Beiträge von terriers4me

    Ich hatte als ersten Hund gleich ein Hundertprozenttier. Nicht, weil ich, wie ich in meiner Teenieeitelkeit dachte, eine begnadete Erzieherin war, sondern weil diese Hündin als Professor McGonagall auf Pfoten geboren war. So lief sie überall, vom abgelegenen Dorf bis in die Großstadt, vom Bauernhof bis in die Uni und später ins Büro, immer frei mit mir, war jederzeit auf Empfang, und es klappte immer alles perfekt.


    Bis - ja, bis sie mir mit 11 Jahren plötzlich quer über die Ausfallstraße schoß, weil sie auf der anderen Seite ein Eichhörnchen gesehen hatte - der eine Trigger, dem selbst diese Superhündin nicht wiederstehen konnte.


    Die Minuten, bis ich sie heil zurückhatte, gehören zu den längsten und qualvollsten meines Hundehalterlebens. Seitdem weiß ich, dass es 100 % eben doch niemals gibt, strebe nicht mehr danach und leine lieber im kleinsten Zweifelsfall an.

    Was das Risiko angeht: Das ist ja eigentlich nie wieder so gering wie bei einem jungen Welpen, der noch Folgetrieb hat. Wenn man da schon täglich und als Riesenpaß "komm auf Signal so schnell wie möglich zu mir, setz dich auf den kleinen Hintern und kassier ab!" übt, hat man schon beste Grundlagen gelegt, wenn der Hund selbständiger wird. So einfach kriegt man es im Hundeleben doch nie wieder.


    Und, glaube ich, auch nie wieder mit so viel Spaß verbunden. Ich habe mit meinen Zwergen, besonders mit dem letzten, in den ersten Wochen nichts weiter geübt als freilaufend das tolle Komm-Spiel aus allen Lebenslagen. Schon deshalb, weil es einfach sooo niedlich war, den Zwerg auf einen Pfiff regelrecht abheben und über das ganze kleine Gesicht strahlend anfliegen zu sehen. Manchmal hat sie vor lauter Eifer schon im letzten Galoppsprung das Fahrgestell gefaltet und kam dann quasi sitzend auf mich zugeflogen. Ich gäbe sonstwas um ein Video von damals!


    Meine Welpen durften alle von Anfang an frei laufen, ABER nur in ungefährlichem Gelände ,das es hier zum Glück rundum gibt. Wo es auch nur ansazuweise gefährlich werdne kann, kam/kommt die Leine dran. Aber für meine Hündin gehört es selbst jetzt, im Greisenalter, noch zum Schönsten, einmal am Tag die schnellen Pfoten so richtig auszufahren.

    bisschen ot, aber: So unterschied meine erste Hündin auch. Die konnte zwar genausogut alleinblieben, wie sie von sich aus alles konnte, aber damals konnte ich es nicht und nahm sie quasi überallhin mit.


    Jule beobachtete genau und reagierte adäquat: Zog ich die Waldklamotten an, kam so ein gedämpftes "naja, wenn's sein muß", war es die Reithose, was schlimmstenfalls Mitlaufen am Pony bedeutete, versuchte sie, sich dezent zur Seite zu drücken, um zuhausebleiben zu dürfen.


    Waren es aber die Stadtklamotten und die Aktentasche für die Uni/das Büro, tanzte sie regelrecht vor Freude und schleppte sofort ihre Leine an - sie liebte nichts mehr, als mit mir mit der Bahn nach Hamburg reinzufahren, überall nette Leute kennenzulernen, Bewunderung abzustauben und vieleicht sogar noch auf eine Eiswaffel im Cafe zu sitzen. Die war eher bewegungsfaul, dafür aber eine absolute Großstädterin - und ich habe immer wieder gestaunt, wie sie schon bei meinem ersten Griff in den Kleiderschrank, wußte, was anlag.


    Was ma lwieder zeigt, wie genial sich Hunde in den Alltag einpassen können, auch ohne, dass man das ausdrücklich übt - einfach durchs Mitleben.

    Ich habe wirklich in mehrerne Jahrzehnten Hundehaltung die eine Erfahrung gemacht: je selbstverständlicher der Welpe einfach in den Alltag integriert wird, desto selbstverständlicher wird auch alles, was man von ihm möchte. Und dem Kerlchem mal entgegenzukommen, bringt auch oft eine ganze Menge.


