Hallo Szuka,
ich hab diesen Beitrag erst jetzt gefunden und hatte bei deiner Beschreibung immer wieder gedacht - ganz genau wie bei Pedro.
Pedro war chronisch gestresst, hatte ein irre hohes Stresslevel und ich kam deswegen mit der Erziehung nicht weiter. Den einen Tag hat alles gut funktioniert, den nächsten Tag hatte er alles wieder vergessen. Eine Katze oder ein anderer Hund den er nicht mochte hat ihn für mehrere Tage total durchdrehen lassen. Ich führe seit mitte August Tagebuch, in dem ich vermerke, wann ich wie lange, wo Gassi war, wen wir getroffen haben, wie er sich benommen hat und was sonst so alles erwähnenswert in bezug auf Pedro ist. Hier war dann z.B. auffällig, dass er nach ca. 25 - 30 min immer hektischer wurde und nicht mehr ansprechbar war. Wenn er in die Leine gestartet ist, dann immer gegen Ende unserer Spaziergänge. In Absprache mit unserer Trainerin haben wir dann angefangen, den chronischen Stress abzubauen - und das war jetzt wirklich monatelange (seit ca. Ende September bis jetzt!) Arbeit. Aber es hat sich gelohnt. Heute habe ich einen Hund, der zwar bei Katze noch sehr impulsiv reagiert, aber ca. 5 min später ganz normal und locker entspannt an der Leine laufen kann. Einen Hund, der sich am nächsten Tag noch freudig an die Kommandos erinnert und der sich erheblich länger konzentrieren kann. Wir haben nur noch ca. 4 "echte" Feinde, denen wir aus dem Weg gehen müssen. Alle anderen werden locker passiert und er bleibt entspannt und völlig ungestresst. Ich konnte mir das auch nicht vorstellen, dass ich ein gerade 1 Jahr altes Energiebündel die nächsten Wochen und Monate überhaupt nicht mehr von der Leine lassen durfte (und darf), dass er erstmal nicht am Rad laufen darf, dass er nicht mehr mit seinen Hundekumpels spielen darf, dass wir mit seinem geliebten Mantrailing Pause machen müssen, keine Spielchen, keine Tricks und nichts anderes was Spaß macht in der ersten Zeit, ... . Nur einmal die Woche eine Fährte (bei uns mehr Mantrailing, aber mein Geruch) war erlaubt. Der Gedanke war schrecklich. Die Trainerin wusste das und machte mir immer wieder Mut (was sind 6 oder 7 Monate gegen das restliche Leben?) und es zeigten sich bald erste Erfolge - nur deswegen konnte ich durchhalten. (Positiver Stress ist genauso "schädlich" wie der negative!)
Unser Anti-Stress-Langeweile-Programm hieß zuhause so viel Ruhe wie irgendwie möglich. Dazu gab es geregelte Ruhezeiten bei denen er entweder in einer Box mal ausgiebig schlafen sollte(er hat sich nie an die Box gewöhnt) oder in einem extra Raum, in dem er alleine ist 1 - 2 Stunden einfach Ruhe hatte. Nach draussen ging es anfangs nur gaaaanz wenig. Mich traf der Schlag als sie mir sagte, dass er die ersten Wochen nur noch 3 x am Tag für jeweils 15 min raus darf und da auch nur gaaaanz langsam gehen darf. Die Leine max. 2 - 3 m wenn er einigermaßen entspannt ist, kürzer wenn er zappelig rum hüpft. Sobald er zappelte blieb ich stehen, und ich wartete bis er Kontakt zu mir aufnahm. Er sollte Zeit haben, sich zu orientieren, zu schnüffeln, runter zu kommen. Die ersten Tage schafften wir auf diese Art und Weise ca. 200 m einfach. Aber es wurde bald besser. Außerdem gingen wir immer den gleichen Weg zurück, den wir zu Anfang hatten. Dann sind die Geruchsspuren schon bekannt und mein Lumpi hatte mehr Zeit für mich. - Jeden Tag 3 x den gleichen lahmen Weg hin und zurück, an dem wir möglichst niemanden treffen. Ich fuhr dazu extra in unser Industriegebiet, da ist an manchen Stellen nichts los. Nach ca. 3 Wochen variierte ich zum ersten Mal unsere Strecke - und Pedro drehte wieder am Rad. Es dauerte ein paar Tage, dann kannte er die Strecke und er machte wieder Fortschritte. Immer wenn er locker und entspannt an der lockeren Leine lief wurde er gelobt und er bekommt Leckerli. Inzwischen - 5 Monate später sind wir bei einer täglichen Gassidauer von 3 x 30 - 40 min. Wir gehen immer noch ziemlich langsam - je hektischer er ist, desto langsamer werde ich - aber er ist meist von anfang an oder nach 1 - 2 min entspannt und locker. Er schnüffelt im Leinenradius und nimmt häufig zu mir Kontakt auf. Wenn ich ihn rufe macht er auf dem Absatz kehrt und rennt mich fast über den Haufen. Wir machen schon seit einiger Zeit wieder kleine Spielchen und üben unsere Kommandos.
Derzeit üben wir in der Hundeschule Hundebegegnungen ... er macht das SUPER-KLASSE-SPITZENMÄSSIG. Man merkt, dass er eben nicht mehr mit seinem inneren Stress kämpfen muss sondern in der Lage ist die Situation einzuschätzen.
Wenn ich ihn jetzt so sehe weiß ich, dass er glücklich ist. Er hat inzwischen viel innere Ruhe und es geht im richtig gut.
Klar würde er gern manchmal mit seinen Freunden über die Wiese rennen und spielen. Aber er kommt auch sofort ruhig und entspannt mit mir mit. Bald wird es wieder soweit sein, dass er dort mitrennen darf.
Am Ende sind wir trotzdem noch nicht. Wir bauen langsam auf - nicht gleich wieder überfordern und Pedro wird immer ein Hund sein, dem ich sagen muss wann genug ist. Selbst würde er sich vermutlich immer überfordern weil alles so viel Spaß macht. Nach den Hundebegegnungen ist das Antijagdtraining dran ... mal sehen, wann ich ihn wieder von der Leine lassen darf.
Liebe Grüße
Conny