Beiträge von anymouse

    Was ich in der Berichterstattung irritierend finde ist, dass der Hund vorher scheinbar völlig unauffällig, nach den Vorfall aber extrem aggressiv und nicht resozialisierbar.


    Woher kommt das?

    Liegt es an mir, dass ich denke, für so ein Verhalten muss es einen Auslöser (oder eine langsame Entwicklung) geben und das kann nicht einfach so aus dem blauen raus passieren?

    Der Auslöser könnte einfach die Herausnahme aus seiner vertrauten Umgebung in eine sehr unfreundliche sein.

    Zumindest bei den ersten beiden Punkten, wo jemand in dein Grund und Boden eindringt, wärst du sicherlich nicht wegen Fahrlässigkeit dran

    Doch, wenn es nach "Es ist etwas passiert, DESWEGEN war das Handeln fahrlässig." geht, eben schon! Denn auch in diesen Situationen hatte ich keine "ausreichende Kontrolle über den Hund". Ich hätte ja auch den Hunden einen Maulkorb aufsetzen können, wenn sie auf dem eingezäunten Grundstück frei laufen. Das ist eben die Bedeutung der von *Sascha* genannten Aussage!


    Glücklicherweise war es so nicht, und wird hoffentlich auch nicht so, sondern: Es wird geprüft, welche Sicherungsmaßnahmen waren vorhanden, welche wären aufgrund einer kompetenten Person notwendig gewesen, und aus dieser Beziehung ergibt sich eine Fahrlässigkeit oder auch nicht.

    Welche realistischen Situationen bleiben da noch übrig?

    Mindestens die, wo sich andere Personen unverantwortlich verhalten.

    • Person überklettert oder den Zaun des Anwesens, um den Hund zu streicheln.
    • Kind wird von Elternteil über den Zaun gehoben um den Hund zu streicheln.
    • Personengruppe stürmt auf den Hund zu

    Das ist halt das Problem bei "Fährlässigkeit und Strafbarkeit, WEIL etwas passiert ist." (unabhängig von einer Berücksichtigung des Verhalten des Hundehalters).


    Und das ist halt der feine und riesige Unterschied zu "Verhalten war fahrlässig, weil ein sorgfältiger Halter das nicht gemacht hätte, UND DESWEGEN ist etwas passiert."


    Wenn ein Kind über den Hundeplatz während einer Übung läuft, und der Hund verletzt es, ist bei 1) der Halter strafbar wegen Fahrlässigkeit, der Hund hätte während der Agility-Übung einen Maulkorb tragen oder Barrieren hätten ein Betreten der Fläche durch das Kind verhindern müssen. Bei 2) würde man sagen, dass diese Situation vom Halter nicht voraussehbar war und ihn deswegen hinsichtlich des Strafrechts keine Schuld trägt, und vielleicht gab es jemand anderen, der eine Schuld trägt.


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    Und vielleicht zur Verdeutlichung: Es geht mir nicht um das Strafmaß (auch wenn ich den Abstand 15 Mon zum anderen oben genannten Fall mit 18 Mon nicht für sehr groß halte).

    Ich erwarte aber eine gute Begründung, warum das Verhalten der Halterin nicht nur fahrlässig, sondern GROB fahrlässig war.

    Diese Begründung erachte ich nicht für besonders schwer, aber trotzdem für notwendig. Und diese Begründung muss mehr sein als "Es ist etwas sehr schreckliches passiert."

    Hier habe ich noch etwas gefunden:, allerdings aus Deutschland und Zivilrecht, also auch eher falsch:

    Die erforderliche Sorgfalt entspricht nicht notwendigerweise der üblichen Sorgfalt (vgl. dazu u.a. BGHZ 8, 141; BGH NJW 65, 1075). Eine Nachlässigkeit ist jedoch bereits ausreichend für die Verneinung der erforderlichen Sorgfalt (so BGHZ 5, 319), ebenso wie das Bestehen eines „verbreiteten Brauchs“ (vgl. BGHZ 23, 290). Eine erforderliche Sorgfalt ist jedenfalls immer dann gegeben, wenn man sich so verhalten hat, wie es von kompetenten Fachleuten empfohlen wurde (vgl. BGH NJW 71, 1882).

    Ich kann beide Seiten und ihre Irrtümer verstehen.


    Ich finde es richtig, wenn ein Mensch dafür strafrechtlich belangt wird, wenn er sich grob fahrlässig verhält und das dann gravierende Folgen hat.

    Was *Sascha* meint, ist die Formulierung "Sie hat grob fahrlässig gehandelt, weil sie ihre Hunde nicht unter Kontrolle hatte."


    Allein aus dem Kontrollverlust die grobe Fahrlässigkeit abzuleiten, ist bedenklich: das bedeutet nämlich, dass jedwede Sicherung als strafrechtlich(!) unzureichend gilt, falls etwas passiert. Also alles was weniger als 100%ige Sicherheit bietet, ist grob fahrlässig: Wenn durch einen Unfall ein Fahrzeug den 3m hohen Stahlmattenzaun des Vorgartens durchbricht und beschädigt, und so der Hund ausbricht und einen Menschen anfällt: Grobe Fahrlässigkeit, der Zaun war nicht stark genug.


