Es gibt für mich definitiv Hunderassen, die schwieriger zu lenken sind als andere. Trotzdem ist mir ein Anfänger, der sich genau mit der Hunderasse auseinander setzt hundertmal lieber, als einer, der einfach nur nach Aussehen entscheidet. Man muss wissen, was man sich ins Haus holt. Trotzdem kann man überrascht werden- so ist es auch mir passiert. Und dann muss man flexibel genug sein, um sich umzustellen.
Bei mir war die Situation so, dass mein Hund als 'Labrador Australian Shepherd Mix' angesehen wurde. Den Papa hatte ich gesehen, und der war zweifelsfrei ein Aussie. Es war ein Notfall, und ich war durchaus bereit, mich mit den Eigenheiten der Rassen zu beschäftigen. Meine ganze Jugend hindurch hatte ich einen Malinois, und so hatte ich schon Erfahrungen damit, wirklich mit einem Hund zu arbeiten. Als ich also das Welpi mitnahm, erwartete ich vieles. Hütetrieb, Jagdtrieb, evtl. auch Bellfreudigkeit und Nervosität, aber auch eine Menge Intelligenz. Ich wusste, ich hole mir keinen Hund ins Haus, der den lieben langen Tag auf der Couch liegen will. Und obwohl ich die Mischung explosiv fand wollte ich es wagen. Später hörte ich dann, dass es noch andere Interessenten gab- eine junge Familie mit zwei sehr kleinen Kindern, wo der Hund als reiner Familienhund und Schmusebacke leben sollte. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie froh ich heute bin, dass Robbie nicht dort gelandet ist. Denn es kam nach ein paar Monaten raus, dass Mami nicht Labrador war- sondern Kangal. Nach zwei Jahren kam es quasi über Nacht, ein Verhalten entwickelte sich, mit dem ich bis dahin nicht gerechnet hatte- mein Hund wurde von jetzt auf gleich territorial, bekam ein Rüdenproblem, großen Willen zur Kontrolle und entwickelte Schutztrieb.
Heute hat er 72cm Schulterhöhe und wir haben all diese Sachen im Griff. Aber auch nur, weil wir beständig daran arbeiten und ich mich der neuen Situation angepasst habe. Wer im passenden Moment nicht angefangen hätte, gegenzusteuern- der hätte heute eine reißende Bestie an der Leine und sollte sie ganz bestimmt nicht in die Nähe von Kindern lassen. Zu meinem großen Glück ist noch etwas vom Aussie in meinem Hund- der Will to please. Glücklicherweise ist es zuallererst auf mich bezogen und will mit mir arbeiten, und nicht selbstständig agieren. Nur hin und wieder glaubt er eben, die Kontrolle übernehmen zu müssen (nicht bei mir, aber bei meinem Mann, der sehr viel zurückhaltender und sanfter ist- da bricht dann der Schutztrieb durch). Es ist dann ganz wichtig, ihm diese Verantwortung zu nehmen. Aber wirklich sinnvoll arbeiten kann und wirklich sinnvoll unter Kontrolle habe nur ich den Hund. Und das hätte ich mir wirklich nicht in einer Familie mit kleinen Kindern vorstellen wollen. :/
Und daher finde ich es vor allem wichtig, dass ein Anfänger sich gut informiert und dann auch vor allem flexibel bleibt. Ich finde sowieso, dass mit ausnahmslos jedem Hund gearbeitet werden sollte, und sei es nur gegen die Langeweile. Allerdings würde ich einem Anfänger trotzdem von bestimmten Rassen abraten, die nicht zu seiner Lebenssituation passen. Manche Rassen verzeihen da einfach mehr als andere. Ich würde einem Anfänger nie einen 'Sportwagen' unter den Hunden empfehlen. Wozu muss es unbedingt ein Arbeitshund als Familienhund sein? Ich würde, ausser spezielle Lebenssituationen liegen vor, per se von Spezialisten abraten (HSH, Jagdhunde, Schlittenhunde, Windhunde und auch Border! Gerade letztere brauchen etwas anderes als nur am Kinderwagen hinterher zu trotten).