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Und genau wegen dieser Verhaltensketten habe ich aufgehört, mit Lucky rein über positive Bestärkung zu arbeiten. Nicht, dass das schlecht wäre, aber es gibt einfach Hunde, die neigen dazu, sich immer und überall einen Job zu suchen und ich könnte mir vorstellen, dass du ihm das via Klicker anerzogen hast, sich so nach außen zu orientieren. Ist auch klar, wenn er ähnlich war wie meiner und ich meine davon bei dir gelesen zu haben, hat er rumehibbelt und konnte doch ne ganze Zeitlang überhaupt keine Reize verarbeiten und war ständig unter Strom, oder?
Und jetzt hast du den augenscheinlichen Stress weg, er ist aufmerksam und bleibt auch im Vorderhirn bei dir, aber er sucht sich immer noch den Job.
Dass sich bei uns unerwünschte Verhaltensketten gebildet haben glaube ich gerne. Aber dass sie von der positiven Bestärkung kommen glaube ich eher nicht. Den Klicker benutze ich seit wenigen Wochen, nicht regelmäßig und draußen ausschließlich um Blickkontakt zu bestätigen - das ist alles zusammen nicht so oft, er könnte mich öfter angucken. Den Klicker kennt er sonst nur von zuhause wenn wir Tricks üben.
Anfangs war er extrem am rumhibbeln, hat sich aber auch da schon Jobs gesucht. Es liegt ihm einfach im Blut. Schon als ganz kleiner (6Monate) hat er mal versucht, wie es ist, 3 Wildpferde zu hüten, rumzulaufen, stehenbleiben und gucken, ... da kam er zum Glück schnell wieder und ich habe ihn in diesem Bereich nicht mehr abgeleint. 2 Monate später hat er mir dann in einem anderen Wald 2 Rehe "gebracht". Die kamen im Schritttempo zu mir ganz nah an mir vorbei und einige Meter dahinter Pedro auch ganz langsam und vorsichtig. Er war da wie in einer anderen Welt, hat mich nur am Rand wahrgenommen und ist erst wieder "zurückgekehrt", als ich ihn angeleint habe. - Also wurde der Freilauf im Wald gestrichen. Rehe hüten geht einfach nicht. Er hat in den letzten Jahren zwar selten aber leider ab und zu Gelegenheiten gefunden, Tiere zu hüten - und er hat für mich als Laie - seinen Job nicht schlecht gemacht. Allerdings war er halt von mir nicht erlaubt. Ich glaube nicht, dass ich ihm diesen Drang zur Arbeit so aberziehen kann. Genausowenig wie man das Jagen wegtrainieren kann. Managen ja, aber wirklich weg ist es nicht.
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Was passiert denn, wenn er doch wieder vor will, wenn du ihn nach hinten schickst? Kriegt er einen negativ Marker, also sowas wie ein Falsch und er darf erneut probieren oder brichst du gar ab oder schickst du ihn nur erneut nach hinten?
Er wird beim Versuch nach vorne zu überholen mit dem Kommando "hinten" teils körpersprachlich dort gehalten. Das funzt gut, allerdings wartet er derzeit noch drauf, dass er doch wieder nach vorn darf bzw. ich es auflöse. Aber bisher war er nur an unübersichtlichen Stellen hinter mir. Ein Falsch bekommt er nicht.
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Mir ist es aber z. B. lieber, das mein Hund vorraus läuft, so das ich ihn im Blick habe. Bei mir war es auch so, Leine ab und Zack machte er sein Ding, im Leinenradius gut abrufbar, ein Schritt weiter, Hund ab mit tauben Ohren. Also bin ich dazu übergegangen, nicht ihm die Wahl zu lassen, sondern es ihm verboten, fertig.
Mir ist es eigentlich auch lieber, wenn ich meinen Hund vorne im Blick habe. Wenn das "Hinten" hilfreich ist - na gut, dann machen wir das. Aber wenn es einen anderen Weg gibt wäre mir der lieber. Für mich wäre allerdings noch sehr interessant wie du es ihm verboten hast. Musstest du ihn dazu im Leinenradius halten? Genau das funktioniert bei mir eben nicht so wirklich. Mit Leine kein Thema - da geht nahezu alles. Leine ab und er macht eben. Wie kann ich ihm dann verbieten?
