Als überzeugter "Großhund-Halter" durfte ich mich vor einigen Jahren in Sachen Vorurteile gegen Kleinsthunde (ja, ich hatte ähnliche Vorurteile wie einige hier) eines Bessern belehren lassen. Von einem Yorkie-Mix, den ich erst lange Zeit als Patienten, dann als "Gassi-Hund" und schlussendlich als Familienzuwachs kennen lernen durfte.
Yorkie ist ein kleiner Hund, ja, aber er ist in erster Linie eines: ein Hund. Mit ganz normalen, hündischen Bedürfnissen: nach Körperlicher und geistiger Auslastung, nach Sozial-Kontakten, nach menschlicher Zuwendung.
Yorkie (er hiess schon so ) ist der beste Mäuse- und auch Rattenjäger, den wir hier haben. Er stellt sich vor unsere läufige Doggendame, wenn der HSH von weiter oben vor unserer Tür rumlungert und verjagt diesen völlig selbstverständlich. Für andere Hunde - egal wie groß - ist er ebenfalls einfach ein Hund. Solange er sich wie ein Hund benimmt und nicht wie eine Handtasche, die auch mal ein paar Meter laufen kann, akzeptieren ihn andere Hunde auch ganz schlicht und ergreifend als Hund.
Hunde selbst scheinen da weniger "Vorurteile" zu haben. Benimmt sich wie ein Hund, riecht wie ein Hund, sieht aus wie ein Hund - wird wohl einer sein...
Die einzige Voraussetzung, die ein Kleinsthund braucht, um einfach ein Hund sein zu können, ist die, dass man ihn auch Hund sein LÄßT.
Was ich nicht machen kann - ist ihn unbedarft mit fremden größeren Hunden spielen zu lassen. Nicht wegen Yorkie himself, sondern weil kleinhund-unerfahrene Großhunde fürs Spielen erst einmal die "Dosierungen" lernen müssen.
Was für mich eine extreme Umstellung war, ist dass so kleine Hunde mir bei der Ausbildung oft sehr unhandlich vorkommen - einem Großen ist beim Leine-Gehen-Üben schnell mal eine Belohnung in die Schnüß geschoben, beim Kleinsthund muss man sich unbequem bücken oder gut im Ziel-Werfen sein. Ich seh ihn auch oft nicht, wenn er im toten Winkel hinter-neben mir läuft. Und wie oft ich einen Hund gerufen habe, der doch direkt neben meinem Stiefelabsatz sitzt, weiss ich nicht - tausende von Malen....ich SEH ihn da einfach nicht...
Auch das "terrier-typische" Wesen war für mich zunächst gewöhnungsbedürftig. WENN mein Yorkie mal in ein hündisches Scharmützel gerät, würde er das bei Bedarf bis zu schwersten Verletzungen durchziehen, denn eines tut er nicht: er gibt niemals-nicht auf.
Deshalb brauchen Begegnungen mit Fremdhunden mehr Management, als bei meinen Großen. Ich muss etwas vorausschauender sein und einschätzen können, ob mittlere und größere Hunde kleinsthund-erfahren sind oder nicht.
Yorkie ist nicht nur klein - er ist auch nach einem Verkehrsunfall behindert. Seine Rute fällt als Kommunikationsmöglichkeit aus und ein Pfotentatscher aufs Becken würde stundenlange chirurgische Meisterleistung zerstören. Dennoch ist der Kerle nicht "überbehütet" - das würde er sich auch verbitten, wenn er denn könnte.
Angenehm an den Kurzen finde ich, dass man sie nach einer Vollnarkose einfach ins Auto tragen kann, ohne ein Bergetuch und "vier Mann vier Ecken"...
Grauenhaft dagegen finde ich die Mini-Mengen beim Barfen. Und 1/4 Wurmkurtabletten - das ist so ein Fummelkram, den ich persönlich nicht mag. Auch Krallenschneiden ist mir ein Greuel. Die Fellpflege ist reine Schikane für mich - deshalb gibt es den Sommer über immer den praktischen Kurzhaarschnitt, sonst würde ich nämlich mächtig Lebenszeit damit verschwenden, kleine Zweige, Dreckklumpen und Tannennadeln aus dem Fell zu befreien.
Aber als Hund - da ist der Kurze unnachahmlich großartig.
LG, Chris