicht mehr ausreicht und zu "besseren" Lekkerlis gegriffen werden muss.


    Meine Hunde arbeiten am Besten mit, wenn sie wissen, welche Erwartung gerade an sie gestellt wird, wenn sie "mitdenken" und einen Sinn in dem sehen, was wir gerade tun. Wenn sie einen "Sinn" in irgendwelchen Aufgaben sehen, bieten sie geradezu kreativ auch andere Lösungsvorschläge an - vielleicht liegt der Erfolg eines Menschen im Umgang mit seinem Hund einfach nur darin "Sinn" zu vermitteln und wenn auch nur - "Wenn Du das jetzt tust, bin ich zufrieden und Du hast Deine Ruhe."


    In der Arbeit mit Pferden wird das "in Ruhe lassen" wesentlich häufiger und bewußter genutzt - nach einer anstrengenden Lektion, wird im Schritt kurz verschnauft. In der wirklichen Arbeit mit den Pferden kommt die Ruhe automatisch nach Erledigung der Aufgabe - z. B. Rind ist im Gatter, Feierabend.


    Wenn ich mir so ansehe, wie meine Hunde untereinander voneinander lernen, finde ich da kaum überschwängliche Freude - wenn da einer "quer" schießt und die Mäusejagd vereitelt, oder sich einmischt, gibts kurz mächtig Druck und sobald der Betreffende sich adäquat verhält, ist der Druck weg. Sprich: Ruhe. Wobei ich durchaus auch mal "Druck" ausübe, in dem ich einem Hund unerwünschtes Verhalten verbal oder mit körperlichem Einsatz (abblocken, vor mir her schieben) "vermiese" - bricht er ab, gibts kurz Bestätigung auf einem niedrigeren Level und dann wird der Hund in ruhe gelassen.


    Für mich ergibt sich als Schlussfolgerung: Je mehr "Sinn" meine Tiere in dem sehen, was ich ihnen abverlange, desto leichter können sie es lernen. Je "sinnloser" etwas ist, desto mehr muss ich mit positiver Bestätigung arbeiten, bis sie gemerkt haben, dass es Dinge gibt, die hund einfach um der Dinge selber zu tun hat. Dann kann ich die positive Bestätigung auf ein ruhigeres Level runterfahren und habe einen zufriedenen Hund. Keinen sich auf Dauer freuenden, aber einen zufriedenen....


    Um bei dem Podenco als Beispiel zu bleiben: In seiner "Freizeit" darf er Mäuse buddeln, das ist für ihn das Allergrößte. Das könnte ich niemals direkt als positiven Verstärker einsetzen... "Feines Sitz, geh mal 30 Sekunden buddeln" - geht nicht. Was aber geht, ist bei den Nur-um-der-Hunde-Willen-Aktivitäten, das Buddeln ausdrücklich zu erlauben.


    Die ruhig und selbstverständlich mitmachenden Hunde bei den Arbeiten draußen, wo wir nur wenig Kommandos brauchen, weil jeder weiß, was grad dran ist - das ist für mich im Grunde das, was auch der Natur des Hundes entspricht - im Team arbeiten.


    LG, Chris

    Zitat

    Wenn ich mit Mücke gemeinsam neue Wege erschließe, einfach etwas Neues erlebe mit ihm gemeinsam, ihm so zeige, dass wir als Team etwas erleben können und Spass haben, ohne Leckerli, Ablenkungsgedöns, WIR meistern den Alltag, wir entdecken neue Wege im Wald, schlagen uns gemeinsam durchs Dickicht , der eine nimmt auf den anderen Rücksicht, das sind Dinge, die unsere Zusammengehörigkeit beweisen und das Aufeinander Verlassen stärken.


    Hört sich vielleicht kitschig an :???:


    Nö, ich find das überhaupt nicht kitschig, für mich ist das einfach nur alltagstaugliche Team-work, wo sich der eine auf den anderen verlassen kann - weil man sich kennt und weil man weiß, was der andere leisten kann... Du hast das schön und einleuchtend beschrieben.


    LG, Chris


    Edit: für mich sind die Hund-Mensch-Konstellationen am beeindruckensten, die einfach ganz ruhig zusammen ihr Ding machen...

    Hi Iris,
    bei meinem Podenco ist das einfach...


    Maus 1 - 10...


    :D


    Sorry fürs OT, aber spaß ist als Motivation auch nicht zu verachten...


    Und noch als "ernstes" Edit: Tatsächlich darf z. B. der Podenco nach Erledigung der anderen Arbeiten (nein, nein, die Hundis sind keine billigen Arbeitssklaven bei uns..) seiner Leidenschaft nachgehen...


    LG, Chris

    Hallo,
    das ist ein interessantes Thema.


    Ich arbeite sehr wenig "hundeplatz/schulenmäßig" mit den Hunden. Mir kommt es bei allem, was wir üben mehr auf die Alltagstauglichkeit an, als auf die Perfektion der reinen Ausführung.


    Viele "Besonderheiten" bei uns ergeben sich durch den Alltag in unserer Landwirtschaft. Besondere Kommandos wie "Mach Dich vom Acker" (im wahrsten Sinne des Wortes) gibt es einige...


    Manchmal habe ich den Eindruck, dass es bei verschiedenen Hunden ähnlich ist wie bei den Pferden. In dem Moment, in dem mein Hund mit mir zusammen draußen arbeitet, sieht er den "Sinn" hinter einigen Übungen viel besser ein. Ein Platz/Bleib irgendwo auf freiem Feld ist - außer um der Übung selbst - "sinnlos" , ein Platz/Bleib, weil gerade die Pferde vorbeigelassen werden, macht "Sinn".


    Ähnlich, wenn ich mit den Pferden wirklich "arbeite" - da machen enge, schnelle Kehrtwendungen irgendwo in der Reitbahn nur um der Übung selbst willen fürs Pferd herzlich wenig Sinn - während es dieselbe enge, schnelle Kehrtwendung beim Cutten eines Rindes bei Talent dafür quasi von selbst zeigt. Und dabei wesentlich motivierter ist.


    Deshalb ist die Motivation meiner 4(5, aber die Oma ist außen vor) Hunde tatsächlich die, dass wir zusammen unsere Arbeit da draußen gut auf die Reihe kriegen. Sie sind da mit einbezogen und haben auch kleinere und größere Aufgaben. (Jetzt nicht nur so Sachen wie Weiden mäusefrei halten oder Futtereimer "säubern"...)


    Deshalb brauche ich für Aufgaben, die tatsächliche Aufgaben im Mensch-Hund-Zusammenarbeiten sind, gar keine Motivation wie Lekkerli oder Spielzeug, ein wenig holperig formuliert: Wir schaffen zusammen unser Tagwerk und sind mit unseren Leistungen zufrieden.


    Wenn ich übe um des Übens willen, brauch ich Lekkerli, alles andere "ergibt" sich einfach so.


    War mal ganz gut, darüber nachzudenken. Das war mir selbst bis gerade nicht klar.


    LG, Chris

    Bei uns gibt es mehrere "Lobs" , einmal das ganz ruhige, tiefe "guuuuuuuter Huuuund", um dem Hund bei längerem Fuß (machen wir selten) oder im Platz/Bleib eine gewisse Bestätigung zu geben (frei übersetzt etwa: Was Du da tust ist genau richtig, weiter so!) und das Übersprudelnde "Fein, fein, fein", z. B. als Lob fürs angesaust kommen beim Hier.


    Alles wird mit "Lauf" aufgehoben.


    LG, Chris