Wobei dieses Problem nicht überall so ausgeprägt ist. In unserem heimischen Park ist er normalerweise sehr schnell weg. Hier am Wochenendhaus bleibt er problemlos bei mir bis sich irgendwo interessante Spuren zeigen. Aber auch da geht er nicht so weit und ist erheblich schneller wieder abrufbar.
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Wenn ich mit ihm in Wald und Feld gehe wird er gearbeitet oder bespielt. Dummy oder Ball. Natürlich ohne Leine. Klappt super wenn er beschäftigt ist.
Das klappt bei uns auch solange keine wirklich wichtigen Spuren sind - und nachdem er seine erste Runde im Park gedreht hat wo er nichts wichtiges gefunden hat.
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Es scheint Hunde zu geben die für täglich fades Gassi gehen einfach nicht gemacht sind. Die arbeiten wollen und nicht aus ihrem Arbeitsmodus raus finden bevor der Workaholic in ihnen nicht befriedigt wurde. Und dann muss man angestammte Wege eben verlassen und Lösungen finden, die den Hund glücklich machen. In unserem Fall ist das laufen und suchen, laufen und suchen, laufen und suchen... ;-)
Einfaches fades Gassi gibt es bei uns eher selten. Abends Pipi-Runde wenn mein Mann dabei ist vielleicht. Aber wenn ich allein mit ihm bin dann ist ganz oft Spielchen und Suchen dabei. Zwischendrin schnüffeln und ein bissl was üben. Aber sobald sich irgendwo Arbeit findet ist alles andere sofort vergessen und unwichtig. Nur kann ich ihm fast nie soviel Arbeit bieten, dass der Workaholic befriedigt ist. Dann würde er vom Stress wieder überholt.
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Ich würde vor allem jetzt intensiv mit der Schleppi arbeiten, ich finde 10 Meter reichen bei einem Spaziergang vollkommen aus- du läufst ja mit und er hat nach hinten und nach vorne je 10 Meter, also 20 Meter.
Ende unbedingt in der Hand behalten, den Radius trainieren (ich würde mir 11 Meter Gurtband kaufen und bei 10 Meter eine Handschlaufe knoten) und das Hundi entspannt läuft (ich würde zB beim kleinsten Abscannen nach vorne, die Richtung wechseln). Wenn das gut klappt, Handschlaufe öffnen und bei 10 Meter und am Ende einen Knoten rein, dann hast du 1 Meter Leine und zwei Knoten zum Kontrollieren. Wenn das alles immer noch gut läuft, kannst du die Schleppleine Stück für Stück kürzen.
Du hast ja gerade zwei Sachen zum arbeiten: entspannt Gassi gehen lernen und Kontrolle durch Schleppi.
Ich arbeite schon immer mit der Schlepp - wobei damit arbeiten tue ich erst seit diesem Frühjahr wieder verstärkt. Im letzten Jahr viel alles durchs "Raster" weil ich aus privaten Gründen mich wenig um Pedro kümmern konnte. Zuviele Helferlein, die schnell mal eingesprungen sind zum Gasigehen oder auch für Betreuung über mehrere Tage haben sicherlich den einen oder anderen Mist angewöhnt.
Hier im Park hat er 9 Meter, die ich auch ständig in der Hand halte. Er ist unheimlich schnell und mit schleppen lassen hätte er zuviele Erfolge. Im Wald hat er inzwischen 30 m. Seitdem ich mit der langen Leine unterwegs bin ist es für uns super-entspannt. Er braucht ganz selten die kompletten 30 m, zeigt ir hervorragend an, wenn er Spuren in der Nase hat und lässt sich gut kontrollieren. Nur wenn sie Spuren von Hase oder Reh ganz frisch sind wird er hektisch. ber um diese Probleme geht es auch nicht. Da habe ich noch viele neue Anregungen vom AJT-Seminar bei Pia Gröning die ich versuche umzusetzen (auch die 30m-Leine im Wald).
Abscannen tut er ganz oft auch nebenbei. So wie man viele Umweltreize einfach so mitbekommt. Aber sein Blick geht IMMER weit in die Ferne wenn er ncith gerade den nächsten Baum ansteuert. Ich kann nicht immer im Kreis laufen weil ich nur noch am umdrehen bin.
