Das würde uns die verbleibende Zeit und ihm einen möglichen Neuanfang sicher erleichtern.
Unbedingt.
Ich geb Dir mal eine Art Kurz-Briefing, damit Ihr den Kerle ein wenig besser verstehen könnt.
Was Ihr da jetzt durchmacht, ist ein noch unsicherer, mit 1,5 Jahren mental noch sehr junger Hund, der schon die ersten Anflüge seines genetisch bedingten Schutzverhaltens spürt und nicht weiss, wie er das im Alltag unterbringen soll. Er weiss nicht, wen er vor was schützen soll. Und in dieser Unsicherheit zeigt er dieses Verhalten gnadenlos übersteigert.
Das Schutzverhalten von HSH basiert auf einer weiterentwickelten Variante des Territorialverhaltens, das viele Hunderassen zeigen. Nur kommt im Gegensatz zum Hund anderer Rassen im Vorgarten, der unangeleitet alles anbellt, was draussen langgeht, beim Schutzverhalten des HSH immer eine Bewertung in Bezug auf eine potentielle Gefährdung für die Herde, auch die imaginäre, hinzu. Das bedeutet z. B., dass Nachbar Hugo mit seinem Dackel Max, der da tagtäglich an der Weide lang flaniert und sich immer berechenbar verhält, nach kurzer Zeit als Alltag und nicht mehr als Störung wahrgenommen wird.
Der Auftrag von HSH und das ist seit Jahrtausenden genetisch in diesen Hunden verankert lautet ursprünglich: "Halte alles, was nicht zur Herde dazugehört, von dieser fern" (und das kann durchaus auch das Schaf vom Nachbarn sein) und verteidige die Herde im Falle eines Angriffs bis aufs Blut." Das sind 2 vollkommen unterschiedliche Aufträge. Das ist wichtig. HSH sind reine Verteidiger ihrer Herden.
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Dieses "nicht mehr als Störung wahrnehmen" kann ich als Halter unterstützen. Durch mein eigenes Auftreten und dadurch, wie ich selbst mit der Situation umgehe.
Dazu kann ich eine weitere Eigenschaft der HSH nutzen, die sie perfektioniert haben: "Fremdsprachen" lernen zu können. HSH sind gnadenlos grossartige Körpersprachler, die auch komplett unterschiedliches Kommunikationsverhalten ihrer Weidetiere lernen können. Das müssen sie können, denn ihre Herde ist ihr Sozialverband.
Wenn ich als Halter meine eigene Körpersprache für den Hund deutlich lesbar machen will, kann ich Tricks nutzen, indem ich für mich (!) meine Körpersprache verbal untermale. Als Beispiel: käme hier ein Kind auf den Weidezaun zugerannt, sag ich zu meinen Hunden "passt schon, das ist nur ein Kind, das darf das". Dadurch entspannt sich meine eigene Körperhaltung und ich komme so für meine Hunde authentisch rüber.
Das geht natürlich andersrum auch.
Wenn z. B. der Bürgermeister an der Weide langflaniert und ich innerlich denke "örks, der Bürgermeister", spiegelt sich auch das in meiner Körpersprache wieder. Und die Hunde würden da mehr drauf reagieren. Für Euch getestet.
Man kann die Genetik des HSH nicht wegtrainieren oder ausschalten. Das sind 24/7 Arbeitshunde, somit die höchstspezialisierten Hundetypen, die es gibt.
Aber man kann die Genetik in Bahnen lenken, die alltagskompatibel werden.
In der Hundegruppe an der Herde, zusammen mit dem Hirten, hat jeder der HSH unterschiedliche Aufgaben.
Es gibt z. B. die Melder. Die beobachten und belauschen das Umfeld und weisen den Rest der Gruppe darauf hin, wenn sie was - für sie - ungewöhnliches bemerken.
Das sind oft die Jungspunde der Hundegruppe. Den Part, ob das jetzt eine Bedrohung der Herde ist und wie damit umgegangen wird, übernehmen aber die erwachsenen, erfahrenen Team-Mitglieder, die "Steller". Da haben die Jungspunde überhaupt nix mitzumischen. Die haben schön in der 2. Reihe zu bleiben.
Und das wäre auch der "Job", den man dem HSH in Privathand lassen und zuweisen sollte - rein der Job als Melder-Hund.
Der macht also den Halter auf Dinge im Umfeld aufmerksam. Das muss nicht durch Bellen/Anschlagen sein, dass kann auch ein intensiver Blick in Richtung des Auslösers sein.
Und der Halter übernimmt dann die Bewertung der Situation und somit die Verantwortung. Damit kann ein HSH zufrieden sein, weil er seine Genetik ausleben darf, weil er, als Teil seines Sozialverbandes, einen eigenständigen Aufgabenbereich hat.