Dienstags fahre ich mit dem Bus nach Ballachulish. In Fort William muss ich umsteigen - es wird knapp, da der Inverness-Bus verspätet ankommt. Nachmittags rolle ich dann mit meinem Koffer ins Hotel. Mein Zimmer ist schon fertig, und nachdem ich mein Gepäck abgestellt habe, mache ich einen Spaziergang rüber nach Glencoe. Dieses Mal habe ich Glück und bekomme noch einen freien Platz im Cafè von "Crafts & Things".
Am nächsten Tag steht ein längerer, aber nicht anspruchsvoller Spaziergang an: Ich will der alten Glencoe-Straße so lange folgen, wie es geht. Von einer früheren Wanderung (ich glaube, das war 2012) weiß ich, dass das nicht durchs ganze Tal möglich ist, ohne auf der A82 zu gehen. Das will ich auf keinem Fall; was vor 11 Jahren noch irgendwie machbar war, ist heute lebensgefährlich. Kein Standstreifen, kein Radweg, viel Verkehr, viele große Fahrzeuge - die A82 ist die Hauptverkehrsader an der Westküste. Mal sehen, wie weit ich komme.
Zuerst gehe ich ganz entspannt ins Dorf Glencoe. Von Ballachulish bis dorthin gibt es einen Fußweg. Hinter dem Ortsausgang von Glencoe beginnt der "Orbital Track", ein relativ neu angelegter Fußweg, auf dem man auch die kleine Single Track Road vermeiden kann, die vom Dorf zur A82 führt. Am Clachaig Inn verlasse ich den Orbital Track und besuche erst einmal einen Wasserfall. Ok, ganz nett, aber im Gegenlicht. Es lohnt sich nicht, die Kamera auszupacken. Da auf der Single Track Road nichts los ist, laufe ich auf dieser weiter. Gegen Ende der Straße ist noch ein Wasserfall, ein schöner sogar, aber auch der im Gegenlicht. Den merke ich mir für den Rückweg vor. Als ich so dastehe, sehe ich am anderen Flussufer einen Mann laufen. So flott wie er unterwegs ist, gibt es dort einen Weg, der nicht auf meiner alten Karte eingezeichnet ist. Den merke ich mir auch für den Rückweg vor.
Dann der heikelste Teil des Morgens: Ich muss die A82 überqueren. Gut, dass es recht ruhig ist: Ich brauche nicht auf eine große Lücke zu warten sondern kann gleich rüber. Dort ist ein kleiner Parkplatz und der erste Fotostopp für diesen Tag: Loch Achtriochtan. Das ist im Morgenlicht schön beleuchtet, und so früh am Tag ist außer mir noch niemand unterwegs.
Weiter geht es auf einem kleinen Pfad, der parallel zur Straße läuft. Die Aussichten zurück zum Loch Achtriochtan sind schön. Wenn man nicht weiß, dass ein paar Meter daneben die verkehrsreichste Straße der Region verläuft, auf der Busse, Lkw, Pkw, Campervans und der gelegentliche Schwertransport unterwegs sind, ist es beinahe idyllisch.
Hier nochmal die Szene mit Straße (wie schon gesagt: es ist heute ein ruhiger Tag!):
Bald führt der Pfad vorbei an einer Farm, über einen Zauntritt, und dann verläuft der Weg unterhalb der Straße. Oben sind zwei Parkplätze (auf einem davon steht in der Saison ein Dudelsackspieler), aber hier unten sind nur ein paar Spaziergänger. Ein paar Wanderwege starten hier, aber die stehen heute nicht auf meinem Programm.
Auf einem "Pausenfelsen", ein Stück abseits des Weges, mache ich meine Mittagspause. Dann gehe ich noch ein Stück weiter, bis ich vor der A82 stehe. Hier endet der sichere Weg für Fußgänger; die Straße ist hier zwischen Felsen eingeengt, was sie für Fußgänger gefährlich macht. Ich drehe um - im Herbst bin ich wieder hier, vermutlich mit Auto, dann kann ich mir den Pass of Glencoe und den Wasserfall beim "Meeting of Three Waters" in Ruhe anschauen.
Auf dem Rückweg: Achnambeithach, das Haus am Loch Achtriochtan. Zwei Tage später parken dort zahlreiche Fahrzeuge der Lochaber Mountain Rescue; Medienberichten zufolge suchen sie nach einem Wanderer, der irgendwo zwischen dem Buachaille Etive Mòr und dem Spidean nam Biann unterwegs war. Ein großes, anspruchsvolles Gelände; über den Ausgang der Suche habe ich nichts mehr gelesen. Heute aber ist es noch ruhig und friedlich.
Als ich gehe, fährt der nächste Rabbie's-Bus auf den Parkplatz. Vom Wanderweg aus habe ich mindestens fünf davon gesehen; die Touren sind wohl auch außerhalb der Saison sehr gefragt.
Und wieder: Ich überquere die A82 unfallfrei. Dieses Mal suche ich den Weg, auf dem der Wanderer von heute früh ging. Kein Problem, ihn zu finden. Es scheint ein neuer Weg zu sein, der vom Signal-Rock-Parkplatz aus losgeht. Von hier aus habe ich einen schönen Blick auf die Wasserfälle:
Die 24mm meines Immerdrauf-Objektivs reichen hier nicht; selbst mit dem 20mm-Objektiv, das ich noch im Rucksack habe, komme ich an meine Grenzen. Der nächste Besuch dort (mehr darüber später) überzeugt mich davon, im Herbst das 16-35mm samt Adapter für die Nikon Z6 mitzunehmen.
Ich folge dem Weg zum Parkplatz. Von dort gibt es einen weiteren Weg zum Clachaig Inn, und dann bin ich wieder auf dem Orbital Track und damit schon beinahe im Hotel. Dort angekommen, glühen meine Füße. Das war zu viel Schotter und Asphalt heute!