Hey
Da ich gerade erst anfange den Thread zu lesen, Rudeldiskussionen aber in aller Regelmäßigkeit in Foren neu behandelt werden und nicht so einfach abzuklären sind würde ich gerne mal vorab, etwas dazu anmerken.
Rudel soll ursprünglich ein Begriff aus der Jägersprache sein, der nicht nur im allgemeinen Sprachschatz verankert ist und da sehr ungenau Verwendung findet, sondern auch in der Verhaltensbiologie gebräuchlich ist und hier versteht man darunter ein Rudel ist ein (Groß-) Familienverband.
Familie, geht man davon aus, kann Verwandtschaft sein, aber auch sich fremde Individuen, bei den Wölfen eine Gründerfamilie (Inzest/Inzuchtvermeidung), sind Wolf und Wölfin in aller Regel, nicht miteinander verwand und werden zu einem Rudel formiert.
Zum Thema:
Sind Hunde Rudeltiere?!
Ist eine Frage, die sich nicht eindeutig mit JA oder NEIN beantworten lässt.
Das ist soweit wahrscheinlich für niemanden etwas Überraschendes.
Deshalb ist für mich die Frage daher ein kleinwenig anders gelagert und lautet.
Sind Hunde (noch) rudelfähig?! Oder salopper können Hunde noch Rudel?!
Daes heute z. B. Rassen gibt, die noch enger mit dem Wolf verwandte sind als andere, Saarlouis oder TWH, können wir davon ausgehen, dass diese Hunde, wenn überhaupt, wahrscheinlich am ehesten noch Rudel können.
Bei allen anderen lässt sich feststellen, dass es sehr schwierig scheint, noch rudelfähig zu sein und/oder zu werden.
Warum ist das so?
Dazu sollten wir mal ein Kaniden-Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit zurate ziehen, nämlich, das russische Evolutionsexperiment mit Silberfüchsen. Wer schon einmal davon gehört hat, weiß, was es damit auf sich hat.
Die Ausgangssituation:
Silberfüchse sind als erwachsene Tiere Einzelgänger, die nur für kurze Zeit zur Paarung zusammenkommen. Ansonsten sind sie sehr unverträglich mit anderen Silberfüchsen, was ihrer solitären (einzelgängerischen) Lebensweise geschuldet ist.
Zum Experiment und ihrem Ergebnis:
Die russischen Forscher haben, Silberfüchse miteinander gepaart und per Test die Welpen herausgesucht, die sich dem Menschen gegenüber bei Berührung weniger aggressiv verhalten haben.
Anschließend wurden diese inzwischen geschlechtsreifen ausgewählten Silberfüchse per Selektion (künstliche Zuchtwahl), wieder miteinander verpaart und wiederum die am wenigsten Aggressiven ausgewählt usw.
Domestikation:
Nach ca. 40 Jahren, hatten die russischen Forscher Silberfüchse durch „künstliche Zuchtauswahl“, zu nicht nur Hand-Zahmen, sondern auch geselligen, die menschliche nähe suchende und untereinander „sozialverträgliche“ Tieren gezüchtet.
Mit dieser Vorgehensweise eng verbunden, war außerdem, eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes dieser domestizierten Silberfüchse, ihre Größe änderte sich, so gab es welche mit langen oder kurzen Beinen, mit Schlappohren, unterschiedlichen Fellfarben usw.
Wenn man dabei bedenkt, dass die russischen Forscher nur nach einem einzigen Merkmal selektierten, Zahmheit, so gab es doch sehr viele andere Merkmale, die sich parallel mit veränderten.
Zurück zum Hund:
Das mit den Silberfüchsen ist vom Prinzip her vergleichbar mit dem, was in der Domestikation unserer Haushunde, allerdings über einen viel längeren Zeitraum geschähen sein muss, mit all seinen heutigen Erscheinungsformen.
D. h., nicht nur der Phänotyp, also das Erscheinungsbild des Hundes und sein (sozial) Verhalten haben sich gravierend verändert, sondern auch nachgewiesener maßen, ein sehr kleiner Teil seines Genotyps.
Sodass Wölfe und Hunde immer noch zu einer Bio-Art gezählt werden können, dass bedeutet, sie sind uneingeschränkt in der Lage sich zu verpaaren.
Ein weiteres Beispiel hat und die Haustierforschung von Frau D. U. Feddersen-Petersen, gegeben, indem sie bei ihren Wölfen, Hunden und Hybrid-Experimenten aufzeigen konnte, dass Hunde nicht mehr wie Wölfe Rudelbilden können.
Z. B. hätten die Hunde und ihre Hybriden, die Wölfe in der Gruppenhaltung dominiert.
Ein wesentlicher Grund, so meine Vermutung, dass Hunde sich mit Rudeln schwer tun, könnte sein, dass Hunde das ganze Jahr paarungsbereit sind.
Während bei den Wölfen, die Brunst für Männchen genauso gilt wie für die Weibchen, denn was wir nicht vergessen dürfen, ist, dass die Fortpflanzung das wichtigste Bestreben für das Überleben einer Art evolutiv darstellt.
Ich selbst, das ist natürlich nicht repräsentativ, habe über viele Jahrzehnte Mehrhundehaltung praktiziert und konnte keine wirkliche Rudelbildung feststellen, sogar bei meinen Schlittenhunden (A. M.), die einen echten Familienverband (Rudel) waren.
Ihr wichtigsten Sozialpartner waren wir Menschen.
Fazit:
Hunde sind für mich nur noch rudimentär zur Rudelbildung in der Lage.
Denn Rudelleben muss auch gelernt werden, dazu braucht man aber ein halbwegs intaktes Rudel, das seine rudeleigenen Traditionen weitergeben kann und muss.
Es gilt immer noch der evolutions-biologische Grundsatz:
Genotyp + Epigenetik + Umwelt = Phänotyp (äußeres Erscheinungsbild, Verhalten usw.)
… der Mensch hat das Sozialverhalten von Hunden tief greifend verändert (D. U. Feddersen - Petersen).