Laursen
Vielen Dank erst einmal für den ellenlangen Beitrag. Ich versuch' einfach 'mal darauf einzugehen, wobei es mir in der Beziehung etwas schwer fällt, so theoretisch zu bleiben. Praxis ist in meinen Augen nämlich das Wesentliche - eben die Umsetzung der eigenen Philosophie. Gedanken darüber hab ich mir schon oft genug gemacht, allerdings fehlt mir häufig schlicht und einfach die Konsequenz.
Gerade in den ersten Monaten nach dem Einzug hat mein Hund für mich in erster Linie Arbeit bedeutet - das Vergnügen rückte mit jeder weiteren Verhaltensauffälligkeit in den Hintergrund. Untergewicht, fehlende Stubenreinheit, Zerstörungswut, mangelnde Sozialisierung, schlechte Leinenführigkeit und schließlich die ausgeprägte Leinenaggression - das alles waren Probleme, die echt an mir nagten (obwohl ich mich in den acht Monaten, die ich sie zuvor im Tierheim betreut hatte, auf manches hätte einstellen können) und die ich teilweise bis heute nicht lösen konnte. Die Tatsache, dass ich meinen Hund dann beinahe wieder ans Tierheim verloren hätte, war für mich allerdings ein echter Weckruf.
Seitdem galt und gilt für mich das Motto: hab Spaß mit deinem Hund, dann hat er es auch. Klar, gibt es noch oft genug Situationen, in denen ich mich hoffnungslos überfordert fühle, allerdings beeinflusst das nicht mehr so stark die Beziehung wie zuvor. Genauso wie mein Hund einfach weitergeht, nachdem er fertig an der Leine gepöbelt hat, geh' ich eben jetzt weiter. Das alles kommt auch wahnsinnig gut bei meinem Hund an, allerdings sehe ich auch immer wieder, dass die Bindung noch nicht so ist, wie ich es mir eigentlich wünsche - was nicht zuletzt an den dubiosen Erziehungsmethoden liegt, die ich gerade zu Anfang angewendet hatte. Um endlich 'mal auf deinen Beitrag einzugehen - ich find's bis heute wahnsinnig schwer - bei meinem eigenen Hund wohlgemerkt (bei fremden Hunden sehe ich das teilweise sofort) - zu beurteilen, was ihr wirklich gefällt und was nicht. Aufgrund der Tatsache, dass die Dame wahnsinnig viel mit sich machen lässt, ist es oft schwer zu beurteilen, ob es ihr auch wirklich gefällt. Sie wedelt nur selten mit dem Schwanz, dreht sich nicht auf den Rücken zum Streicheln, fordert schon gar keine Streicheleinheiten ein und gibt auch in aller Regel kein Feedback, wenn man sie gut gemeint anfasst. Unter den Gesichtspunkten wurde eben das obligatorische Leckerlie für mich immer wichtiger, denn da gab's und gibt's bis heute nur zwei Varianten - entweder sie frisst's, dann hat's wohl oder übel was Belohnendes oder sie frisst's nicht, was dann auch wieder Rückschlüsse zulässt: entweder sie ist einfach zu nervös oder hat eben gerade Angst. Bis heute benutze ich Leckerlies wirklich gerne, um ihren Gemütszustand abzufragen, etwa wenn ich mit ihr nachts am Busbahnhof (sie hat Angst vor Bussen) unterwegs bin und ihre Rute wieder 'mal Interpretationen zulässt.
