Ich glaube, dass die Qualität der Führung für den Hund einen großen Unterschied macht, wie sehr ihn diese einschränkt, im Sinne von frustriert.
Das finde ich sehr schön formuliert.
So ähnlich sehe ich es auch. Mir fällt es schwer, mich auf der Skala einzuordnen, denn natürlich gebe ich meinen Hunde unglaublich viele Dinge vor, einfach bedingt durch die Art, wie sie mit mir leben und bedingt durch meinen Anspruch, dass andere Lebewesen sich durch uns nicht unwohl fühlen oder zu Schaden kommen sollen. Und dadurch, dass ich letztendlich auch zu einem großen Teil den Zugang zu Verstärkern steuere, gebe ich auch in hohem Maße vor, welches Verhalten sich für meinen Hund lohnen kann und soll.
Wenn er es sich aussuchen könnte, wäre mein Terrier wohl der geborene Dorfstreuner. Hier und da was Leckeres abstauben, läufige Hundedamen besuchen, die Nachbarschaft frei von Ratte und Mäusen halten, so in der Art. Und zwischendrin natürlich zum gefüllten Futternapf zurück nach Hause und mit im kuschligen Bett schlafen. Dieses Leben ist (bis auf Futternapf und Bett) nun aus diversen Gründen für einen Hund in Deutschland im Jahr 2021 einfach nicht möglich.
Alternativ würde er z.B. als Bürohund vielleicht gerne von Raum zu Raum ziehen, Kollegen besuchen, hier und da was Leckeres abstauben oder die Papierkörbe und Taschen der Kollegen nach Essbarem durchwühlen. Er wäre dabei nett und freundlich, ich müsste mir keine Gedanken machen, dass er irgendwem was tut, das Mobiliar zerlegt oder sonst irgendwas Dramatisches macht. Geht halt aber auch nicht, weil manche Kollegen das stören würde, niemand ausgeräumten Müll im Büro rumliegen haben möchte und nicht zuletzt ich schon gerne wissen möchte, wo mein Hund gerade steckt.
Dennoch und gerade deswegen versuche ich, wo immer es geht, die Bedürfnisse meiner Hunde zu achten und im Rahmen des Möglichen, Entscheidungsspielräume zu geben. Um beim Terrier zu bleiben: Er entscheidet meist, wo wir langgehen und wie lange er schnuppern möchte. Er darf Pipi lecken. Er darf mir Löcher in den Garten buddeln. Und ich schaue sehr genau, dass eben kein dauerhafter Frust entsteht. Bei meinem Terrierchen würde das z.B. passieren, wenn er sich "gegängelt" fühlen würde. Wir sind z.B. sehr entspannt an der Schleppleine unterwegs, die ihm mehr Radius ermöglicht und weniger einschränkt, als wenn ich von ihm verlangen würde, im Freilauf z.B. in wildreichem Gebiet immer im Kopf zu 100% bei mir zu bleiben.
Entscheidender als komplette Selbstbestimmung zu ermöglichen, empfinde ich außerdem, das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit zu erfüllen, also das Gefühl und die Erfahrung mit dem eigenen Handeln Situationen und das eigene Selbst steuern und beeinflussen zu können. Und ja, idealerweise stimmt das wieder mit dem überein, was ich als Mensch als angemessenes Verhalten empfinde.