"Unser" Tierschutzverein arbeitet nicht mit Hunden aus dem Ausland. Ich sage trotzdem "aus dem Tierschutz", weil die Hunde dort nicht wie meist im Tierheim hinter Gittern leben, sondern in kleinen Gruppen auf einem Bauernhof mitten in der Pampa.
Finja kommt zusammen mit ihrer Schwester aus einem verwarlosten Messie-Haushalt.
Trotzem scheinen sich unsere Hunde zu ähneln. Die Trainerin war Finja anfangs sehr suspekt. Sie wäre beim Agility fast vom Steg gesprungen. Wir machen zum Spaß Agility und Finja hat großen Spaß daran. Der Steg in ca. 1,40m Höhe macht ihr keine Angst - wenn da nicht beim ersten Mal die Trainerin stehen würde, die vermeiden will, dass Finja fällt . Bleibt das fremde Wesen auf zwei Beinen fern, ist der Steg kein Problem.
Inzwischen spielt und rauft sie vorsichtig mit ihr und Finja hat sie als "bekannt und harmlos" eingestuft.
Die anderen Hunde? Oh... Hilfe. Anfangs stand sie wirklich nur da. Wochen später fing sie an mit einem anderen Junghund gegen Ende der Stunde zu spielen. im Laufe der Zeit spielte sie früher und erweiterete ihren Bekanntenkreis.
Finja lebt nun ein Jahr bei uns. Sie ist ein wirklich toller Hund und wir lieben sie über alles und so wie sie ist. Im Haus ist sie wirklich ein Schatz. Trotzdem hat sie eine Menge Nerven gekostet (und wird vermutlich auch noch einige kosten...).
Sie war nicht stubenrein, kannte gerade mal ihren Namen. Sie stimmte ein, wenn der Nachbarshund bellt und versuchte den Besuchern das Leben schwer zu machen.
Nach dem anfänglichen "das wird schon" wurde es nicht unbedingt besser... Sie lernte die Grundkommandos schnell. Sie zog trotzdem an der Leine und ich war ihr egal. Sie knurrte Menschen an und tickte bei Hunden am Horizont total aus. Die normalen Tipps und Tricks wirkten nicht. Ich war ihr draußen egal, egal was ich veranstaltete.
In der Hundeschule machten wir den Hundeführerschein. Außerhalb des Platzes war es eine Katastrophe. Ich probierte die verschiedenen Methoden aus. Nichts funktionierte richtig, ich wurde ungehalten, gestresst und ein Stück verzweifelt. Gleichzeitig lernte sie im Haus auf dem Platz zu warten, twist, turn, Männchen, untendurch, drüberweg, Bein-Slalom, Bein-Acht uvm.
Ich arbeitete im Haus mit dem Clicker.
Nach der Verzweifelung bei der erfolglosen Umsetzung von HTS las ich einen Artikel übers Clickern und Leinenführung.
Seit einigen Wochen mit Clicker gehe ich nun entspannter Gassi. Sie zieht gelegentlich nach links oder rechts, wenn es da etwas tolles gibt... Zieht auch mal nach vorn, versteht aber schon, dass ich es besser finde, wenn die Leine durchhängt.
Insgesamt schaut sie sich mehr zu mir um und ist viel öfters ansprechbar. Wir machen gute Fortschritte, ich rede entspannt mit ihr und sehe Hundebegegnungen halbwegs entspannt entgegen. Ich suche mir schwierige aber machbare Übungssituationen und die Begegnungen mit Hunden an der Leine laufen zunehmend besser ab. Zwar ist sie noch immer total hibbelig und zieht - alles andere als perfekt, aber ich kann nun ruhig sagen "ja, da ist ein großer Hund, wir gehen jetzt weiter". Manchmal kann ich das noch nicht, aber das wird noch. Frauchen macht gute Fortschritte Hunde hinter Zäunen oder festgebunden vor dem Supermarkt gehen schon ganz gut. Angeleinte Hunde mit Zweibeiner dran oder gar freilaufende Hunde sind noch problematisch, die Panik-Distanz ist inzwischen jedoch kürzer geworden und sie beruhigt sich schneller. Ich denke, das wird dank der jetzigen Methode schnellere Fortschritte machen.
Ich musste erstmal einiges ausprobieren - hätte es bei der ersten Methode gleich geklappt, dann wäre sie jetzt sicherlich schon "fertig". Egal, denn ich habe eine Menge Erfahrungen gesammelt - für jedes Mensch-Hunde-Team gibt es eine Methode und es gibt keine Universalmethode. Man muss nur seinen Weg finden. Ich hab anfangs immer nur gelesen, man soll ruhig bleiben und Sicherheit vermitteln - aber es ging einfach nicht...
Nun fühle ich mich auch einem zweiten Hund gewachsen - wenn wir weitere Fortschritte gemacht haben und es noch etwas besser läuft.
Ich hoffe, Finja freut sich auf drauf...