Hunde reagieren oft auf Trainer besser, weil die eindeutiger, verständlicher kommunizieren. Es wird ihnen einfach klarer, was sie sollen (und was nicht). Das ist ja auch ganz logisch, deshalb geht man ja auch zu einem Trainer - damit man selber besser mit seinem Hund kommunizieren lernt.
Das ist aber nur ein Teil.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Hunde Verhalten oft einfach nicht so schnell lernen oder generalisieren, wie wir uns das vorstellen. Wenn der Hund es beim Trainer verstanden hat, heißt das noch lange nicht, dass er es bei seinem Menschen kann. Oder dass, wenn er es an einem bestimmten Ort kann, dass er es an allen anderen Orten kann. Ich demonstriere das meinen Kunden immer so: ich shape (ich arbeite mit clickertraining) den Hund sich zu setzen - wenn das zügig klappt, und der Hund sich schnell setzt, nachdem er das Leckerchen aufsammeln gegangen ist, mache ich EINEN Schritt zur Seite und dann steht der Hund vor mir mit einem GROSSEN Fragezeichen in seiner Denkblase. Also shape ich wieder sitzen, bis es zügig und flüssig angeboten wird (er es offenkundig also "kann", gell) - dann mache ich wieder einen Schritt zur Seite - vielleicht mit einer achtel Drehung. Hund:
Was der Kunde bemerkt ist, dass der Hund nicht automatisch weiß, dass er 30cm weiter links das gleiche machen soll wie vor 30Sekunden.... Er sieht aber auch, dass der Hund immer schneller drauf kommt, was er machen soll. Und dann übt der Kunde es zu Hause und der Hund macht erstmal wieder: Aber dann ist der Mensch nicht beunruhigt - es ist einfach klarer, dass man das in der Situation nicht oder noch nicht genügend geübt hat. Hunde unterscheiden - dreißig cm weiter links ist nicht das selbe wie ein Schritt weiter rechts, dreißig Sekunden zuvor! So sind sie nun mal gestrickt. Leider wird ihnen oft unterstellt, dass sie "genau wissen was sie sollen, einem aber den Stinkefinger zeigen" - das ist nicht richtig. Wenn sie wissen, was man von ihnen will UND es sich für sie lohnt, dann machen sie, was man von ihnen will, soern nicht weitere Umstände es verhindern. Dazu später.
Erstmal zum Punkt: "Wenn es sich für sie lohnt".
Hunde machen, was sich lohnt. Bei einigen ist der Punkt, dass es sich lohnt sehr schnell erreicht. Ein paar Leckerchen und gute Worte reichen. Andere sind sehr eigenständig und arbeiten nicht für Mindestlohn. Mit anderen Worten - es lohnt sich für sie nicht wirklich. Und warum sollte man sich abschuften, wenn man nicht angemessen entlohnt wird. Was "angemessen" ist, bestimmt der Hund. Wenn der Mensch halt nicht angemessen "bezahlen" will, darf er dem Hund dafür nicht den schwarzen Peter zuschieben. Geiz ist nicht geil, sagt der Hund!
Und selbst wenn alles passt: Der Hund kann das Verhalten in jeder Lebenslage, er hat es sicher mit dem Signal verknüpft und er wird übertariflich (aus der Sicht des Hundes) bezahlt - es gibt immer noch Situationen, in denen das Signal übertrumpft wird von anderen Signalen.
Eine amerikanische Trainerin (ich glaub es war Nicole Wilde in ihrem Angstbuch, bin mir aber nicht ganz sicher) gibt dafür vergleichbare Beispiele aus dem Menschenalltag.
