Beiträge von Zappa

    Hallo Hilde,


    das ist eine aufschlussreiche Geschichte. Ich bin zwar kein Hundeprofi, würde bei deinem Benji aber auch eher auf Trennungsangst tippen, wie du es schon vermutet hattest. Das Verhalten ist ähnlich wie bei kontrollierenden Hunden, hat aber einen anderen Hintergrund. Auch die Trainingsmethoden sind ähnlich, auch wenn sie natürlich was anderes auslösen.


    Deinem Benji solltest du in kleinen Schritten beibringen, dass die Welt nicht untergeht, wenn er mal ohne dich auskommen muss. Ich würde zB mal hinter dir die Tür zu machen und danach sofort wieder öffnen. Hundi soll lernen, dass du auf jeden Fall wieder auftauchst. Damit er gar nicht erst angst bekommt, reichen ein paar Sekunden. Dann muss er lernen, dass es nicht nötig ist, sich an dich zu klammern. Schick ihn ruhig mal auf seinen Platz und bestehe drauf, dass er dort bleibt (freundlich aber bestimmt, auch gern mit Leckerlie und positiver Bestärkung). Das alles nach und nach aufbauen und steigern.
    Vielleicht auch mal andere Familienmitglieder involvieren. zB den Hund von deinem Mann füttern lassen oder beim Gassi gehen die Leine an ihn weiter geben und selber nur Statist sein.


    Was die Pöbelei angeht wurde ich stutzig, als du schrobtest, dass er oft von anderen Hunden "bestiegen" und ruppig angemacht wird. Ich denke nicht, dass die das machen, weil er gut riecht. Ich denke, dass sie ein Mobbingopfer gefunden haben. Dein Hund hat nun gelernt, dass er nur heil aus der Situation kommt, wenn er zurück stänkert. Das könnte jetzt dazu geführt haben, dass er beim Anblick eines fremden Hundes schon mal pauschal anfängt zu zanken, um gar nicht erst wieder gemobbt zu werden. Quasi als Selbstschutz.


    Wie war das denn in der Welpenstunde? Waren die Hunde auf sich gestellt oder wurde aktiv eingegriffen, wenn mal was aus dem Ruder lief?
    (Ich hab schon von Welpenschulen gehört, bei denen die HH und die Trainer bei Zigarette und Kaffee daneben standen und Klönten, während die Welpen alles "unter sich" regelten. Bis zu einem gewissen Grad ok. Aber zumindest der Trainer sollte wissen, wann eingegriffen werden soll.)


    Es wäre vielleicht hilfreich, wenn du deinem Hund bei weiteren Hundebegegnungen Sicherheit gibst, um ihm den Zwang zu nehmen, sich selbst um den entgegenkommenden Hund kümmern zu müssen. Wenn der Andere angeleint ist, dann so an ihm vorbei gehen, dass du zwischen den beiden gehst. Vielleicht sogar einen Bogen laufen (ist auf einigen Wegen nicht immer möglich). Achte auf deinen Hund: wie ist die Fellstellung? Bürste am Hals bedeutet "dich mach ich fertig". Bürste am Hals und auf der Kruppe heisst "ich mach mal den dicken Max, hab aber eigentlich schiss".


    Wichtig ist meiner Meinung nach zügiges weitergehen. Nicht stehen bleiben und diskutieren. Weder mit deinem Hund noch mit dem anderen HH. Kein "Ruuuuuhig Benji" kein "AUSJETZTVERDAMMT" kein "tut mir leid, dass macht er erst seit kurzem und ich weiss auch nicht warum".... höchstens ein schnelles "Guten Tag" und weiter.
    Vermittele deinem Hund, dass du alles unter Kontrolle hast. Nicht, in dem du es ihm sagst, sondern durch deine Körpersprache. Sagen würde ich ansonsten gar nix. Wenn die Situation vorbei und Hundi ruhig ist, dann erst loben, Leckerlie geben und ganz normal weitergehen.


    Man könnte unheimlich viel dazu schreiben, weil es manchmal auf Kleinigkeiten ankommt. Von daher bleibe ich mal dabei, dass dir deine Trainerin live und vor Ort am besten helfen kann.


    Um die Sache abzuschliessen: Ich gehe davon aus, dass du deinem Hund "einfach nur" Sicherheit geben musst, damit er nicht glaubt, auf eigene Faust agieren zu müssen. Es gibt Hunde, die gerne das Ruder übernehmen wollen und die "Weltherrschaft" anstreben... andere fühlen sich auf den hinteren Rängen viel wohler und sind total beruhigt, wenn sie sich um nichts kümmern müssen, ausser Hund zu sein. Ich denke, dass dein Benji zu letzteren gehört und deine Kommunikation ihm (noch) nicht eindeutig vermittelt, dass er sich eigentlich entspannen kann.


