Hallo ihr lieben…
Ich habe mir erst jetzt die anderen Seiten alle komplett durchgelesen.
Es sind zwar erst ein paar Tage vergangen, aber dennoch wird mein Entschluss immer klarer…
Einige von euch haben geschrieben, dass sie nicht ausreichend über mich und mein Leben bescheid wissen, um mir einen vernünftigen Rat zu geben. Das stimmt wohl auch, aber mehr als das, was ich bislang geschrieben habe, möchte ich öffentlich im Internet nicht preisgeben. Fakt ist, dass ich sehr viel „emotionalen“ Stress, Druck, Probleme und sonstige Belastungen habe und das nicht erst seit gestern.
Bevor ich den Hund angeschafft habe, hatte ich 2 Monate lang regelmäßige Gespräche mit meinen Eltern. Ich hatte damals eine schwere Zeit und (so blöd das auch ist, aber mir bleibt nichts übrig als einfach dazu zu stehen statt es schönzureden) wollte ich zwar schon mein Leben lang einen Hund, aber damals war mein Hauptbeweggrund erneut über eine Hundeanschaffung nachzudenken, weil ich mich sehr einsam gefühlt habe und ich den Gedanken an einen treuen Begleiter sehr schön fand, der dankbar für jede Aufmerksamkeit ist und mit gegenseitiger Liebe eine glückliche gemeinsame Zeit mit sich bringt. Anfangs war auch nur ein Pflegehund im Gespräch, um mir eben diese gewissen Freiheiten für die nächsten 10 – 15 Jahre offen zu halten. Aber hey, ganz ehrlich…wenn dann ein Elternteil mit der Idee kommt, einen ganz eigenen Hund zu kaufen, weil die Trennung von einem Pflegehund evtl. zu schmerzhaft werden könnte… wer würde so eine Idee abschlagen, wenn man sich seit Jahren sehnlichst einen Hund wünscht? :/ BITTE an dieser Stelle KEINE Kommentare zu meinen Eltern und deren Entscheidung… es geht hier um meinen Hund und mich, nicht um meine Eltern und deren Fehlentscheidungen bezüglich dessen. Mir ist klar, dass das keine vernünftige Entscheidung meiner Eltern war, mir einen Hund zu erlauben. Es ist im Übrigen auch nicht so, dass sie sofort zugestimmt haben. Wie gesagt… 2 Monate lang regelmäßige Gespräche.
Nundenn. Jedenfalls war damals schon reisen ein großes Thema für mich. Für den Fall, dass ich mehrere Monate lang verreisen möchte, hatten wir ja eine Vereinbarung ausgemacht, dass Mama definitiv aufpassen möchte. Und ganz ehrlich… ich habe riesen Entwicklungsveränderungen im letzten halben Jahr erlebt. Damals, vor der Anschaffung, war ich alles andere als interessiert an Menschenmengen, Parties, usw. Da reichte mir mein Freund und ein- zwei mal im Monat mal weggehen. Mehr nicht. Und ich war auch fest davon überzeugt, dass das so bleiben wird. Frei nach dem Motto: Wenn nicht jetzt, dann wohl nie. Immerhin war ich ja schon 17 … die Partyphase fängt ja normalerweise deutlich früher an.
Aber in den letzten Monaten habe ich mich vom Wesen her so extrem verändert… ich habe eine wirklich grundliegend andere Lebenseinstellung bekommen, andere Interessen und andere Prioritäten. Ich habe plötzlich Spaß an Gesellschaft anderer Leute, gehe liebend gern abends weg. Reisen steht momentan nicht nur lediglich im Raum, sondern absolut an erster Stelle. Ich will so viel reisen wie geht, so viele Menschen kennenlernen wie möglich, ich gehe viel offener auf alles und jeden zu und dürste schon fast nach „sozialen Kontakten“ und neuen Menschen. Ich will frei sein, unabhängig sein, mein Leben genießen. Ja, es hört sich nach einer typischen Teenie-Phase an… aber reisen und Menschen kennenlernen war schon immer ein Traum von mir, nur war ich bis vor ein paar Monaten nie wirklich der Typ dazu. Es war zwar ein Traum, aber nie auf meiner „Prioritätenliste“ an erster Stelle. Aber das ist es jetzt.