Angenommen, wir Autofahrer haben begriffen, dass "grüne Ampel" bedeutet: "losfahren"! Und wir fahren auch gerne los, denn wir wollen ja am Ziel ankommen und nicht an roten Ampeln stehen. Trotzdem gibt es Sitautionen, in denen wir das "losfahren" Signal missachten. Die folgende Liste ist aus dem Gedächtnis und daher bestimmt nicht vollständig. Falls wem also noch weitere Bespiele einfallen, weshalb man an einer ampel trotz "Grün" nicht losfährt, darf gerne ergänzen:
1. Man hat zwar "losfahren" gelernt, aber man hat es auf ebener Fläche gelernt und nicht au den Strassen von San Francisco, bergauf mit einer normalen Schaltung. Das Fahrschulauto hatte ausserdem Automatikschaltung. Man weiß dass man losfahren könnte, man will losfahren, man kann aber nicht, weil man in dieser Situation einfach noch nicht war.
Ein Beispiel aus der Hundewelt hatte ich schon oben beschrieben: der Hund hat das Verhalten eben doch noch nicht genügend generalisiert - er kann noch nicht "sitz", wenn andere Hunde um ihn rumsausen, oder andere sehr aufregende Sachen seine Aufmerksamkeit fesseln.
2. Steigerung davon: selber Voraussetzung UND hinter einem steht ein 350.000 € Auto - wenn man einen Fehler macht, rollt man möglicherweise rückwärts auf das Auto drauf und das wird teuer. Zusätzlicher Stress, Stress führt meistens nicht zur verbesserten sondern zur schlechteren "Signalausführung".
Hundeweltbeispiel: Er kann das Verhalten eigentlich, hat in der Situation aber vielleicht Angst, und kann deshalb das Verhalten nicht ausführen.
3. Technischer Fehler. Die Tankanzeige ist kaputt und jetzt steht man da mit leerem Tank, man weiß, dass man fahren könnte, man will fahren, aber hat einfach keine Energie mehr dafür.
Der Hund kann das Verhalten, aber er ist einfach zu müde, krank, verletzt um das Verhalten (noch einmal) auszuführen.
4. Man kann das Signal nicht wahrnehmen. Es kommt vor, dass die Sonne so in die Ampel reinscheint, dass man einfach nicht mehr erkennen kann, welches Signal gerade an ist.
Dem Hund ist nicht klar, welches Signal er befolgen soll. Der Mensch sagt verbal "Komm" aber seine Körpersprache sagt bleib weg...
5. Kleine Variante dazu - das Signal war so schnell da und wieder weg, dass man es verpasst hat.
Der Hund hat das Handsignal nicht gesehen. Der Hund hat das Verbale Signal nicht gehört, weil er sich auf entwas anderes konzentriert hat.
6. Ein wichtigeres Signal "überschreibt" das "Grün" - Die Ampel geht auf Grün, aber man hört die Sirene eines Rettungswagens - wenn man nicht sehen kann, wo der herkommt/wo er hin fährt muß man bleiben wo man ist.
Der Hund sieht/hört und versteht das Rückrufsignal seines Menschen, aber ein anderer Hund (z.B.) drängt ihn ab oder teilt ihm anderweitig mit, dass näherkommen eine blöde Idee ist.
7. Man bekommt Grün, aber der kreuzende Fußgänger ist noch auf der Fahrbahn, oder die Wagen aus der anderen Richtung haben die Kreuzung noch nicht verlassen, oder ein verrückter anderer Fahrer brettert ungebremst auf die Kreuzung zu. Oder ähnliches.
Der Hund möchte das Signal gerne ausführen, aber der höfliche Hund möchte sich nicht auf den anderen Draufsetzen, möchte den anderen Hund nicht umrennen, oder selber umgerannt werden.
8. Man hat einen Krampf im Bein.
Der Hund wird von einem Floh gebissen/von einer Distel gepiekst, tritt auf irgendwas scharfes und wird dadurch unterbrochen, dass Verhalten auszuführen.
Wie schon gesagt, fehlen bestimmt noch ein paar gute Beispiele.
Bei Menschen gibt es noch "ich fahr nicht los, nur um den Hintermann zu ärgern!" Dieses Motiv Hunden zu unterstellen ist meiner Meinung nach Vermenschlichung des Hundes, denn warum sollte es für den Hund erstrebenswert sein, seinen Menschen sauer auf sich selbst zu machen??