    Bein letzten Jungterrier bin zum Beispiel soweit gegangen, die kleine Erbse ihre Plätze im Haus selbst wählen zu lassen, weil sie sich schon nach ein paar Tagen gegen das tolle Hundebett im Wohnzimmer, dafür aber eisern für den Platz unter der Garderobe entschieden hatte, auf den ich so nicht gekommen wäre. Sie schon: von da aus kann man nämlich als kleiner Hund das ganze Haus prima kontrollieren. Also Schuhe weg und Körbchen hin:



    Was dann dazu führte, dass die Kleine, nachdem sie durch Mitdackeln über die erste Zeit die Alltagsroutine kannte, von sich aus den Entschluß fasste, nicht mehr ständig sinnlos durch die Gegend zu laufen, sondern es sich an ihrem Platz im inzwischen größeren Korb gemütlich zu machen, und erst aufzustehen, wenn was Lohnendes anstand:




    Und genau da bleib sie dann auch anstandlos alleine, bis sie so mit einem Jahr entschied, dass ihr die Ecke zu eng wurde und das Hundebett im Wohnzimmer doch eigentlich ganz ok war. Alles komplett ohne Drama, "Boxenruhe" oder verordnetes Stilliegen für einen quirligen Hundezwerg. Was uns beiden garantiert eine Menge Kraft und Nerven gespart hat!

    Zitat

    Ich lese immer wieder, dass das Alleinsein-Training erst dann begonnen werden kann, wenn gar nicht mehr hinterhergedackelt oder gequengelt wird, sobald sich z.B. die Badezimmertür schließt.

    Und genau das halte ich für absoluten Schwachsinn. Ich habe keinem meiner acht Welpen je das "Hinterherdackeln", sprich das für ein Tier, das sich in diesem Alter entwickeln und lernen möchte so wichtige Dabeisein, verboten, sondern sie einfach in den Alltag eingebunden, inklusive der Erfahrung, dass zwischen uns auch mal eine Tür zugeht. Dass Quengeln dann nicht so der Hit ist, ließ sich gut verbal vermitteln und das brave Alleinsein. mit einem Ablenkungskaukram belohnen. Alle konnten problemlos alleinbleiben. So, wie sie es eigentlich ja schon gelernt hatten: keine Hündin helikoptert ständig um ältere Welpen.


    Ich will jetzt wirklich in keiner Weise unfreundlich oder klugscheißend rüberkommen, aber für mich liest sich sowas oft, als würde man durch den ganzen pädagogischen Extraaufwand (darf nicht mitlaufen, soll ständig still im Körbchen liegen....) das Problem erst schaffen, das man eigentlich vermeiden möchte.

    Ich gebe mal eins zu bedenken: Ist er im Geschäft, kann sich der Hund zurückziehen, bis der Arzt kommt, er kann in eine Box als "Ruheplatz" gesteckt werden - die Geräusche, die ihn ursprünglich wohl getriggert haben, hört er trotzdem überall. Und könnte schnell noch mehr Panik bekommen, wenn er jetzt auch noch seinen Menschen nicht erreichen kann.


    Meine Terrierhündin bekam um die Mitte ihres Lebens übrigens ähnliche, wenn auch schwächere Angstsymptome, völlig aus heiterem Himmel. Bei ihr war der Auslöser am Ende eine schwere Schilddrüsenunterfunktion, nach dem Einstellen war sie wieder die Alte. Fast: Einige Geräusche von der nahen Hauptstraße lösten weiter Streß aus. Den sind wir erst los, seit sie schwerhörig ist, seitdem ist sie total entspannt. Hätte ich sie in diesen Streßphasen zusätzlich auch noch eingesperrt, wäre sie schlicht und ergreifend durchgedreht - der Trigger war ja weiter da, aber sie konnte weder Schutz suchen noch die Anspannung sonstwie loswerden.


    Langer Rede kurzer Sinn: Bevor ich nicht ganz genau weiß, was exakt dem Hund an diesem Ort Angst macht, wäre ich mit Lösungen wie Ein- und Aussperren sehr vorsichtig. Kann echt nach hinten losgehen.