Ok, vielleicht war das, was ich geschrieben habe nicht immer gut verständlich. Das liegt wohl auch daran, dass verschiedene "Fälle" vermischt werden. Ich versuche es nochmal zu erklären und hoffe ihr merkt, dass ich keinem Hund was böses will...
Fall 1 -ein Welpe zieht ein
Ein Welpe ist in der Prägungsphase und somit am leichtesten daran zu gewöhnen, dass sich Menschen seiner Beute nähern. Ich gehe zum Napf, gib manchmal was dazu, streichel ihm beim Fressen über den Kopf -er merkt ich mache ihm nichts streitig. Ich kann auch ein paar Brocken rausnehmen und wieder reinlegen, weil er mit mir sein Futter teilen würde. Meine Kinder dürfen das auch MAL machen, damit er merkt, dass nichts schlimmes passiert, wenn jemand zu seinem Futter geht. Ich hatte bisher 3 Welpen Zuhause -war nie ein Problem und sie wussten von Anfang an, dass nichts schlimmes passiert, wenn jemand zu seinem Napf geht. Fremde (also Leute die ich kannte aber der Welpe nicht) durften auch zu ihm hin und ihn streicheln oder mit ihm spielen während er auf nem Leckerli kaut -somit sind Fremde in der Nähe seiner Beute auch nicht schlimm.
Fall 2 -ein älterer Hund zieht ein
Das kam bei mir bisher 2 mal vor. In beiden Fällen war es so, dass ich den Hund erstmal ankommen lasse und er merken muss, dass es hier keinen "Futternotstand" gibt. Danach muss geschaut werden ob bzw wie der Hund reagiert, wenn man sich ihm nähert beim Fressen.
Janka (Husky) hat Zähne gezeigt, sobald man näher als einen Meter kam -also hab ich sie erst NUR aus der Hand gefüttert. Danach "in der Nähe" meiner Hand -somit merkte sie "eine Hand an meinem Fressen ist nicht schlimm". Somit war es auch bald kein Problem mehr zu ihrem Napf zu gehen -bei Knochen oä hat es genauso geklappt. Und wenn ich ihr dann doch was weggenommen habe -aus welchem Grund auch immer- hat sie nur neugierig geschaut. Bei "Fremden" habe ich es genauso gemacht.
Es gab lediglich EINEN Zwischenfall. Meine Nachbarsoma kam rüber -sie war wirklich schon sehr alt- Ich saß mit ihr im Wohnzimmer und hab mich mit ihr unterhalten (sie war sehr einsam) als sie einen Kaffee wollte ging ich in die Küche um ihn aufzusetzen. Die Oma marschierte durch die Wohnung und sah Janka im Arbeitszimmer an nem großen Rinderknochen kauen. Ich ging gerade durch den Flur und sah überrachterweise die Oma mir mit Jankas Knochen entgegenkommen. Janka schaute verwirrt und zwickte die Oma in den Po -es tut mir leid, aber ich fands lustig! Die Oma sagte nur "Huch, was will sie denn???" und ich sagte nur "Na ihren Knochen". Ich gab Janka ihren Knochen wieder und seitdem mochte Janka diese Oma nicht mehr. Diese Oma wollte bestimmt nichts böses -hatte nur einfach keine Ahnung. Ich sagte ihr sie solle Janka in Ruhe fressen lassen, doch sie ging wieder hin um sie zu streicheln -als sie sich näherte hat Janka die Zähne gefletscht -das hatte sie bis dahin schon ewig nicht mehr gemacht! Die Oma sagte "Sie lächelt ja!" -Auch das fand ich lustig... Ich nahm die Oma am Arm und ging mit ihr in ihre Wohnung -seitdem haben wir immer bei ihr Kaffee getrunken. Hätte diese Oma das gemacht kurz nachdem ich Janka bekommen habe, wäre das ganze verdammt übel ausgegangen!
