Meine zwei Jäger können unterschiedlicher nicht sein, aber wenn es ums Hetzen geht, schaffen sie es in einem Bruchteil einer Sekunde, sich solidarisch zu zeigen und gemeinsame Sache zu machen.
Mein BC-Mix "Bella", ist –klaro –überwiegend Sichtjäger. Aber in ihrem Leben vor meiner Zeit, hat sie tage- bis wochenlang im Bergischen Land gestreunt und Wild gehetzt. Im Umgang mit Schafen zeigt sie sich sehr Border-typisch und ohne jeglichen Ansatz, Tiere zu verletzten. Daher gehe ich davon aus, dass sie auch Wild nicht töten würde. Leider hat sie in ihrer Streuner-Zeit auch gelernt, ihre Nase einzusetzen. Insofern kann ich mich bei ihr auch nicht darauf verlassen, dass sie Wild erst sehen muss, um abzudampfen.
Meine andere Mix-Hündin "Jule": (Laufhund-Podenco-Sh-Mix???) hat ein wirklich ausgeprägtes Appetenzverhalten. Sie ist Sicht- und Stöberjäger und ihr Beutespektrum lässt kaum was aus. Sie fordert von mir absolute Aufmerksamkeit, absolute Konsequenz und viel, viel Geduld und guten Willen.
Da mir leider in ihrer frühen Jugend zu viele Fehler teils (aus Unwissenheit, teils blöde Zufälle) unterlaufen sind, habe ich nun eine ausgesprochen ambitionierte Jägerin, die je nach Gebiet, Wetterlage und Tageszeit kaum von ihrer jagdlichen Passion auf etwas anderes umzulenken ist.
Hinzu kommt, dass sie sich in abnehmenden Maße autark und wenig kooperativ zeigt. (könnte jetzt nahtlos auf thread "Diese Rasse läßt sich nicht erziehen" wechseln, weil dieser Hund hats wirklich so faustdick hinter den Ohren, dass ich manchmal zwar mit Achtung vor ihr aber dennoch recht resigniert bin)
Meine Ausflüge mit meinen Hunden mache ich in der Regel alleine, da ich sie natürlich auch ohne Schlepp laufen lasse, mich dann aber völlig auf beide konzentrieren muss.
Ich finde es nach wie vor faszinierend mit welcher Treffsicherheit, sie Wild wahrnehmen und alles andere um sich herum ausschalten. Die Konzentration auf eine Sache ohne Wenn und Aber verdient meine volle Bewunderung. Ich gehe dadurch sicherlich mit sehr wachen Augen durch die Welt. Eine Zeit lang habe ich sie mit auf große Hundewanderungen als Frühwarnsystem für die anderen mitgenommen. Hatte Jule mal wieder "die Nase voll", konnte ich anderen Mitwanderern raten, ihr Dogs vielleicht mal an die Leine zu nehmen.
Jeder Ausflug fordert 100% Konzentration und ist immer Training.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich manchmal schon recht neidisch auf easy-going-Hunde bin, weil ich diese tägliche Konzentration auch sehr anstrengend empfinde. Ich erlebe es also nicht nur als Bereicherung oder Herausforderung, so wie es andere hier schon beschrieben habe. Im Gegenteil, manchmal bin ich wirklich genervt und frustriert.
Jule beschäftige ich mit Nasenarbeit aller Art, meistens Marke Eigenbau.
Bella kann 2-4 Mal in der Woche an Schafen arbeiten.
Beide dürfen mittlerweile nach Mäusen buddeln, wenn gewünscht auch verzehren. Heuschrecken werden durch Jules Mäuselsprungmanier zu Hochsprungweltmeistern.
Ich befürchte, dass ich Jule nie beim "Anblick" von Wild stoppen kann.
Beim Aufnehmen einer Fährte kann ich ihr Interesse mittlerweile umlenken.
Bella lässt sich je nach "Auslastung" und Tagesform beim Anblick von Wild ins Platz legen. Aber ich muss übermenschlich schnell sein und meine eingeübte Tonlage treffen. Ein versehentlich-reflxhaftes hartes „NO!“ animiert noch mehr zum abdampfen. (Wobei Abdampfen bei ihr auch eine Leerlaufhandlung sein kann?!)
Die Erfahrung mit Jule hat mir gezeigt, dass man einen Hund mit jagdlichen Ambitionen gerade in der Zeit des Erwachsen-Werdens nie selbständige Jagdausflüge gestatten darf.
Sie hat damals gelernt, dass das wichtigste und mit höchst möglicher Selbstbelohnung versehende "Jagen" wunderbar ohne Frauchen geht.
Dem lässt sich dann bei iher Disposition nur schwer etwas entgegensetzen. Sollte ich jemals einen ebensolchen jagdtriebigen Hund mein eigen nennen, so würde ich ganz sicherlich SL und sinnvolle Alternativ-Auslastung als obligatorisch für eine lange Zeit ansehen.
So am Rande:
Meine Hunde haben einen guten Gehorsam, sie orientieren sich an mir und wir haben eine sehr gute Bindung.
Aber ich werde angemacht,
- weil mein Hund immer noch an der SL läuft.
- weil mein Hund so konsequente geführt wird. (Kadaver-Gehorsam)
- wenn jemand hört, dass mein Hund sich seine SUPERLECKERLIES erarbeiten muss. (Grausam)
Solange bis sie dann doch mal wieder eine Hetzjagd ablegt -
dann werde ich angemacht:
- die hört ja gar nicht
- die hat aber noch keine gute Bindung, sonst wird sie ja nicht weglaufen
- na selber Schuld, hat wohl zuwenig Auslastung
-die hört nicht, die ist schlecht erzogen, der Hund gehört doch für immer an die Leine, die armen Kaninchen...
…und dies meistens von Menschen, die ihren Hund noch nicht mal von einem gut riechenden Halm abrufen können, weil sie es vermeintlich nie müssen!
@ Ronjaxx
So wirklich verstehe ich den Satz nicht:
Zitat
Ich glaube das die meisten Hunde schon lange keine hochspezialisierten Raubtiere mehr sind. Es lebe der Wohlstand.
Der Wohlstand beinhaltet, dass wir lediglich nicht mehr sehen (müssen), wie getötet wird.
Ansonsten bietet der Wohlstand des Menschen:
Massentierhaltung
katastrophale Tiertransporte
Tierschutzrelevante Schlachtbedingungen
Usw.
All das empfinde ich ganz salopp formuliert erschreckender, als dass ein Hund einen Hasen hetzt.
Der Wohlstand verhindert zudem nicht automatisch, dass Caniden ihre Ursprünglichkeit sozusagen vergessen.
Wem auch immer sei Dank!
Ich muss bei Wohlstand eher daran denken, dass er Rassestandards hervorbringt, die sich lediglich auf Äußerlichkeiten beziehen und hündische Kreaturen erschaffen, die nicht in der Lage sind, sich selbst fortzupflanzen ( Engl. Bulldoggen), die kaum Atmen können (Möpse), die ihrer Kommunikationsvielfalt beraubt werden, weil ihre Haarpracht, Augen verdecken und den gesamten Hund als Wischmopp deklassieren (TT), deren Beine den Rest Körper eigentlich nicht mehr bewältigen können (Basset) aber gerade deshalb auf Ausstellungen „SIEGER“ sind und sich Menschen daran tatsächlich erfreuen. Welch Wohlstand!
Wohlstand hat bisher noch nie wirklich aus sich selbst heraus Gutes geleistet!
Nachdenklich, wie so oft
Marita