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Balu ist jetzt 5,5 Monate alt und neben ein paar (in meinen Augen aber durchaus entscheidenden) Baustellen, ist er ein toller Hund ... allerdings bilde ich mir ein, dass er jetzt erste pubertäre Ansätze zeigt.
Heute hatte er z. B. einen Angst"anfall". Er ist sonst ganz cool, aber heute Morgen hatte er Angst vor einer Frau mit Kinderwagen. Er bellt so gut wie nie, aber heute hat er sie von weitem schon gesehen, den Schwanz eingekniffen und als sie in unsere Nähe kam, hat er leise vor sich hin gewufft. Das war kein echtes Bellen und hat die Frau zum Glück nur zum Schmunzeln gebracht, aber mein Freund war kurz davor, ihn schnell ins Haus zu bringen, weil er nicht wollte, dass Balu am Ende noch lautstark den Kinderwagen anbellt. Ich habe ihn davon abgehalten, denn Balu vor solchen Situationen zu verschonen, kann ja auch nicht der Sinn der Sache sein. Nach dem Kinderwagen-"Vorfall" war er anschließend völlig verwirrt und ist ca. 2 Stunden mit eingeklemmtem Schwanz fiepend durch die Wohnung gelaufen und hat auf jedes Geräusch gelauscht. Als Welpe konnte am Bahnhof ein Güterzug ungebremst neben uns durchfahren und er hat nicht mal mit der Wimper gezuckt. Jetzt ist er wieder ruhig und liegt entspannt auf meinen Füßen.
Dann haben wir die Baustelle "Ich habe alle Leute lieb und zwar alle gleich lieb, keinen lieber als den anderen". Er ist immer freundlich und will (bis auf die Frau mit dem Kinderwagen ) jeden Menschen und jeden Hund kennen lernen, anspringen und in sein Herz schließen. Besucher begrüßt er so überschwänglich wie uns, wenn wir mal weg waren. Wir geben uns konsequent große Mühe, dass er uns nicht anspringt. Wir drehen uns sofort weg, erstarren zum Baum und er weiß es grundsätzlich, denn er bleibt auch oft wie angetackert mit allen vier Pfoten auf dem Boden und kommt fast um vor Zuneigung für uns. Aber das Anspringen wird langsam störend. Anfangs haben alle Fremden immer schön "ach, ist doch nicht schlimm ... das ist ja noch ein Welpe" gesagt und jetzt merkt man, dass sie Respekt vor ihm haben und sie uns insgeheim Vorwürfe machen. Wir halten ihn schon so gut wie möglich von anderen/fremden Leuten fern. Aber er soll es lernen und soll einfach cool bleiben, wenn wir Besuch bekommen.
Das ist ja generell nett, dass er grundsätzlich lieb und freundlich ist. Und besser als ein Hund, der alle eher aggressiv ist, aber wenn wir mit mehreren Menschen und deren Hunden spazieren gehen, guckt er nicht explizit wo ich bin, sondern es reicht ihm, dass da irgendwelche Menschen sind. Letzte Woche wurde in der Hundeschule eine Gasse gebildet, durch die die Hunde abgerufen werden mussten. Er ist von der Trainerin aus wie der Blitz auf mich zu gerannt. Dann sollten wir ohne Leine zusammen zur Trainerin zurück laufen. Ähm. Er hat es drei Meter geschafft, dann hat sich neben uns einer der anderen Hunde bewegt und schon war ich vergessen. Balu ist dann schön einmal zu jedem hingerannt und hat die Leute und die Hunde begrüßt. Um keine Hetzjagd zu starten, sollte ich das Gelände verlassen. Das habe ich gemacht und das hat ihn so gar nicht gejuckt. Er hatte ja genug andere Menschen.
Wir trainieren das Achten auf uns von Anfang an bei jedem Spaziergang und er guckt dann auch permanent, wo wir sind und dass er uns nicht aus den Augen verliert, wenn er frei laufen darf. Er guckt teilweise mehr zu uns hoch, als dass er nach vorne guckt und schaut, wo er hinläuft. Aber sobald mehr als zwei andere Menschen dabei sind, ist ihm egal, zu wem er offiziell gehört. Wir füttern ihn jetzt nur noch per Hand, aber während wir in größeren Gruppen sind, weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie ich ihn zuverlässig davon überzeugen kann, dass ich der spannendste Mensch für ihn sein sollte.
Die Hundetrainerin meint, dass er im Grunde unsicher ist. Er ist z. B. trotz ihrem und meinem Zureden und Superleckerlie nicht über eine Wippe gelaufen, sondern nur bis zur Mitte gegangen, dann seitlich runtergesprungen. Mit meinem Freund kraxelt er auf große Baumstamm-Haufen. Das Weglaufen nach dem Abrufen und die fehlende Fokussierung auf mich, das Anspringen zur Begrüßung und die heftige Begrüßung aller deutet sie als Unsicherheit. Ich möchte Balu helfen, nicht mehr unsicher zu sein. Aus dem Grund haben wir ihn am Anfang ja schon auf alles vorbereitet, was uns eingefallen ist (Bahnhof, Stahltreppen, Baumstämme, viel befahrene Straßen, Familienfeiern etc.). Jetzt hat er plötzlich Angst?
Dann haben wir noch ein Leinenführungsproblem. Er geht sowas von lieb an der Leine, wenn ein Leckerlie winkt oder man ihn dafür regelmäßig mit "super" oder "fein" lobt. Er ist generell bei den ganzen Sitz, Platz, Aus, Bleib, Fuß, Einparken-Übungen der perfekte Musterschüler in der HuSchu. Sobald man ihn draußen aber einen Moment mal nicht explizit lobt, oder wenn er nicht hören will (was in den letzten zwei Wochen durchaus vor kommt), prescht er vor und zieht. Stehenbleiben, Richtungswechsel ... machen wir alles konsequent. Aber es ist sofort vergessen, wenn wir danach wieder drei Meter gelaufen sind oder halt über eine längere Strecke kein permanentes Lob kommt. Er merkt sich einfach nicht, warum er gelobt wird, wenn er bei Fuß läuft.
Und: wenn wir bei der HuSchu ankommen, ist er kaum zu halten, weil er zu den anderen Hunden will. Es dauert schon ein paar Minuten, bis er sich auf mich konzentriert. Am Ende der Stunde können wir brav durch das Gatter der Wiese gehen, aber am Anfang hänge ich hinter ihm und er steht in der Leine, weil er so schnell wie möglich zu den anderen will. Das ist ziemlich anstrengend, aber dafür machen wir ja die HuSchu.
Also eine generelle Unsicherheit, Anspringen, alle Leute gleich lieb haben und Leinenführigkeit sind unsere Baustellen. Wem dazu etwas einfällt: ich bin für Tipps dankbar.