Wirklich glücklich bin ich mit Leckerlies allerdings schon lange nicht mehr - nicht, weil ich das Gefühl hätte, ausgenutzt zu werden, sondern, weil ich merke: sobald das Mäkeln wieder anfängt, fehlt einfach selbst hier der belohnende Charakter. Dementsprechend versuche ich so oft wie möglich über Lob, schlicht Aufmerksamkeit oder Spiel zu arbeiten. Allerdings muss ich bei allen drei Varianten regelmäßig beobachten, wie sich mein Hund verselbstständigt. Beim Spiel ist dann lediglich das Hetzen interessant, Lob geht zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus und mit der Aufmerksamkeit ist es auch so 'ne Sache. Häufig werd' ich einfach das Gefühl nicht los - mein Hund braucht sowas überhaupt nicht. Es gibt spontan nur eine Situation, an die ich mich erinnern könnte, in der mein Hund aktiv Aufmerksamkeit eingefordert hätte - nämlich als ich mit Grippe im Bett lag und sie 'mal musste. Wenn ich im Alltag über Aufmerksamkeit arbeiten möchte, schaut das hingegen in der Regel so aus, dass ich mich von meinem Hund abwende und darauf warte, dass sie - nachdem alles andere endlich uninteressant ist - anfängt, sich mit mir zu beschäftigen, 'mal zu probieren, ob Herrchen was Leckeres in der Hand hat oder was er mit dem Spielzeug in seiner Hand vorhat. Das alles passiert jedoch - ungelogen - praktisch nicht. Stattdessen legt sich mein Hund nach gefühlten 10 Minuten hin und wartet einfach nur darauf, dass es endlich weitergeht. Auf die Idee, selbst 'mal was auszuprobieren oder womöglich zu erkennen, dass das andere Ende der Leine nicht nur Eingrenzung bedeutet, kam mein Hund bis heute nicht. Dafür ist sie schlicht und ergreifend zu selbstständig - was nicht heißen soll, dass die Methode schlecht wäre, nur hilft sie eben nicht in unserem Fall, was nicht zuletzt auch an ihrer Vergangenheit liegt. Wenn man schon bei 'nem Züchter das Licht der Welt erblickt, der praktisch nur alle paar Tage 'mal nach einem sieht und einen sonst sich selbst überlässt und anschließend noch als Hofhund ohne Familienanschluss vermittelt wird, dann lernt man vor allem eins, nämlich sich selbst zu beschäftigen. Und das hat sie bis heute verinnerlicht.
Abschließend möchte ich aber noch auf ein paar mehr oder weniger konkrete Empfehlungen von dir eingehen...
Zitat
Dein Hund freut sich normalerweise wirklich, wenn Du nach Hause kommst, achte einmal darauf, wie er dann seine Freude zeigt und pass es für Dich an.
Dies wäre dann die ganz grosse Belohnung mit Freude.
Also das mit der Freude kann ich in soweit nachvollziehen, als dass nach Stunden der Abwesenheit vom Rudel auch 'mal mit dem Schwanz gewedelt wird. Allerdings war's das auch schon. Mein Hund kommt nicht wie bekloppt an die Tür geschossen, um mich nach allen Regeln der Kunst zu begrüßen. Wenn ich heimkomme, liegt die Dame meist auf dem Sofa oder auf ihrer Decke und schaut mich nur so nach dem Motto "Du warst weg?" an. Wirkliche (Vor-)Freude erlebe ich hingegen entweder, wenn ich ihre Quietschies durch die Wohnung werfe (sieht immer ulkig aus, wenn der letzte Schritt immer ein Sprung sein muss) oder kurz bevor wir in der Mittagspause Gassi gehen. Dann hopst sie quasi nur noch durch die Gegend. Erinnert mich immer stark an 'ne Sprungfeder - wenn man sonst stundenlang im Körbchen langweilig im Körbchen verbringen muss, staut sich eben so einiges auf. Aber wie ich das nun konkret auf das Training übertragen soll, ist mir ehrlich gesagt ein absolutes Rätsel.
Zitat
Das gleiche gilt auch für unsere Hunde, ein warmes "Fein" für ein Sitz sollte wirklich genug Bestätigung sein normalerweise, natürlich sieht das wieder anderst aus, wenn der Hund sich in einem Bach setzen soll
Der Gedanke, dass ich teilweise inflationär lobe, kam mir auch schon. Allerdings hab ich schon nach rund einem Tag, an dem ich wirklich darauf achte, ihr - wenn sie nicht gerade etwas gut macht - keine Aufmerksamkeit zu schenken, immer schon mit 'nem schlechten Gewissen zu kämpfen. Und dabei ist sie ohnehin schon alles andere als verwöhnt, was die Aufmerksamkeit in der Wohnung angeht. Wenn ich nicht gerade mit ihr spiele, begnügt sie sich in aller Regel damit, mich von ihrem Platz aus zu beobachten. Interessant wird's nur, wenn ich mich auf's Sofa setze. Da bietet sie dann meist von sich aus schon ein Sitz an, in der Hoffnung, sie darf vielleicht auch drauf, was ich meist auch zulasse.
Abschließend möchte ich noch sagen - mein Hund lässt sich wahnsinnig gerne bitten, zu absolut allem. Teils aus Unsicherheit mir gegenüber (nach dem Motto "Darf ich wirklich auf's Sofa?") oder eben, weil's ihr selbst nicht wichtig ist. Ob ich's noch erleben darf, dass die Dame selbst 'mal auf die Idee kommt, was auszutesten - wir werden sehen.