Ich habe die letzten Tage echt viel nachgedacht, habe tief in mich geschaut, bin die nächsten 10 Jahre grob überflogen, habe mir überlegt wie mein Leben mit Hund sein kann und wie es ohne sein kann. Habe überlegt, was mich wirklich glücklich macht und was nicht.
Habe überlegt, wenn ich am Ende meines Lebens stehe, wie ich gerne „damals“ (also jetzt) gehandelt hätte: Hund behalten, durchbeißen, kämpfen…und dabei auf viele meiner Träume verzichten und entgegen meines Grund-Lebensgefühls handeln? Dafür aber stolz auf mich sein, es durchgezogen zu haben?
Oder dem Hund ein tolles neues Zuhause suchen, wo sie volle Aufmerksamkeit und endlose Liebe erhält, wo sie zu 100% geschätzt und geliebt wird aber gleichzeitig ein abgrundtief schlechtes Gewissen zu haben, enttäuscht von mir selbst zu sein nicht gekämpft zu haben?
Ich weiß, dass ich es irgendwie hinkriegen würde… einen Weg gibt es immer. Aber es ist ja nicht so, dass ich erst seit ein paar Tagen zweifle. Die Probleme und Zweifel, wie ich sie jetzt habe, begannen schon vor Monaten. Und ich habe gekämpft, es versucht, hin und her überlegt. Auf vieles verzichtet um es Nera recht zu machen. Aber ich merke jetzt einfach, dass meine Kraft immer mehr schwindet, dass ich immer trauriger und immer bedrückter werde. Nicht unbedingt wegen dem Hund , sondern einfach weil ich mich sehr eingeschränkt und abhängig fühle und weil mich so langsam all die Verantwortung überrollt.
Ich wusste, dass ich Einschränkungen haben werde. Natürlich war mir das vorher klar. Aber ich habe mir immer gesagt „du wirst viele Einschränkungen machen, aber egal, solange du mit ganzem Herzen dabei bist und genießt, wie viel Liebe du als Gegenleistung von dem Hund zurückerhälst“. So denke ich auch nach wie vor. Ich mag Nera wirklich, ich genieße es auch sie zu streicheln und zu kuscheln und mit ihr zu spielen.
Aber wenn ich ganz ehrlich bin, auch wenn es mich innerlich wirklich zerreist… so sehr ich ihre Anwesenheit mag und sie vermissen werde, ich bin einfach nicht mehr mit ganzem Herzen dabei und ein Großteil in mir sagt mir auch, dass ich ihre Anwesenheit belastend finde… und das darf einfach nicht sein.
Es kann sein, dass es nur ein momentaner Zustand ist, wo mir alles über den Kopf wächst. Aber wie viele hier schon geschrieben haben, ist es wohl besser mich schnell aber sicher zu entschließen, als lange hin und her zu eiern, nur um meiner Verantwortung dem Hund gegenüber nachzugehen und mir nicht einzugestehen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich graule mich schon vor jeglichen Reaktionen auf meinen Entschluss… und ich graule mich auch jetzt schon vor mir selbst, weil ich befürchte, meinen Entschluss irgendwann doch zu bereuen.
Was, wenn ich meine Lebensvorstellungen zu rosarot betrachte und nie so viel reisen werde, wie geplant? Was, wenn der Hund im Nachhinein mir doch mehr gegeben hätte, als ich je von irgendeinem Menschen bekommen kann? Aber andererseits… was, wenn ich den Hund behalte und das Gefühl zu haben nie mein Leben gelebt und meine Träume verwirklicht zu haben?
Ich behaupte nicht, dass ich meine Träume (sprich reisen usw.) nicht auch mit Hund verwirklichen kann. Ich hoffe, ihr versteht mich nicht falsch. Natürlich geht das. Wieder mit Einschränkungen, aber es geht definitiv. Aber genau darum geht es mir eigentlich… es geht mir weniger um die Dinge, die ich tue und erleben werde, sondern vielmehr um das allgemeine grundliegende Lebensgefühl, was ich habe oder haben möchte. Vielleicht können das einige nachvollziehen, andere wohlmöglich nicht. Und dieses Lebensgefühl kann und werde ich mit Hund nicht haben.