Laila verlor ihre Futteraggression ganz von allein, als sie merkte, dass es hier genug Futter gibt. Sie reagiert auf nichts mehr aggressiv. Weder bei mir noch bei den Kindern oder sonstwen. Selbst Spike dürfte mit ihr aus einem Napf fressen -und bei ihm hat sie am Anfang stark reagiert -er musste nur im selben Zimmer sein.
Fall 3 -Problemfälle im Tierheim
Ich habe 12 Jahre im Tierheim gearbeitet und war dafür zuständig die Neuankömmlinge "familientauglich" zu machen. Hier auf jeden eizelnen Fall einzugehen wäre unmöglich. Es gab einige Hunde die extrem Beuteaggressiv waren. Aber im Grunde lief es ähnlich: Erstmal ankommen lassen und zeigen, dass es genug Futter gibt. Dann nur aus der Hand füttern. Bei solchen Hunden war es schon ein riesen Fortschritt ihm dabei über den Kopf streicheln zu dürfen. Aber es war steigerungsfähig und ich durfte auch bei diesen Hunden -mal früher, mal später- zum Leckerli/Futter/Knochen gehen. Die meisten liessen irgendwann auch Fremde (andere Angestellte des TH) ran -nachdem das intensiv geübt wurde. Bei wenigen war es so, dass sie unterschieden -es durften nur die Leute ran, mit denen auch geübt wurde -das waren zum Schluss 13 Mann, aber trotzdem reagierte der Hund bei jedem fremden Menschen wieder aggressiv. Diese Hunde blieben in der Regel sehr lang im TH, da sie in keine Familie mit Kindern durften und in erfahrene Hände mussten. Wurde doch ein evtl neues Zuhause gefunden, wurde mit dem Interessenten geübt, damit er auch hin durfte. Erstens, damit es da keine Vorfälle gibt und zweitens damit der neue Halter SIEHT wie dieser Hund reagieren kann -das fand ich sehr wichtig, damit er sieht, dass er darauf achten muss, dass sich kein Fremder dem fressenden Hund nähert.
Ich wäre niemals auf die Idee gekommen einem Hund der aggressiv reagiert was "besseres" anzubieten -also zu tauschen, weil er es im ersten Moment wohl eher als Belohnung für sein Verhalten gesehen hätte. Ich wollte nicht, dass er verknüpft "Wenn sich mir ein Mensch beim Fressen nähert, gibt es was besseres", weil er sich irgendwann verarscht vorkommt, wenn er plötzlich nichts besseres mehr bekommt.
Natürlich arbeite ich viel mit Leckerlis/positiver Bestärkung -aber das bei der Erziehung (Sitz, Fuss laufen) Wenn der Hund ein Komando befolgt, gibts ein Leckerchen. Nicht aggressiv zu reagieren sollte keine erwartungshaltung zur Folge haben, sondern für den Hund einfach "Normal" werden. Er soll merken, dass das nicht schlimm ist -und nicht ein Leckerli erwarten.
Warum? Jeder kennt das -Hunde machen Rückschritte. Man bringt einem Hund ein Komando bei -das funktioniert wunderbar. Irgendwann gibts dafür keine Belohnung mehr und irgendwann KANN es sein, dass man es nochmal festigen muss -mit Leckerchen. Stellt euch einen solchen "Rückschritt" bei Beuteaggressiven Hunden vor!
Natürlich kann man es nie ausschliessen, dass es zu Zwischenfällen kommt, aber die Gefahr wird minimiert.
Ich denke auch, dass mich die Erfahrungen in diesem TH geprägt haben -mir reichte es nicht, dass die Hunde bei MIR nicht aggressiv reagierten -ich MUSSTE sie ja darauf vorbereiten, dass sie zu "fremden" kommen und wollte sie bestmöglich darauf vorbereiten.
Und bei mir Zuhause ist es mir genauso wichtig, weil hier viele Menschen ein und aus gehen und ich kann meine Augen nicht immer überall haben. Natürlich dürfen meine Hunde in Ruhe fressen und in der Regel werden sie auch nicht gestört -weil ich das nicht will.