Hallo Dahlia,
du hast Lust auf Geschichten und willst mehr davon? Dann schreib ich dir auch mal und versorg dich mit Text Text Text. Bin nämlich so ganz nebenbei die Freundin von Schnappi und somit ebenfalls "Opfer" von Nimueh Ich finde, dass Wort passt gerade ganz gut, nämlich auf zwei Arten:
1.) Als "Opfer" der Realität
Trotz zahlreicher Informationen und verschiedene Saarloos samt deren Besitzer und deren Erfahrungen kennen gelernt zu haben, schlug "Nimueh Live" dann erstmal ein wie eine Bombe!! Am ersten Tag war sie wohl noch etwas erschöpft von der Fahrt hierher und dementsprechend unauffällig. Nachdem sie dann aber mal richtig ausgeschlafen hatte, ging`s los:
Die 8 Wochen alte Nimueh mit zuckersüßem Welpengesicht, legte eine Energie an den Tag, als hätte man ihr fünf Dosen RedBull verabreicht und dazu noch das Gehirn wegoperiert. Sie dotzte und sprang wie eine Gestochene durch die Wohnung, wollte einfach nicht zur Ruhe kommen und alles und jeden mit in ihren Wahnsinn ziehen. Wenn wir ihr sanft, aber bestimmt, helfen wollten runter zu kommen, wurde sie zum schmerzhaft tackernden Monster!! Natürlich blieben wir trotzdem am Ball, nur wurde dadurch das Thema "Zur Ruhe kommen" erstmal zum Thema "Beissen ist tabu". Übrigens: Kein anderer Trick, keine sonst "normale" andere Methode, als die, sie festzuhalten, bis sie zur Ruhe kommt, funktionierte bei ihr - keine Ablenkung, kein Ignorieren, kein gar nix. Naja gut, eine Box hätte vielleicht geholfen, aber wir wollten ohne Box (obwohl ich die Box DA dann doch oftmals herbei sehnte - oder eine Rakete, um sie auf den Mond zu schießen)...
Es dauerte WOCHEN, bis das mit dem Beissen so im Gesamtpaket über Bindung, Vertrauen, Souveränität, absoluter Konsequenz sowie absoluter Überstrapazierung unserer Nerven endlich besser wurde. Um dann, nach einer Woche friedlicherem und ruhigerem Zusammenwohnen gerade wieder von vorne anfangen zu müssen. Naja, nicht ganz von vorne, zumindest wusste sie dann ja schon, was wir von ihr wollen bzw. nicht wollen (Beissen) - und WIR wussten, dass SIE das weiß. Aber das soll ja angeblich eine sehr Saarloos-typische Sache sein: Nämlich immer wieder auf`s Neue bereits Erlerntes in Frage zu stellen. Ein Kampf!! Auch jetzt, mit dem Zahnwechsel geht das Beissen wieder los...
Wer jetzt denkt, das kann alles nicht sein (und das war nur ein Mini-Ausschnitt des insgesamten Terror-Spektrums, über das unsere SEHR selbstbewusste Nimueh verfügt) oder denkt, das wäre bestimmt besser gelaufen, wenn man kein Hundeanfänger ist, wie wir: Kann sein - Aber was, wenn nicht? Dazu noch ein paar Geschichten:
In einer unseres Erachtens guten Hundeschule geht Nimueh zur Welpenstunde. In der ersten Stunde mobbte sie sämtliche anderen Welpen (nein, sie spielte wirklich nicht nur, es war null ausgeglichen und definitiv Mobbing) und die Hundetrainer waren fast nur damit beschäftigt, sie von anderen Welpen runterzupflücken, die sich leider nicht selbst zu wehren wussten (bis auf einen einzigen, konnte sich keiner selbst wehren).
Fazit nach der zweiten Stunde: Unsere Nimueh wurde in eine ältere Hundegruppe versetzt. Dort klappte es etwas besser und die Spiele wurden normale Spiele (zumindest mit einigen Welpen;) Bis dann auch dort klar wurde, dass Nimueh auch schon sehr gut mit NOCH Älteren könnte (die mittlerweile 4 Monate alte Nimueh nun also mit 6-8 Monate alten Junghunden). Dort traf sie dann endlich auf einen ganz tollen Pudel, der ihr deutlich sagte: "EY! MIT MIR NICHT!". Dieser Pudel sprach mir aus dem Herzen, denn genau das selbe versuchten wir Nimueh parallel zuhause ja auch klarzumachen.
Die Geschichten aus der Hundeschule sollten nur mal veranschaulichen, dass es nicht allein daran liegt, dass wir Hundeanfänger sind. Nimueh ist einfach sehr selbstsicher, sehr selbstbewusst und weiß genau um ihre Stärken und ihre Möglichkeiten sich zu wehren - egal ob bei uns, anderen Hunden oder professionellen und erfahrenen Hundetrainern (die Nimueh toll finden, aber nicht selten staunten, was bei ihr alles nicht funktioniert).