    Vielleicht stellt sich auch heraus, dass ich komplett daneben liege und das Problem ein anderes ist. So oder so würde mich auf jeden Fall interessieren, was dir die Trainerin empfiehlt und wie es mit euch weiter geht :D

    Da diese Diskussion (wie so oft) wieder mal abschweift, erlaube ich mir mal ein kleines Zwischenfazit, damit die Nachwelt vielleicht doch noch was mit diesem Fred anfangen kann:


    Zur Erinnerung noch mal den wichtigen Teil des Ursprungspostings...

    Zitat

    Eine Freundin erzählte mir, sie hätte ein Hundeerziehungs-Buch gelesen, in dem es hieß, der Hund würde einen mehr "respektieren" und somit besser hören, wenn man ihn in manchen Situationen, besonders, wenn man nach Hause kommt, ganz konsequent erst ein Mal eine halbe Stunde ignoriert :???: Wohl, damit er sich nicht als Mittelpunkt dieser Situation sieht...


    Irre ich mich da so schrecklich oder klingt das für euch auch nach Schwachsinn?


    Kompletter Schwachsinn ist es nicht. Allerdings ist die Erklärung nicht ganz korrekt. Denn "Respekt" erlangt man sicherlich nicht durch das Ignorieren. Den muss man sich auf andere Art und Weise verdienen.


    Das "Ignorieren" eines vom Hund gezeigten Verhaltens kann allerdings durchaus als Trainings- und Erziehungsmethode sinn machen. Hintergrund ist es, dem Hund zu vermitteln, dass er sein Ziel - nämlich die Aufmerksamkeit des HH auf sich zu lenken - nur dann erreicht, wenn er sich ruhig verhält.


    Helfen kann es u.U. beim Begrüßungsritual, bei dem der Hund total abdreht und die heimkehrenden Menschen durch Anspringen oder Bedrängen begrüßt. Die Vorgehensweise ist quasi ein "nicht beachten" des unerwünschten Verhaltens. Sobald das gewünschte Verhalten gezeigt wird (zB: Hund hört auf hoch zu springen), erfolgt ein Lob und die verlangte Beachtung. Vorrangiges Lernziel ist, dass der Hund begreift, dass es für ihn lohnenswerter ist, sich ruhig zu verhalten. Des weiteren lernt der Hund, dass die Ankunft des HH etwas ganz normales ist, wegen dem er sich nicht stressen und aufregen muss.


    Die beschriebenen 30 Minuten sind allerdings völlig übertrieben. Bei den meisten Hunden geht es viel schneller, bis sie verstanden haben, um was es geht. Sollte der Hund sich tatsächlich 30 Minuten lang aufregen und am HH hochspringen, ist das Problem an anderer Stelle zu suchen und/oder eine andere Methode zu wählen.


    Auch ist das Ignorieren keine allgemeine Lösung für sämtliche Probleme und kann nicht pauschal angewandt werden. Letztendlich kommt es immer auf das Tier und die Situation an, welche Trainingsmethode sinnvoll ist. Jeder Hund ist anders und als HH sollte man sich darauf einstellen können.


    Statistisch betrachtet haben wir in diesem Fred eine Userin, die das Ignorieren nicht anwendet, sich aber vorstellen kann, dass es funktioniert. Eine andere meint, das ihre Hunden das nicht brauchen und stempelt es deshalb als kompletten Blödsinn ab. Die meisten anderen sehen es als eine Kommunikationsmöglichkeit und nutzen es auf den Hund und die Situation angepasst.


    Was man daraus schliessen kann bleibt jedem selbst überlassen ;-)


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    Denn mal ganz davon abgesehen, dass ich eigentlich gar nicht auf unser herzliches Begrüßungsritual (mein Hund wedelt dann immer so extrem, dass ich denke, er hebt gleich ab) verzichten will, habe ich auch nicht das Gefühl, er wolle sich in den Mittelpunkt drängen, sondern eher, dass er sich einfach freut, dass ich da bin - und das soll ich ihm austreiben?!


    Nein, sollst du nicht. Man muss nichts machen, nur weil es in irgendeinem Buch steht. Wenn du das Begrüßungsverhalten deines Hundes toll findest, dann lass alles so, wie es ist. Es geht generell immer nur darum, dass sich Hund und Halter verstehen.

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    Ich sitze vorm PC einer kommt mit Spielzeug, stubst mich an, ich laß mich darauf ein oder sage - jetzt nicht, später. Mein Hund trollt sich.


    Deine Hunde sind offenbar sehr an deine Sprache und Umgang gewöhnt, was super ist!
    Ich mach es bei meiner so ähnlich wie du. Wenn ich grad keine Zeit/Lust habe, dann sage ich ihr das bzw. streichel sie mal kurz über den Kopf und wende mich dann wieder dem PC zu. Kommt sie dann wieder an bzw. geht nicht weg und stupst, dann ignoriere ich ihre Anfrage, da ich ja schon deutlich gemacht habe, dass es grad ungünstig ist und ich keine Lust auf "Diskussionen" habe.


    Was tust du, wenn sich Hundi nicht trollt?
    (Keine Polemik oder Provokation. Ist eine ernst gemeinte Frage)

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    Wie ich schon schrieb, wer weiß, was sie alles schon durchgemacht hat.


