Guten Morgen :)
Ich klinke mich mal hier ein, weil wir mit unserer Hündin ganz ähnliche Probleme haben und zufällig auch bei einer Trainerin gelandet sind, die nach dem gleichen Prinzip arbeitet
Wir haben Jessa im November aus Russland übernommen. Sie ist jetzt 3 Jahre alt und "eigentlich" eine ganz ganz liebe Kuschelmaus
"Eigentlich" deshalb, weil sie an der Leine auch ordentlich pöbelt, im Garten sehr wachsam und territorial veranlagt ist und leider auch (noch) nicht alleine bleiben kann.
Wir hatten sie in den ersten 8 Wochen komplett an der Schleppleine, wo ich außer dem Rückruf nichts trainiert habe, um sie erstmal ankommen zu lassen und besser kennen zu lernen.
Es hat sich ziemlich schnell rausgestellt, dass sie zwar eine ziemlich große Klappe hat, aber wenn sie dann mit der Sache konfrontiert wird, packt sie schnell ihre Koffer und geht
Das ist z.B. auch bei Katzen so - auf die ist sie ganz heiß, bellt und will hinterherrennen - aber wehe, es bleibt mal eine stehen und faucht! Dann ist das Jessalein plötzlich ganz miniklein mit Hut
Beim Pöbeln macht sie bei Hunden Unterschiede: größere sind schlimmer als kleine, Hunde die sie schon gut kennt, sind kein Problem. Sie wird da sicherlich mal entsprechende Erfahrungen gemacht haben...
Ich habe in der Anfangszeit erstmal alles mögliche ausprobiert: ignorieren und weitergehen, mich vor sie stellen und versuchen abzuschirmen, ablenken mit Futter(suche), schimpfen, gut zureden... hat alles mal besser und mal schlechter geklappt, aber letztendlich war nichts wirklich zielführend.
Im Freilauf ist sie übrigens deutlich entspannter - aaaber auch da ist es oft auch vom anderen Hund abhängig. Manchmal bellt sie auch und läuft darauf zu, manchmal rennt sie aber auch sofort weg. Aber in den meisten Fällen beschnüffeln sie sich kurz und dann möchte sie spielen
Mein Entschluss, eine Trainerin hinzuzuziehen stand fest, als sie mal im Reitstall durch den Zaun einen fremden Hund richtig vehement angebellt hat, nach einer Lücke zum Durchkommen gesucht und diese gefunden hat und sie dann trotz aller meiner Rückrufe zu dem Hund hin ist und ihm hinterghergelaufen ist, bis ich sie wutentbrannt irgendwann einsammeln konnte (ich war voll bepackt mit Sattel und Co., musste das alles fallen lassen, dann über Zäune und ne Mauer klettern und sie kam dann noch immer nicht auf Zuruf und ich musste bis zu ihr "kriechen", damit sie sich endlich fangen ließ ... sehr sehr peinlich, das andere Herrchen hat sich köstlich amüsiert
Ich möchte aber nochmal erwähnen, dass sie noch nie - und auch in diesem Fall nicht - auch nur gezwickt hat - sie macht immer viel Tamtam, aber letztendlich ist sie ein verträglicher Hund. Meine Hand dafür ins Feuer legen würde ich aber trotzdem nicht, dass sie nicht doch irgendwann mal was machen würde...
Jedenfalls habe ich dann die Trainerin kontaktiert (auf Empfehlung einer Nachbarin - ich kannte mich nämlich auch bis dato null aus), um natürlich was gegen die Leinenaggression zu tun, aber auch um den Rückruf nochmal besser zu trainieren. Damit ich in so eine Situation nie mehr komme
Wir haben dann die gleichen Empfehlungen wie für Pina bekommen: erstmal an der Leinenführigkeit und verbindlichen Orientierung am Menschen arbeiten. Allerdings haben wir auch ein Ziel genannt bekommen und auch die Gründe dafür, warum man erstmal nicht an der Leinenaggression selbst arbeitet, sondern diese Situationen solange mit ignorieren und weitergehen löst.
Ziel ist es, den Hund irgendwann in der verbindlichen Orientierung am Menschen an den anderen Hunden vorbeizuführen - natürlich OHNE Pöbeln
Solange aber die verbindliche Orientierung ohne Ablenkung noch nicht 100%ig sitzt, braucht man das gar nicht mit anderen Hunden zu versuchen.
Ich war aber auch sehr skeptisch und hatte nach unserem ersten Treffen ein merkwürdiges Bauchgefühl... Ich würde am liebsten einfach alles mit positiver Verstärkung und Wattebäuschen machen
Aber schon bei meinen Pferden habe ich gelernt, dass manche Dinge einfach verbindlich sitzen müssen. Schon allein der Sicherheit wegen.
Also habe ich mich darauf eingelassen und schon nach wenigen Tagen konnte Jessa ohne Ablenkung viele Meter verbindlich mit mir gehen. Wenn andere Hunde kamen, haben wir auch vorher aufgelöst und sind ohne Kommentar (von mir - sie hat natürlich kommentiert ) dran vorbei.
Die erste Hundebegegnung in der Orientierung haben wir dann mit der Trainerin gemeinsam absolviert. Es hat noch nicht auf Anhieb super funktioniert, aber sie hat mir auch noch ein zwei andere Möglichkeiten gezeigt, wie ich sie wieder schnell auf mich konzentrieren kann (außer dem Richtungswechsel, den wir bis dahin auch nur kannten). Bei Jessa hilft z.B. auch "Raum einnehmen" sehr gut. Wenn ich merke, sie ist abgelenkt und kurz vorm Pöbeln, dann mache ich einen großen Schritt seitlich vor sie und klopfe mir kurz auf den Oberschenkel, um direkt danach wieder einen Schritt in die andere Richtung zu machen und sie damit "einzuladen", mir wieder zu folgen. Das funktioniert ganz gut und "eigentlich" brauche ich das mittlerweile kaum noch
Für den Rückruf haben wir das "Nein" aufgebaut und ich muss sagen, dass es seitdem wirklich sehr sehr gut klappt mit uns
Nur das Alleinebleiben wird noch laaaange dauern... sie musste es in ihrem bisherigen Leben einfach noch nie lernen und sie ist sehr sehr gestresst, wenn wir uns nur schon fertig machen, ohne überhaupt aus der Tür zu gehen
Aber das wird bestimmt auch noch
Sorry für den langen Text, aber das passte gerade so gut zu unserer Geschichte und ich wollte zumindest aufzeigen, dass euer Weg mit der Trainerin auch ein Ziel hat und ihr jetzt nicht auf Dauer immer alle anderen Hunde einfach ignorieren und nichts tun sollt
Und ich freue mich, hier weiter mitlesen und eure Fortschritte verfolgen zu können! Und vielleicht den ein oder anderen Erfahrungsaustausch zu haben
Liebe Grüße von Caro