Ich finde dieses Thema ungemein spannend, vor allem weil ich angehende Philosophie/ Ethik Lehrerin bin und es zukünftig meine Aufgabe sein wird solche Dilemmata als Denkanstöße in den Klassenraum zu werfen. Ähnliche Diskussionen finden gerade in der Bioethik Debatte statt, die Auswirkungen auf die Politik haben.
Mein erster Schritt ist, das Dilemma zu konkretisieren:
Ich kann entweder nur den Hund oder nur den Menschen retten. Jede Entscheidung ist zu 100% erfolgreich.
Jetzt befinden wir uns in der Ethik, also können wir nicht von absoluten Wahrheitswerten ausgehen.
Da ich keine feste Meinung dazu habe, liste ich einfach mal meine Gedanken dazu auf:
1. Die graduelle Wertung von Lebewesen finde ich sehr schwer. Intuitiv sagt man, dass ein Mensch einen höheren Wert hat als ein Tier. Warum? Einen Wert kann man sich verdienen, ihn anhand von Spezieszugehörigkeit oder auch von Eigenschaften zuschreiben. Typischer weise sagt man, dass der Mensch durch seine Vernunftsfähigkeit einen intrinsischen Wert hat, die Vernunft erhebt uns aus der Tierwelt, wir können Normen aufstellen, abwägen und verteildigen. ABER: Nicht jeder Mensch hat eine Vernunft, Föten, Kleinkinder, geistig Behinderte... etc. schließt man dann aus. Die Biowissenschaften reduzieren den Unterschied zwischen Mensch und Tier zusehens, von einer schrittweisen Abstufung kann man nicht mehr reden. Also wo ziehen wir die Grenze?
2. Eine subjektive Kosten- Nutzen Kalkulation ist hierbei nicht hilfreich, weil man ja eine Situations übergreifende, allgemeine Lösung finden möchte.
3.Ethik besteht ja nicht nur aus Ansprüchen, sondern auch aus Pflichten. Tiere können zwar indirekt auch Ansprüche formulieren (Recht auf Artgerechte Haltung,...) aber keine Pflichten gegenüber anderen Lebenwesen umsetzen. Das spricht aber für eine exklusive Ethik, die Tiere nicht in ihren Schutzkreis aufnimmt. Demnach wäre es ethisch nicht vertretbar den Hund zuretten, weil er ihr außen vor steht.
4. Unsere emotionalen Beziehung zu Menschen und anderen Lebenwesen dürfen wir auch nicht einfach zugunsten eines praktischen Kalküls missachten. Denn gerade unsere Empathievermögen ist mit unter die Ursache für jedes moralische Handeln. Typischer Weise konzentrieren wir uns oft bei Dilemmata auf unser intuitives Bauchgefühl. Wenn man nun aber allgemein fordert, dass ein Menschenleben einen höheren Wert als ein Tier hat, müsste man auch notwendiger Weise zustimmen, wenn von uns gefordert wird unseren Hund zu opfern, um einen Komapatienten, der "Hirntot" ist am Leben zu erhalten (fiktives Beispiel) oder statt Geld für Hundefutter auszugeben, ein Essenspaket für hungernde Kinder abzuschicken.
Ich könnte jetzt ewig so weiter machen, weil ich diese Debatten seit Jahren intensiv verfolge.
Dawn