Ich bin aus einem sehr großen Hundehalter und -züchter-Verband ausgestiegen, unter anderem weil in der vierteljährlich erscheinenden Verbandszeitschrift, die auch als "Organ" anderer Organisationen dient, regelmäßig reine PR-Artikel ohne jegliche Kennzeichnung ihres PR-Charakters erschienen.
Diese "Artikel" werden als redaktionelle Artikel aufgemacht (wie gesagt: Nicht durch "Werbung" oder "Anzeige" gekennzeichnet), kommen aber von "PR-Agenturen" und erscheinen oft in identischer Form auch in News-Tickern etc. Diese "PR-Agenturen" werden meist von den in den "Artikeln" als "herausragend gut" bezeichneten Futtermitteln (Spielzeugen, Halsbändern, Chemikalien zur Reinigung etc) bezahlt, manchmal durch Pauschal-Verträge (xxx,-€ monatlich für mindestens 10 positive Artikel in überregionalen Pressewerken).
Die undistanzierte Aufnahme dieser - inhaltlich oft sehr fragwürdigen "Artikel" hat mich zu mehreren Leserbriefen veranlasst, die sämtlich ignoriert wurden (weder beantwortet noch gedruckt). Auf meine Mitgliedschaftskündigung, in der ich auf die mangelnde Kommunikation innerhalb des Vereins hinwies, erhielt ich eine freche Antwort.
Kurzum: Printprodukte leben in der Regel nicht vom Verkauf der Ausgaben an die Leser, sondern von den Anzeigenkunden. Ich habe mehrere Jahre eine Fachzeitschrift im Tiersektor herausgegeben, die ausdrücklich OHNE Werbung erschien. Ich weiß, wie verdammt schwer es ist, akzeptable Artikel zu bekommen - selbst für Geld. Gute Schreiber lassen sich sehr teuer bezahlen. Daher sind PR-Artikel (die häufig kostenlos für die Zeitschriften sind, die Agenturen erhalten ihr Geld ja bereits von den in den "Artikeln" beworbenen Herstellern) so willkommen.
Es kommt nur selten vor, dass in einem Artikel Produkte positiv bewertet werden, hinter denen keine starke Lobby steht. Vom Standpunkt des Verlags wäre es "Selbstmord", diejenigen Kunden zu vergrätzen, die die Printprodukte finanzieren: Die Anzeigenkunden.
Leider ist kritischer Journalismus in Deutschland kaum möglich, er wird nämlich nicht bezahlt. Lediglich die öffentlich-rechtlichen Anstalten können es sich in einem (viel zu) kleinen Rahmen leisten, im Ansatz ganz vorsichtig kritisch zu recherchieren - oft ist sogar das nicht möglich, weil Lobbies und Korruption bis in die Sender hineinreichen (das ZDF-Beispiel der jüngsten Vergangenheit muss hier gar nicht erwähnt werden).
Unsere Fachzeitschrift mussten wir damals einstellen, weil trotz sehr guter Abozahlen (die rein mathematisch Produktion, Herstellung und Vertrieb getragen hätten) wegen der miesen Zahlungsmoral (rund 50% Zahlungsausfall bei den Abonnenten) das Projekt durch die VERKÄUFE nicht mehr zu halten war. Wir standen vor der Wahl: Werbung - oder Einstellung. Mit Werbung hätten wir unseren Anspruch auf völlige Unabhängigkeit aufgeben müssen, also haben wir eingestellt.
Dieses Schicksal ereilt leider immer wieder gute Printprodukte. "Schuld" ist letztlich der Konsument, der alles kostenlos haben will, Rechnungen nicht bezahlt - und seinem Unmut höchstens anonym in einem Internetforum Luft macht