    Manchmal ist das Problem, dass die Hunde eben genau NICHTS durchgemacht haben. Dadurch fehlt ihnen in gewissen Bereichen die Erfahrung, was sie stresst und/oder unsicher werden. Wenn ein Hund also ängstlich oder schüchtern ist, heisst es nicht gleich, dass er irgendwas schlimmes erlebt hat.


    Trotzdem hat es ja eine Vorgeschichte, weswegen die Tiere im TS landen. Und die ist meistens nicht positiv.

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    Aber wenn er dann erst schnell zu dem anderen Hund rennt und mir dannach hinterher , hat er doch nur gelernt "das geht schon schnell noch, ich hol s Frauchen dann schon ein", oder seh ich das falsch?


    Ziel der Übung soll sein, dass Hundi irgendwann lernt, immer darauf zu achten, wo du bist und sich daran orientiert. Selbst wenn er anfänglich noch mal schnuffeln geht, wird er lernen, dass er schon aufpassen muss, um den Anschluss an dich nicht zu verlieren. Aber bitte nicht vergessen: das Abrufen eines Hundes aus dem Spiel mit Artgenossen ist quasi die Königsdisziplin. Sei daher Geduldig und erwarte keine Wunder!


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    Soll ich ihn dann eigentlich nochmal rufen oder kommentarlos gehen?


    Der ideale Ablauf ist: 1x rufen, (wenn Hundi nicht kommt) umdrehen, weggehen und - das ist das Schwere - NICHT zu ihm zurück schauen. Wenn er dann angepest kommt, freudiges Theater und tolle Belohnung.


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    Und wenn ich mit Schleppleine trainieren würde : nur auf die Leine treten oder aktiv zurückholen?


    Das kann man leider nicht so pauschal sagen, da es auf die jeweilige Situation ankommt. Das SL-Training ist recht vielseitig und füllt ganze Bücher. Hier im DF findest du aber schon einiges wissenswertes über die Suchfunktion.

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    Es ist wirklich so wie bei deinem Beispiel beschrieben, er folgt mir bis vor die Klotür oder sogar ins Bad, wenn ich die Tür nicht schliesse. Ich habe das aber eher für Verlustangst gehalten, denn er war ja ein Straßenhund und ich dachte, dass er bei mir Sicherheit sucht.


    Das kann auch sein, kommt aber auf das gesamte Verhalten an. Wie verhält er sich denn, wenn er draussen frei läuft? Klammert er da auch?
    Für eine treffende Prognose müsste man den Hund "live" erleben, denn ähnliche Verhaltensweisen können im Kontext jeweils etwas anderes bedeuten.


    Von daher setze ich mal auf deine Trainerin, die hoffentlich feststellen kann, ob er kontrolliert, Sicherheit sucht oder nur eine Phase durchmacht, um Grenzen auszuloten. Immerhin sind 8 Monate "betreutes Wohnen" in Anbetracht seiner Vorgeschichte als "Selbsternährer" nicht viel.


    Apropos: wie alt ist dein Hund eigentlich?

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    Das Problem mit der Leinenführigkeit ließt man ja so oft.. Nur wie macht man das jetzt wirklich?


    Wenn man hier das Wort "Leinenführigkeit" schreibt, dann ist es automatisch mit einem Link hinterlegt. Folge diesem und du findest eine Trainingsmethode.

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    Die Frage haben wir doch hier schon ganz oft gehabt und erklärt und darüber diskutiert.
    Geh mal suchen, da wirst du bestimmt auch fündig.


    Hab ich schon. Ich finde zwar ganz viel Infos, wie man Hundetrainer wird, suche aber eher Erfahrungsberichte von denen, die es tatsächlich schon nebenberuflich machen. Vom Prinzip her ist es natürlich ähnlich wie bei einem "echten" Trainer. Aber der kleine Unterschied ist genau das, was mich interessiert.


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    wenn Du Freude daran hast, Wissen weiterzugeben und zu Helfen und keine finanziellen Interessen hast, dann such dir einen Hundesportverein und hilf dort mit. Kompetente Leute sind dort immer gesucht.


    Daran hatte ich auch schon gedacht. Dummerweise sind die Vereine hier in der Gegend nicht so mein Ding, was die Ausbildungsmethoden betrifft. Zumindest die, die ich bisher kennen gelernt habe. Aber trotzdem ein guter Ansatz, mal nach weiteren zu recherchieren.

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    Fange ich wohl erstmal bei Baustelle Nr. 1 an - Alleinbleiben üben!!! :gut:


    Das geht Hand in Hand. Wenn er dir nicht mehr am Rockzipfel hängt, fällt es ihm auch leichter, alleine zu bleiben. Und wenn er durch das alleine bleiben lernt, dass die Welt nicht untergeht, wenn er nicht an deiner Seite ist, dann muss er dir auch nicht ständig am Bein kleben :D


    Zumal die Übung dazu ganz einfach ist und quasi nur aus schlichtem Ignorieren des Hundes besteht und daraus, so oft die Räume zu wechseln, bis Hundi keine Lust mehr hat, zu folgen. Das kann man auch "nebenbei" machen ;-)