Hallo, Kathi!
Jetzt hab ich mich so konzentriert durch den Thread gelesen, war ganz erstaunt, dass er schon aus ist
Da habt ihr ja auf jeden Fall schon viele gute Tipps mit auf den Weg bekommen!
Das Thema "wie viel Beschäftigung" ist sicher sehr komplex und ungemein wichtig - sosehr ich zustimme, dass viele Junghunde oft überfordert werden: ich glaube, da muss man mit sehr viel Feingefühl ran gehen und kann auch nicht jetzt plötzlich das übliche Bespaßungsprogramm streichen.
Dass du so oft mit ihm an die Luft gehst ist auf jeden Fall gut, dazwischen muss er auch mal seine Ruhe haben.
Dass dein Hund wahrscheinlich in den meisten beschriebenen Problemsituationen verunsichert und gestresst ist glaube ich auch. Indem man Dominanzverhalten als Ursprung aller Ungehorsamkeiten sieht, ist man oft von deren wahren Auslösern abgelenkt. Und unsere Hunde machen es uns da besonders leicht (/schwer), weil sie sich oft aus Unsicherheit u.Ä. eben besonders stark und laut zeigen. Wenn man genau hinschaut, machen es viele Menschen kaum anders.
Diese Unsicherheit ist in dem Alter zu erwarten und du solltest ihr mit ganz besonders viel Ausgeglichenheit und Stärke begegnen. Vielleicht hilft ein kleiner Chi-Gong-Kurs oder so um sich das Gefühl bzw. diese Ausstrahlung bewusst und abrufbar zu machen
Oder die richtige Musik. Oder einmal tief ein- und ausatmen.
Da der Rückruf nicht mehr ganz sicher funktioniert, würde ich hier schnell sehr zielgerichtet trainieren. Das ist ein so großes Problem (nämlich: eine so große Gefahr), dass das Weglaufen nicht mehr passieren darf.
Ich habe selber keine Erfahrung damit, könnte mir aber vorstellen, dass der Einsatz einer Schleppleine hier hilft. Da heißts dann konsequent sein.
Bei meiner Hündin klappt das Signal "Stopp" leichter als "Komm". Es ist auch rein praktisch einfacher: wenn ich weglaufe ist stehen bleiben leichter, als langsamer werden, umdrehen, schauen wos Frauchen denn steckt und hinlaufen. Dafür brauchts viel mehr Überlegen und viel mehr Überzeugung (Überzeugung, dass ich nicht da und da hin will, sondern zum Frauchen. Im Stehen verliert man das Objekt der Begierde noch nicht aus den Augen und hat noch alles offen).
Damit haben wir das Jagen jetzt vollkommen unter Kontrolle gebracht - das war bei uns die größte Hürde.
Für "stopp" gibt es für mich zwei geeignete Lernmethoden - hängt sehr von Hund aber auch Trainer ab, was leichter von der Hand geht.
1.) Ich bringe ihm "steh" quasi als zugehörig zur Gruppe "sitz" "platz" bei. Wenn es sitzt übe ich es, genau wie "sitz" und "platz" immer mehr auf Distanz. Wenn du brav so lernst, dass "steh" heißt: "stehe bis ich dir etwas anderes sage" reicht das, ansonsten (hab noch nie ganz durchschaut, warum das ein extra Kommando sein sollte) kombiniert mit "bleib"
2.) Ich bestärke jegliches Aufhören-zu-laufen (meine setzt sich meist sofort hin, daher also eher unseres) und geb in genau diesem Moment das Signal "stopp". Und absolut sofort, also schon beinah gleichzeitig, wird belohnt und bestärkt was das Zeug hält. Ich verwende dabei einen Clicker.
So brauchts eine Menge Zufallstreffer, bis die Verknüpfung "Stopp"=Aufhörenzulaufen da ist, es kann also nicht am Stück trainiert werden.
Ein ganz anderer Problemherd scheint das Büroleben zu sein, oder?
Habe ich das richtig verstanden, dass das Winseln nur da ein Problem ist?
Besonders, wenn du ihn alleine im Büro lässt?
Oder wars einmal im Büro und einmal beim Alleinelassen zuhause?
Also ganz egal: 1. Büro und 2. Alleinebleiben müssen m.E. nach genau jetzt (wieder) Schritt für Schritt und von Anfang an gelernt werden.
Alleinebleiben darft man nicht unterschätzen - für den Hund ist das vielleicht das Allerschwierigste überhaupt. Es ist sozusagen Pech, dass man gerade das so unglaublich dringend von Anfang an will und braucht. So gehen wir mit unseren Erwartungen schnell viel zu fordernd heran.
"Ich wurde alleine gelassen" ist für den Hund (anfangs) Stress pur. Es ist eine unglaublich beängstigende Situation: Rudel verloren, gleich sterb ich wahrscheinlich (extrem ausgedrückt). Das sitzt super tief und ist ein ganz natürlicher Instinkt, den wahrscheinlich alle Rudel-/ Herden-/ Schwarmtiere sehr ausgeprägt haben.
Wir verdanken es der Intelligenz unserer Hunde, dass sies überhaupt lernen, aber wir sollten es als eine Übung sehen, die eigentlich unschaffbar scheint und deshalb ganz besonders viel Feingefühl rein stecken.
So beginnen wir bei einem Welpe damit, dass er lernt, draußen zu beleiben, wenn wir aufs Klo müssen oder schnell was von einem anderen Zimmer holen.
Wie schon viel besprochen ist dein Hund wohl jetzt wieder unsicher wie ein Miniwelpe und - egal, was er vorher schon viel drauf hatte - genauso viel Verständnis braucht er jetzt.
Sich dem Vermögen seines Hundes anzupassen, bedeutet oft nicht, sich der Anzahl der bereits getätigten Wiederholungen o.Ä. an zu passen, sondern eben seinem Können gerade jetzt.
Geh eine Übung - auch Alltagsübungen ohne Signal wie entspanntes Alleinebleiben und entspanntes Büroleben - immer in Minischritten an, die immer gerade so sind, dass er gar nicht merkt, dass es sich um etwas Schwieriges handelt. Und diesem Maß folgend steiger sie.
So, ich hoffe, ich hab jetzt nichts all zu blöd geschrieben, aber für ein volles Durchlesen und Überdenken tun mir jetzt die Augen zu sehr weh ; )
Hoffe, ich konnte dir noch ein paar gute Gedanken mit auf den Weg geben und wünsch euch weiterhin alles Gute. Finde, es klingt, als wärst du absolut am richtigen Weg :)
glg auch von Kiwi