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Vielleicht könnten wir unseren Neuzugang noch etwas informieren, damit er sichs anders überlegt? Auf die nette Art?
Ich versuch mich mal...auch wenn es damit eigentlich keine konkrete Antwort auf die gestellte Frage ist.
Da die Verbindung Hündin vom Bauernhof und Rüde ist der von Nebenan doch wirklich sehr dem klassischen Bild entspricht, hier ein paar allgemeine Infos ohne den speziellen Fall zu kennen und zu wissen ob es auf die betroffenen Hunde und Personen zutrifft oder nicht.
Was ist ein Vermehrer?
Ein Vermehrer ist jemand, der wie der Name schon sagt die Anzahl seiner Hunde vermehrt. Er hatte vorher einen Hund und hat hinterher 6. Ziel erfüllt. Ob das liebevoll im Wohnzimmer, auf dem Bauernhof im Stall oder in der miesen Puppyfarm passiert, ist erstmal egal, dazu komme ich gleich noch.
Was ist ein Züchter?
Ein Züchter ist jemand, der die Eigenschaften in Bezug auf Gesundheit, Wesen, Arbeitsleistung und Aussehen der von ihm gezüchteten Rasse im allgemeinen und der von ihm gehaltenen Hunde im Besonderen ganz genau kennt. Durch sinnvolles Verpaaren bemüht er sich die guten Eigenschaften zu verstärken und die schlechten Eigenschaften zu eliminieren. Dazu ist eine belastbare Datenbank des Zuchtvereins und eine gute Kenntis der zur Verfügung stehenden Hunde (je nach Rasse auch weltweit!) notwendig. Nur so ist er in der Lage die Eigenschaften der zukünftigen Welpen möglichst gut zu beeinflussen.
Um dies zu ermöglichen werden in den Zuchtverbänden möglichst alle Hunde auf ihre Gesundheit (z.B. Röntgen von Ellenbogen und Hüften und Auswertung durch einen offiziellen Gutachter, jährliche Augenuntersuchung, verschiedene Gentests), ihr Wesen (Wesenstest), ihre Arbeitseigenschaften (beim Golden Retriever jagdliche (JP/R, BLP etc.) oder Dummyprüfungen) und ihr Exterieur (Formwert) überprüft. Nur wenn diese Dinge von möglichst vielen verwandten Hunden bekannt sind, kann man abschätzen wie sich bestimmte Hunde verpaaren und was bestimmte Kombinationen versprechen. Dass dann immer noch alles anders kommen kann ist eben Natur, aber man kann das Risiko doch möglichst gering halten.
Was ist Aufzucht?
Die Aufzucht ist all das was nach der Geburt passiert. Dies hat auch Einfluss auf die Eigenschaften des Welpen, ist jedoch nicht vererbbar und somit keine Zucht. Nur weil die Welpen liebevoll im Wohnzimmer leben, ist man also noch lange kein Züchter. Von der üblen Puppyfarm unterscheidet er sich nur durch die bessere Aufzucht.
Warum ist es für Otto-Normalverbraucher wichtig den Welpen vom Züchter und nicht vom Vermehrer zu kaufen?
Immer wieder hört man den schönen Satz "ich brauch keine Papiere, ich will nicht züchten und nicht ausstellen". Aber das ist falsch gedacht, die Papiere stellen keine "Eintrittskarte" dar, die man je nach Bedarf dazu kauft oder eben nicht. Die Papiere zeigen dir, dass bei den Eltern deines Welpen die oben genannten Überprüfungen ihrer Eigenschaften durchgeführt wurden und diese im Rahmen des zulässigen lagen. Und dies ist im Interesse jeden Welpenkäufers.
Bei Gesundheit und Wesen sollte sowieso offensichtlich sein, dass daran nicht "gespart" werden darf.
Auch die Arbeitsprüfung sagt vieles aus, auch wenn man selbst vielleicht keine Prüfungen laufen möchte. Die Eigenschaften, die einen guten Jagdhund ausmachen, wie z.B. Führigkeit, ruhiges Warten können, Leistungsbereitschaft "auf Knopfdruck" und danach wieder abschalten, Genügsamkeit, Belastbarkeit etc. sind auch Eigenschaften, die ein "reiner Familienhund" braucht und die Tatsache, warum die Retriever bei Familien so beliebt sind. Verliert man jedoch durch sinnloses Vermehren diese Arbeitseigenschaften, werden auch die o.g. Verhaltensweisen verloren gehen, die den Retriever ursprünglich so beliebt gemacht haben.
Und zuletzt der Formwert. Hier kann man vielleicht nocht streiten ob man diesen für einen reinen Familienhund braucht. Aber korrekte Winkelungen, ein korrekter Rücken etc. ermöglichen es dem Hund sich möglichst anstrengungsfrei zu bewegen. Auch den Formwert sollte man daher nicht ganz vernachlässigen.
Du solltest dich im vorliegenden Fall also fragen, haben die Besitzer der Hündin all dies bedacht. Ist der Rüde von nebenan tatsächlich die perfekte Verpaarung von allen zur Verfügung stehenden Rüden oder war er vielleicht einfach nur zur Hand? Bist du sicher, dass du dies unterstützten willst?
Geh nochmal in dich und überlege ob es nicht vielleicht doch lieber ein Golden Retriever vom DRC oder GRC werden sollte? Auch wenn man sich in "seinen Welpen" natürlich schon verliebt hat, andere Welpen sind genauso süß und wenn man etwas unterstützt, z.B. durch den Welpenpreis, dann sollte man sich auch ganz sicher sein, dass man hinter dieser Produktion stehen kann und sonst lieber die Finger weg davon. Ein paar Hundert Euro gespart und den Trennungsschmerz vom bereits ausgesuchten Welpen hat man schnell vergessen, aber einen HD-kranken oder wesensschwachen Hund hat man 15 Jahre lang und wird jeden Tag mit (und im schlimmsten Fall auch unter) seinem Hund leiden.