Hallo Ribanna
Ich habe eine kleine Deprivatin zuhause. Wobei Deprivation ja ein Überbegriff ist der viele Verhaltensformen auslösen kann. Eigendlich bedeutet er eine Art Lernschwäche. Der Hund ist sehr schnell reizüberflutet und dann oft nicht mehr in der lage die Reize so zu verarbeiten, dass eine Gewöhnung statt findet. Er wirkt also in der selben Situation deutlich länger aufgeregt als ein "normaler" Hund. Zudem ist ein Deprivat oft sehr schlecht im Generalisieren. Während andere Hunde beim 10. Auto z.B. denken: "Ach, auch schon gesehen, kein Problem." ist ein deprivierter Hund immer wieder aufs Neue aufgeregt, auch wenn er sich an ein Auto oder Autos an einem bestimmten Ort schon gewöhnt hat.
Es ist nicht aussergewöhndlich in irgend einem Bereich eine Deprivation aufzuweisen. Meine Tierärztin (mit Schwerpunkt auf Verhalten) meinte einmal, man kann sich das so vorstellen, wie z.B. viele ältere Menschen eine Art Deprivation im Bezug auf Computer zeigen. Sie haben in jüngeren Jahren nie dem Umgang damit gelernt und sind jetz sehr schnell überfordert und unsicher. Das Beispiel hat mir gut gefallen, ich glaube Jeder kennt hier ein Beispiel.
Die alteren Menschen können sich nun durchaus an Computer gewöhnen. Oft wird aber nie so eine Selbstverständlichkeit erreicht wie bei jüngeren Computernutzern und wenn etwas nicht wie gewohnt funktioniert sind sie schnell unsicher. Nun kommt es auch sehr auf das Individuum an, Einige tun sich schwerer, Andere leichter und für wieder Andere bleibt der PC schlicht ein rotes Tuch.
Wichtig ist ausserdem, wie die Person die virtuelle Welt erlebt. Leitet sie jemand mit viel Geduld an? Muss sie schwierige Aufgaben erledigen, wird gefrustet und fühlt sich alleine und überfordert? Diese Erfahrung kann dazu führen dass ein Mensch negative Assoziationen mit dem Computer generell entwickelt und immer in Stress kommt, auch wenn Alles normal funktioniert.
Das Gedankenspiel kann jeder durchspielen und so die menschliche Seite nachvollziehen. Nun ist der Hund natürlich kein Mensch, das darf nicht vergessen werden. Er kann sich nicht sagen: "Alles gut, ruhig Blut, es ist gar nicht schlimm." Er wird auf die überfordernde Situation mit Nervosität oder Angst reagieren. Sier kann ein Besitzer wahnsinnig viel Hilfe leisten, in dem er eine klare Führung signalisiert und so Orientierung bietet. Oft bedeutet das zu Anfang auch, einfach einen Weg aus der Situation zu bieten, um so Vertrauen zu schaffen. Hier muss imer abgewogen werden, ob der Hund noch lernbereit ist und vorallem ob die Situation positiv für den Hind endet. Nichts ist für viele Hunde verunsichernder als wenn der Besitzer sehenden Auges in eine Katastrophe läuft. Aberdas gilt ja für Angsthunde allgemein.
Nun zu meinen persöndlichen Erfahrungen. Elly ist jetz 2,5 Jahre alt. Ich habe ihre Geschichte in einigen Threads angesprochen, falls du sie nachlesen magst. Natürlich zeigt sich hier auch meine Entwicklung, sie ist mein erster Hund und ich habe vieles zu Beginn nicht oder falsch gesehen.
Unser Tiefpunkt war vor etwa 1.5 Jahren, als sie im Frühling nicht mehr aus dem Badezimmer kommen oder fressen wollte. Damals begann ich nach Absprache mit besagter Tierärztin mit der Gabe von Clomicalm, ein leichtes Psychopharmaka, dass die Reizüberflutung etwas hinauszögern soll. Sie reagiert sehr gut darauf, ist nicht müder als sonst aber doch ausgeglichener. Im Training war es wichtig den Druck heraus zu nehmen, dass Alles möglich sein muss. Ich stehe dazu dass mein Hund grosse Mühe hat an fremden Orten wie z.B. Banhöfen oder zuerst ins Zimmer muss wen Besuch kommt, weil sie sich sonst zusehr aufregt und zur Gefahr für sich und den Besuch wird.
Das üben an Banhöfen oder ähndlichem ist auch etwas ein Abwägen. Ich bin nicht bereit meinen Hund derart massivem Stress auszusetzen, den sie hätte bis eventuell langsam eine Gewöhnung einsetzen würde. Unser Alltag muss klappen, zum Beispiel musste sie sich ans Autofahren gewöhnen, aber ich gehe schon Kompromisse ein. Es kann gut sein dass es irgendwann möglich wird, weil wir uns weiterentwickelt haben, ich erzwinge aber Nichts. Riesen Fortschritte haben wir erzielt, unter Anderem können wir heute mit dem Auto an einen fremden ruhigen Ort fahren und spazieren, früher war sie da ein nervöses hibbeliges Bündel mit Durchfall.
Müde wird sie auch sehr schnell, nach 1h sportliches Spazieren im Wald mit Freilauf ist sie platt. Im Moment merkt man die vielen Fluginsekten, die verängstigten sie früher sehr, heute geht es ganz gut, ist aber immernoch anstrengend.
Nach Training (Busfahren, durchs Dorf spazieren oder Auto fahren) machen wir 1 Tag Pause und dann 2-3 Tage auf dem immer gleichen bekannten Spazierweg wo sie auch einmal richtig rennen kann und sehr wenige Stressauslöser hat. Dieser Rythmus hat sich bei uns sehr bewährt.
Vielleicht konnte ich etwas helfen, bei Fragen melde dich doch einfach.
Liebe Grüsse,
Katrin