Ich bin keine unverantwortungsbewusste Jungendliche, die ihr kleines Kuscheltier weggibt, nur weil grad ein paar Probleme auftauchen. Ich habe einen Fehler gemacht, das Leben mit einem Hund unterschätzt, mich charakterlich sehr verändert und betrachte nun sowohl rational als auch emotional mein Leben, rede nichts schön sondern sehe den Tatsachen in die Augen.
Ich bin auch eigentlich kein Mensch, der schnell aufgibt. Ich wachse an meinen Fehlentscheidungen und an Situationen, die ich durchkämpft habe. An Problemen, die ich bewältigt habe. Deshalb schwanke ich auch noch immer… aber einen Hund behalten, um es mir selbst zu beweisen? Ist DAS verantwortungsbewusst?! Ist das im Sinne des Hundes? Ist das letztendlich gesehen wirklich schlauer, als nun einfach loszulassen, wenn es einfach nicht mehr geht und ich am Ende meiner Kräfte bin? Glaubt mir, es braucht viel, dass ich so weit gehe, so intensiv über eine Abgabe nachzudenken.
Ich habe gestern in meiner Lieblingsbar eine Frau kennengelernt, Mitte 30. Habe mitbekommen, wie sie davon erzählt hat, dass sie momentan auf Hundesuche ist, aber im Tierheim keine passenden dabei waren. Dann hat sie Nera entdeckt und sie gestreichelt, meinte dann „das ist aber eine tolle… ein echter Traumhund, wie entspannt sie hier liegt. Die ist nicht zufällig zu haben? Würde sie direkt mitnehmen!“ Habe ihr noch nichts von meinem Zweifel erzählt, sie aber mal etwas ausgefragt, was sie macht usw. Sie hat bereits einen 10 Jahre alten Rüden, der sich wunderbar mit Hündinnen versteht. Sie hat einen riesigen Garten. Sie geht arbeiten, aber lebt mit ihrem Freund zusammen, der Lehrer ist. Sie wünscht sich sehr einen Zweithund. Sie geht regelmäßig in meine Lieblingsbar, in der Nera quasi aufgewachsen ist.
Was besseres hätte ich nicht finden können… einige hier meinten ja, dass eine Bar kein guter Platz für einen Hund ist. Aber das glaube ich nicht. Nera ist seit sie 3 Monate alt ist regelmäßig in verschiedenen Cafés und Bars gewesen. Sie ist wirklich so entspannt dort und ich finde, dass sie das auch mittlerweile irgendwie „braucht“. Es wäre wirklich toll, weil Nera bei der Frau aufjedenfall oft „dabei“ sein kann, hinzu kommt der große Garten, der Zweithund… und die Tatsache, dass eine Frau in dem Alter aufjedenfall keinen jugendlichen Leichtsinn mehr hat und es sich doch anders überlegen würde. Sie hatte nun seit mindestens 10 Jahren einen Hund und weiß, worauf sie sich einlässt. Sie sucht bewusst schon nach einem Hund. Sie war sehr nett und sympathisch, konnte gar nicht aufhören Nera zu streicheln. Sie würde ihr wirklich viel Liebe schenken…das hat man sofort gemerkt. Alle Voraussetzungen passen und sie wäre wirklich eine Traum-Besitzerin für einen Hund wie Nera. Bei ihr hätte ich ein gutes Bauchgefühl…
Jetzt stehe ich mehr denn je vor der Entscheidung.
Die nächsten Tage wollte ich sie mal ansprechen, sie treffen, gucken wie es mit dem anderen Hund klappt und sie dann gegebenenfalls bei Interesse ihrerseits auch mal Zuhause besuchen, schauen wie sie mit ihrem Hund und auch mit Nera umgeht, sie mal weiter „befragen“ wie sie sich das Leben mit Nera vorstellt, was ihre Pläne sind und und und.
Es wird keine Abgabe von heute auf morgen, ich will sicher sein, dass es Nera dort gut geht.