    Das meint Sascha mit

    Wenn ein Gericht nun zu dem Schluss kommt, dass allein die Feststellung, dass der Halter zum Tatzeitpunkt nicht über eine ausreichende Kontrolle verfügte, ausreicht, um eine Schuld des Halters zu beweisen, dann schrumpft dieser Bereich zwischen Kontrolle und Tiergefahr quasi auf Null, denn jede Verwirklichung einer Tiergefahr hätte durch andere Mittel im Vorwege verhindert werden können.

    Daher der andere Ansatz: Es gibt eine gewisse Anforderung an die Höhe der Sorgfaltspflicht, und wenn dann doch trotzdem noch etwas passiert, hat der Halter strafrechtlich nichts zu befürchten (die zivilrechtliche Tiergefahr würde durch die Haftpflicht geregelt). Und diese Höhe muss eine sorgfältige Person erkennen können.


    Ganz so drastisch war es hier nicht.


    Die grobe Fahrlässigkeit war, als bislang unauffällige Person, mit drei schweren, bislang unauffälligen bis leicht positiv auffälligen (Zuchtuntersuchung, Ausstellungen), aber offensichtlich ungenügend gehorsamen Hunden gleichzeitig Gassi gegangen zu sein. Zumindest ist das der Stand der aktuellen Zeitungsmeldung. Demnach war die Rasse oder etwaige unzuverlässige Maulkörbe irelevant.

    Mal schauen, ob in der schriftlichen Urteilsbegründung auf die Rasse und ihre (welche?) Eigenschaften, individuelle Eigenschaften der drei konkreten Hunde oder der Halterin, oder ungenügende Ausrüstung etc. hingeweisen wird.

    Meine Laien-Meinung dazu (und zwar in Unkenntnis der Urteilsbegründung, also erstmal als falsch anzusehen, und danach aus Deutschland mit wahrscheinlich anderem Verständnis):

    Es obliegt daher dem Gericht festzustellen, welche Sicherungsmaßnahmen im Vorwege angemessen und im Verkehr erforderlich gewesen wären.

    Bis einschließlich diese Satzes teile ich die Argumentation.


    Beim nächsten nicht mehr:

    In diesem Fall kommt das Gericht zu dem Schluss, dass allein die Tatsache, dass die Hundehalterin drei Hunde mit einem Gesamtgewicht von 72kg gleichzeitig ausführte, eine GROBE Fahrlässigkeit begründete.

    Da war noch nämlich noch mehr:

    • Die Hunde waren in offensichtlich unzureichendem Gehorsam.
    • Als Züchterin darf man ihr Kenntnis über das Zugvermögen und prinzipielles Verhalten der genannten Hunde unterstellen.
    • Ansonsten war es keine besondere Situation (also kein auf die Hunde zustürmender Clown, s.o.).


    Mir fallen drei Möglichkeiten einer besseren Sicherung ein, wo jede einzelne denen der Vorfall verhindert oder deutlich entschärft hätte:


    a) Besserer Gehorsam -- Die drei Hunde stürmten auf die Joggerin zu, die Halterin hatte Gelegenheit, sie zurückzurufen (wenn ich das so recht verstanden habe), der Rückruf war aber nicht erfolgreich.


    b) Nur ein Hund -- den hätte die Halterin vermutlich einfacher über Körperkraft halten können, und zusätzlich entfällt das Problem der Gruppendynamik.


    c) Jeder der Hunde trägt eine wirkungsvollen Maulkorb. Wäre dann immer noch sehr ungemütlich für die Joggerin gewesen, aber vermutlich eben nicht tödlich.


    Auch unter diesen Umständen hätte es Möglichkeiten der Verwirklichung der Tiergefahr gegeben, die vermutlich nicht als "Fahrlässig" gewertet wäre

    • Nur einer der Hunde, aber die Leine reißt (etwa aufgrund eines Fabrikationsfehler)
    • Alle Hunde + Maulkörbe, aber diese zerbrechen (etwa aufgrund eines Materialfehlers).
    • Alle Hunde + Maulkörbe, die Frau stürzt und bricht sich den durch Osteoporose brüchigen Hauswirbel.


    Zum anderen kann ich ohne Urteilsbegründung nicht genau erkennen, warum dies nicht als

    Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

    sondern als

    Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

    gewertet wurde. Ich stelle mir vor, dies liegt sowohl an der Rasse (die zusammen mit anderen auffälliger ist als etwa Berner Sennenhunde), als auch daran, dass der Halterin als Züchterin ein höherer Kenntnismaßstab zu legen ist.

    ups, ja ist drauf .... auch wenn die Lösung aus einem klein wenig anderen Blickwinkel ist.


    Das Auge sieht man, auch wenn da ein Zweig quer drüber läuft. Fast ganz oben, ziemlich mittig.

    Im Nachhinein erinnere ich mich, dass da Warnsignale waren.

    Um mal das implizite explizit auszusprechen:

    "Im Nachhinein erinnere ich mich, dass da Warnsignale waren, die es bei anderen Exeplaren dieser Rasse nicht gibt."


    Bevor wieder etwas Überraschendes passiert, verlässt keiner von denen mehr ohne Maulkorb das Haus.

    Bist Du sicher, dass sie das nicht gesagt hat?