Moin,
vorab: Es geht hier um den Versuch, jemandem Hilfestellung beim Anfang mit Barf zu gehen. Dabei sollte man niemals mit Zahlentabellen wedeln, sondern immer zuerst den einzelnen Hund betrachten. Bei der Umstellung sollte der Hundehalter neben Geduld auch etwas Feingefühl mitbringen. Der Hund weiß nicht (und sein Körper weiß es auch nicht), wieviel Milligramm Irgendwas er braucht - und in der Umstellungszeit sind die Theorien mehr als grau.
Ich wünsche mir von den Extrem-Barfern, dass sie öfter mal vorsichtig formulieren und klarstellen, dass ihre Ansätze theoretisch sind, nicht aber auf Wissen basieren. Denn wissenschaftliche(!) Langzeitstudien zum "Barfen" gibt es noch nicht.
Von Religion spreche ich dann, wenn aufgrund von Glauben gehandelt wird, im Gegensatz zu Handeln aufgrund von Wissen. Und Medizin (auch Veterinärmedizin) ist nunmal keine Wissenschaft, sondern "Erkenntnistheorie". Das ist also nicht als Angriff gemeint, sondern entstammt der Beobachtung, dass gerade die Extrem-Barfer (ebenso wie die TroFu-Fetischisten) nur ihre eigene Sicht als richtig anerkennen und jede abweichende Meinung gerne mit "unsachlich" oder "tierquälerisch" belegen.
Gegenüber aufgeschlossenen Tierhaltern, die im besten Interesse ihres Tieres "Barf ausprobieren" wollen, finde ich solche exklusiven und auf Scheinwissenschaftlichkeit pochenden Vorgaben bestenfalls ungünstig. Was ist, wenn das einzelne konkrete Tier auf die grammgenaue Berechnung nicht wie gewünscht reagiert? Dann kommt von den Extrembarfern meistens - viel zu spät - ein "tja, übers Internet kann man das ja auch nicht so genau sagen". Diese Vorsicht wünsche ich mir frühzeitig.
Calcium: Meine Hunde bekommen, wie ich bereits schrieb, sehr viel Knochen. Ich behaupte, dass in Knochen viel Calcium steckt. Da meine Hunde die meisten Knochen vollständig mit auffressen (vor allem bei Wild) dürften sie ausreichend mit Calcium versorgt sein. Ich sehe am Output, wann es zuviel ist.
> gesunde und ausgewogene Ernöhrung zu sorgen, ist nicht fundamentalistisch
Richtig, aber "gesund und ausgewogen" wird eben nicht durch Tabellen definiert, sondern durch das Ergebnis beim einzelnen Lebewesen: Ist der Hund gesund, ist die Ernährung vermutlich richtig. Andersrum wird leider kein Schuh draus: Ich kann einen Hund, der "nicht ideal verwertet" eben nicht durch eine Schulbuch-Ernährung "gesund ernähren", auch nicht "ausgeglichen". Ausschlaggebend ist, und da scheinen wir uns einig zu sein, das Individuum.
Darum halte ich die Rechnung "xxxkg bedeuten yyymg Calcium" für nicht hilfreich. Mit dem Zusatz "als Richtwert" oder "theoretisch" hätte ich keine Probleme!
Da Du mir unterstellst, ich würde meine Hunde "zwangsweise unterernähren" (Du deutest an, ich würde "Über- oder Unterversorgung simulieren"), darf ich hier hoffentlich aufs Schärfste widersprechen. Du kennst weder meine Hunde noch deren Futter (und dessen "Qualität"), daher kannst Du mit irgendwelchen beliebigen Tabellen schlichtweg keine Aussage über den Bedarf und die Verwertung von Nährstoffen bei meinen Hunden machen - oder bei irgendwelchen anderen fremden Hunden, was das angeht. Du würdest dann aus einem Glauben (s.o. "Religion") eine Wissenschaft machen wollen. Dagegen wehre ich mich weiter.
> Vergleicht man freilebende Tiere mit heutigen Nutztieren, ist es einfach schlichtweg falsch, zu behaupten, sie hätten noch den gleichen "Nährwert".
Du bist aber die einzige, die das gleichsetzt - um es als falsch zu bezeichnen.
Meine Hunde erhalten - ich wiederhole mich unnötigerweise - viel Wild. Hältst Du Wild für "Nutztiere"? Und zum Rind: Es gibt einen Unterschied zwischen Mastrindern und Milchvieh. Wo greift Deine Pauschalisierung - und wo greift sie in welcher Form? Ab wann genau definierst Du ein Tier als "minderwertiges Nutztier" und ab wann als "hochwertiges Wildtier"?
> Von stundengenau redet niemand und das beweist wieder, dass nicht sachlich diskutiert wird.
Du möchtest mich gerne disqualifizieren, ok. Wenn Du aber liest, was ich geschrieben habe: "... dass Caniden täglich (womöglich gar stundengenau) aufs Gramm genau ...", also "täglich" und nur als unkonkrete Steigerungsform "womöglich(!) stundengenau" - dann siehst Du, dass ich durchaus sachlich diskutiere und lediglich deutlich zu machen versuche, dass die scheinbare Genauigkeit von Tabellen nichts mehr als ein Schätzeisen sein kann (wenn man den Calciumbedarf eines beliebigen Tieres aufs Gramm genau berechnen könnte - dann könnte man eben auch den stundenweisen Bedarf berechnen!).
> Es gibt wissenschaftliche Fakten
Entschuldige bitte, aber das halte ich für unsachlich und unseriös. Von "wissenschaftlichen Fakten" zu sprechen, wenn nicht einmal die Veterinärmedizin (die, s.o., nicht einmal eine Wissenschaft im engen Sinne sein kann) sich einig ist, finde ich gegenüber Anfängern, die "Barf" mal ausprobieren wollen, für gefährlich. Gäbe es solche wissenschaftlichen Fakten ("wissenschaftlich" muss heißen, dass diese Fakten auf das einzelne Individuum anwendbar sind - sonst sind es nicht wissenschaftliche Fakten, sondern empirische Daten!), bräuchten wir keine Diskussion.
Mein Friedensangebot lautet:
Ich bleibe weiterhin vorsichtig dabei, wildfremden Menschen mit mir völlig unbekannten Tieren (Hunden, Pferden und sonstigen) raten zu wollen, wie sie ihre Tiere optimal ernähren können - und werde versuchen, "Diskussionen" mit der Barf-Religion aus dem Weg zu gehen.
Von Dir erhoffe ich mir etwas mehr Vorsicht im Umgang mit dem Begriff "Wissenschaft", dem Begriff "Fakt" und damit, Dir wildfremden Menschen mit Dir völlig unbekannten Tieren grammgenau und tagesgenau raten zu wollen, wie sie ihre Tiere optimal ernähren sollen.
Dabei geht es nicht darum, keine Vorschläge zu machen! Rat- und Vorschläge sind gut, sollten doch aber immer mit eigener, gesicherter Erfahrung unterfüttert werden und nicht einfach nur aus Büchern stammen. Diese Erfahrung entsteht nicht in ein paar wenigen Jahren. Und sie entsteht niemals "aus zweiter Hand".