Aber das gestern abend hat mich wirklich wachgerüttelt und mir irgendwie klar gezeigt, dass ich bereit für eine Abgabe bin…auch wenn ich damit einen Teil von mir weggebe. Ich habe die ersten Monate viel Herz, viel Aufopferung, viel Liebe, viele Nerven, viel Aufmerksamkeit und viel Zuwendung in Nera gesteckt… sie ist für mich nicht nur ein Hund, sondern schon in gewisser Weise ein „Kind“ und ein treuer Begleiter. Ich werde wohl nie einen Menschen finden, der dauerhaft so viel Liebe schenken kann wie ein Hund! Aber dennoch…
Einige von euch haben geschrieben, dass ich meine Entscheidung sicher bereuen werde, weil mir ein Hund viel mehr geben kann als alle Menschen dieser Welt und ich es sicher vermissen werde, nach einem harten Arbeitstag vom Hund begrüßt zu werden. Menschen kommen und gehen, aber der Hund bleibt.
Natürlich ist das so!!! Natürlich werde ich das vermissen… aber was ist mit den anderen Dingen, die ich verpassen und vermissen werde, wenn ich Nera behalte?
Es wiegt sich irgendwie in der Mitte aus… hier gibt es glaube ich keine „richtige“ oder „falsche Entscheidung. Hier gibt es einfach eine Entscheidung, und egal für welche ich mich entscheide, beide bringen Schmerz aber auch Glück mit sich. Aber was überwiegt?
Ich suche für meinen Hund einen neuen Besitzer. Nicht, weil ich denke, dass Nera es bei mir schlecht haben wird (denn irgendwie würde ich es immer hinkriegen, mein Leben auf sie abzustimmen und sie wäre damit wohl auch zufrieden), sondern vor allem, weil ich befürchte, dass ich Nera auf Dauer gesehen nicht mehr die Liebe schenken kann, die sie verdient und letztlich auch, weil ich einfach auf gewisse Dinge und auf ein gewisses Lebensgefühl nicht verzichten möchte… Es ist hart, sich das eingestehen zu müssen, aber es bringt einfach nichts hier irgendwas schönzureden, nur damit ich meinem Verantwortungsgefühl nachgehe.
Knallhart gesagt habe ich einen übereilten Entschluss gefasst, etwas leichtsinnig und in Kombination mit unvorhersehbaren Veränderungen meiner Umstände, einfach einen Fehler gemacht und letztlich versagt.
Aber ich gebe meinen Hund nicht unüberlegt weg, ich habe gekämpft aber ab hier geht es nicht weiter auf Dauer… es verletzt mich, es enttäuscht mich und ich werde Nera schrecklich vermissen.
Mir stehen schon wieder die Tränen in den Augen, nachdem ich die letzten Nächte schon verzweifelt durchgeweint habe. Aber ich kann einfach hier und jetzt nicht mehr weitermachen. Irgendwann werde ich es bereuen…da bin ich mir sicher. Vielleicht schon morgen. Ich muss jetzt schon durchgehend weinen, sobald ich Nera nur sehe…
Aber wenn es irgendwann nicht mehr geht ist es doch verantwortungsvoller endlich loszulassen im Sinne des Hundes, statt monatelang oder sogar jahrelang zu zweifeln und hin und her zu überlegen. Irgendwann merkt der Hund, dass etwas nicht stimmt. Und das eigentliche Problem ist damit nicht aus der Welt geschafft. Auf Dauer würde es sicher keinen von uns beiden wirklich glücklich machen.
Wenn es nach mir ginge würde ich noch einige Monate ausprobieren, ob es nicht doch irgendwie geht. Es irgendwie versuchen... Aber wie schade wäre es, eine so tolle Besitzerin für Nera zu verpassen…
Danke für’s lesen und für all eure Meinungen, so unterschiedlich sie auch waren.
Ich weiß nicht, ob dieser Thread nach meiner „Bekanntmachung“ wieder geschlossen wird, meinetwegen kann er auch gern aufbleiben, damit ihr euch untereinander über meinen Entschluss austauschen könnt. Aber ich werde ab heute wohl erstmal nicht mehr reinschauen. Irgendwann bestimmt, aber erstmal nicht.
Glaubt mir, mir geht es schlecht genug. Mein Gewissen bringt mich grad um. Ich bin enttäuscht von mir selbst. Aber eine Entscheidung muss sein und die habe ich nun getroffen.
Ich beneide alle, die stärker sind als ich.
Liebe Grüße.