Ich schreibe übrigens lieber einmal lang, als mehrmals kurz, falls es noch keiner gemerkt hat;) Man kann sich das Lesen ja einteilen. Weiter geht`s:
Sicherlich ist Hundeerfahrung sehr sehr wertvoll bei dieser Rasse. Ich wollte abgesehen davon nur mal ein Live-Beispiel dafür bringen, dass es nicht allein die Rasse an sich ist, die ihre nicht zu unterschätzenden Anforderungen mit sich bringt. Der individuelle Charakter und das individuelle Temperament können dem wie gezeigt, auch noch ein ultimatives Krönchen aufsetzen. Nicht nur wir und die Hundetrainer waren erstaunt, sondern sogar sehr sehr erfahrene Züchter mit mehreren Saarloos, die wir noch kennen, staunten nicht schlecht über Nimuehs Toughheit. Ein Baby im Wolfspelz sozusagen Im nachhinein kann auch ich darüber lachen, aber echt nur im nachhinein...
Was das außerdem bedeutete: Ihr süüüüßes Gesicht, die kleine Statur, all diese putzigen Merkmale eines Baby-Welpen, als sie noch ganz klein war... Jaja, ich hätte sie sooooooo gerne mal gegutscht, gestreichelt, mit ihr gespielt, sie gekrault und was weiß ich nicht noch alles: Konnten wir vergessen!!! Nur kurz nachdem sie aufwachte, kam ich für einen Mini-Moment in den Genuss dieser Freude mit einem Hund - sie räkelte sich auch, streckte sich und ließ sich genüßlich den Bauch streicheln - aber sobald sie dann etwas wacher war, dachte sie wohl "Hey, da war noch was!" und biss wieder fröhlich drauf los. Was für sie Spiel war, zeichnete unsere Arme und war ein 24h-Job, dieses Thema zu klären. Außerdem wurde es, während wir konsequent unsere Regeln klar stellen wollten, von einem Spiel-Beissen zu einem Frust-Beissen (mit enormer Kraft) - was noch anstrengender war.
2.) "Opfer" der Liebe zu Nimueh und dieser Rasse
Was ich hier gleich endlich auch mal Positives sage, hätte ich die ersten paar Wochen so nicht sagen können. Und möchte auch nochmal betonen: WOCHEN. Und betonen: 24-STUNDEN-JOB. Liebe Dahlia, Schnappi ist EXTREM ausdauernd, viel mehr als ich, und sogar er sagte, dass er das alleine wohl kaum geschafft hätte. Dank seiner Ausdauer, Geduld und Zuversicht, dass das alles noch wird, konnte er immer auch das Positive sehen. Ehrlich? Ich ganz offen gesagt nicht. Ich spürte zwar immer, dass ich sie bedingungslos mögen, lieben und ihre jeweils aktuelle Entwicklung tolerieren wollte. Aber teilweise ging bei mir gar nichts mehr. Ich wollte sie wegbeamen oder mich wegbeamen, war am Ende meiner Kräfte und Nerven (Schnappi übrigens auch oft genug) und dachte nur: "Das kann doch nicht sein, dass bei ihr gar nichts fruchtet!". God help! (Hast du denn Hilfe, wenn es soweit ist? Sind in deiner WG auch Leute, die mit Hunden können und nicht nur helfen wollen, sondern auch KÖNNTEN, wenn es ein beissendes Etwas, eine kleine Rampensau wäre?)...
So, jetzt aber zum Positiven:
Ich liebe sie einfach
Unsere kleine und schon sehr große Nimueh ist mir absolut ans Herz gewachsen. Die Zeit, die Bindung und die Konsequenz haben wohl doch etwas gebracht. Wir teilen sehr schöne Momente, viele kleine Erfolge und haben zumindest die meiste Zeit über einen entspannten Hund, der sich ausruht, wenn er Ruhe braucht (naja, nur fast immer wie gesagt) und halbwegs verstanden hat, dass Gewalt auch keine Lösung ist
Ich bin auch stolz auf sie, wie schlau sie ist und sogar darauf, dass sie nicht einfach Ja und Amen zu allem sagt. Denn wie man weiß, sind manche Regeln, die Hunden abverlangt werden oder so manche Methode, eben einfach eher Quatsch. Wir sind an und mit ihr gewachsen ebenso wie sie mit uns und haben uns alle schon ziemlich gut aufeinander abgestimmt. Aber sie wird immer SEHR selbstbewusst bleiben, was eben einfach ihren Charakter ausmacht. Und ich liebe sie wie gesagt trotzdem - oder gerade deswegen.
Mit diesen Worten sage ich Tschüss und muss mal mit jemandem raus, der gerade aufgewacht ist (19 kg die Treppe runter tragen)...
Alles Gute, Kiwi - und falls du Bildchen gucken magst:
http://www.flickr.com/photos/54727076@N08/