In den ganzen Jahren, in denen Pedro bei mir ist habe ich mit vielen Leuten Kontakt gehabt, die fast ausnahmslos meinten, dass Pedro an seiner Umwelt unheimlich interessiert ist und viel mehr Reize aufnimmt als die meisten anderen Hunde. Beispiel - wir stehen zu 4 im Park und unterhalten uns. 3 Hunde liegen faul im Gras oder spielen direkt miteinander. Reize von außen scheinen sie nicht zu interessieren. Pedro liegt in entspannter Haltung neben mir oder in unmittelbarer Nähe zu mir und guckt nach links, guckt nach rechts, guckt geradeaus, rüsselt, guckt nach hinten, guckt nochmal nach vorn oder nach rechts, schnüffelt kurz am Gras bevor er wieder in die verschiedenen Richtungen guckt. Das heißt jetzt nicht, dass er sofort lossprintet. Aber wenn es irgendwo raschelt oder vielleicht Geruch herüberweht dann geht er mal gucken wenn er kann.
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Die Schleppleine ist natürlich auch ne Möglichkeit, ich habe bei Meinem Hund die Erfahrung gemacht, dass er ruhiger ist, je weniger ich ihn ansprechen und "korrigieren" muss.
Mit den 30m muss ich ihn so gut wie gar nicht korrigieren. Bei normaler Reizlage bin ich auch mit der 9m-Leine kaum am korrigieren. Er läuft an der Leine fast immer entspannt mir. Wie gesagt - das Problem beginnt sobald ich ihn ableine.
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Es kann aber doch nicht das Ziel sein den Hund ständig auszubremsen oder nach vier Jahren Haltung noch mit der Schleppleine rumzuwurschteln? Irgendwann muss man sich einfach eingestehen dass es so vielleicht nicht klappt und muss Wege finden mit denen der Hund dauerhaft glücklich und ausgeglichen sein kann.
Zum Glück muss ich an der Leine nicht ständig ausbremsen ... siehe oben . Und ich wurschtle zwar seit längerem mit der Schleppleine rum. Aber ich bin nicht ständig am trainieren gewesen. Von knapp 2 bis knapp 3 hatten wir mal eine Trainignsintensivere Zeit. Da habe ich all das geschafft, was an der Leine super klappt. Dann war Schwerpunkt Anti-Jagd-Training mit zunächst guten Erfolgen und irgendwann kamen die privaten Hindernisse. Ich hatte keine Zeit mehr, viele Helferlein sprangen ein - aber fürs Training war das natürlich ziemlich kontra-produktiv. Seit ca. 5 Monaten bin ich wieder verstärkt am üben und es hat sich im Laufe der Zeit dieses Problem mit seiner Eigenständigkeit immer mehr herauskristallisiert. Nachdem mir die eigenen Ideen ausgingen habe ich hier mal nach weiteren Anregungen gefragt. So wie wir im Wald zusammen unterewegs sind macht er mir keinen unglücklichen Eindruck. Aber wirklich glücklich wäre er meiner Meinung nach erst, wenn er mal wieder Rehe hüten gehen dürfte.
Trotzdem weiß ich, dass ihm unsere Spaziergänge im Wald, wo wir auch zusammen durchs Unterholz schlüpfen oder wir ner Weile einer Spur folgen, die er gefunden hat gefallen und Spaß machen. Nur um gemeinsam Spaß zu haben muss er bisher halt an der Leine bleiben. Vielleicht kann ich das noch ändern, vielleicht auch nicht. Aber unglücklich ist er definitv nicht.
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Spaß beiseite, ich glaube auch, dass da Verhaltensketten aufgebaut wurden. Ich würde mit einer kürzeren Leine arbeiten und dem Hund an der Leine nicht so viel Freiraum gönnen. Vielleicht kann er das auch gar nicht mehr richtig unterscheiden, wo jetzt Freilauf ist und wo nicht.
Verhaltensketten - kann gut sein, wobei ich nicht wirklich weiß, wie die bei ihm so ablaufen. Da muss ich nochmal genauer aufpassen und vielleicht irgendwann einen Fachmann finden, der mir das direkt erklären kann.
Unterscheiden kann er das sehr sehr gut ob er an der Leine ist oder nicht. An der Leine läuft alles prima, er bleibt in meiner Nähe ohne dass er das Leinenende als Erinnerung braucht. Ohne Leine oder auch außerhalb meines Einwirkungsbereichs macht er das, was ihm direkt wichtig ist. Zuhause im Park werde ich es mal mit der kürzeren Leine versuchen.
Danke Euch allen für Eure Gedanken, Anregungen und Tipps - mal sehen, was sich für uns alles umsetzen lässt und welche Erfolge wir dabei haben.
Liebe Grüße
Conny