Ich lasse meinen Junghund laufen. Ohne Schleppleine. Mein Hund ist in seinem jungen Alter natürlich noch nicht zu 100% abrufbar.
Statt meiner Hündin mit der Schleppleine zu Leibe zu rücken, setze ich darauf, meinem Hund verständlich zu machen, dass er sich an mich zu halten hat und keines Falls anders rum, dass er ohne Rückendeckung darsteht, wenn er sich vom "Rudel" entfernt.
Ich habe den Vorteil, dass es in unserem Umfeld viele weit einsehbare Gebiete ohne drohenden Strassenverkehr gibt. Dort kann ich meinen Hund gefahrlos ableinen.
Mein Hund (Deutsche Dogge) macht es mir aber sicherlich auch einfach. Sein natürlicher Radius ist nicht sonderlich gross. Vielleicht 30 Meter. Zudem ist es ihm durchaus wichtig, den Anschluss an seine Menschen nicht zu verlieren. Situationen in denen ich nach rechts gehen möchte und mein Hund ignorant weiter geradeaus läuft und sein Ding macht, gibt es nicht. Guter Hund.
Ich habe das von Anfang an für mich ausgenutzt. Wenn mein Hund abgelenkt ist, suche ich mir gern ein nettes Versteck. Armer Hund, hat nicht aufgepasst, jetzt ist der Mensch weg. Und da mein Hund, obwohl wir Schnüffelspiele spielen, zu doof ist, seine Nase auch im Ernstfall zu benutzen, um mich aufzuspüren, sucht er dann erstmal eine Weile. Die Wiedersehensfreude ist danach auf beiden Seiten riesig.
Mittlerweile klappt das mit dem Verstecken kaum noch, was ich als Erfolg verbuche. Hundi hat ein Auge oder Ohr auf mich und bekommt es mit, wenn ich versuche abzuhauen. Dann rast sie mit diesem "Hab-ich-Dich-erwischt"-Blick auf mich zu und freut sich 'nen Keks über ihren Erfolg.
Mein Hund weiss, dass ich mich nicht um seinen Verbleib schere (stimmt zwar nicht, aber ich konnte ihm das glaubhaft vorgaukeln). Entfernt er sich unerlaubt von mir, brülle ich ihm nicht nach, laufe ich ihm nicht nach, ich warte nicht auf ihn. Ich rufe einmal oder auch nicht und gehe gelassen weiter meines Weges. Mich zu überwinden, mich so zu verhalten, war das Schwierigste an der ganzen Sache. Es ist aber sicherlich der Grund, aus dem ich mich auf meinen Hund verlassen kann.
Kürzlich beim Spaziergehen lief ein mittelgrosser Hund auf uns zu, war wohl ausgebüxt. Er sah meine grosse Hündin und trat sofort den Rückzug an. Dem Reiz, einem plötzlich vor ihr auftauchenden Spielgefährten nachzulaufen, konnte meine Lütte nicht wiederstehen. Ich habe sie einmal gerufen und bin dann ohne mich umzudrehen weitergegangen. Nach kaum 10 Sekunden war sie wieder da.
Wie eingangs geschrieben hört meine Hündin noch nicht perfekt auf den Abruf, denn das würde bedeuten, dass sie auf mein Wort hin sofort umdreht. Aber ich kann mich darauf verlassen, dass sie nicht stiften geht, dass sie sich für mich entscheidet und ganz, ganz schnell zurück kommt. Obwohl sie ein pickliger Teeny mit nix als Flausen im Kopf ist, hat sie doch ihre Prinzipien.
Auch mein Hund ist nur einmal Kind und er soll gern die Welt - jetzt wo er sie so intensiv wahrnimmt und sie so spannend vor ihm liegt - frei und neugierig erkunden dürfen. Dafür, dass ihm dabei nichts passiert, sorge ich, schaffe die nötigen Vorraussetzungen, gebe seinem Erkundungsdrang einen angemessenen Rahmen. Das ist meine Aufgabe - finde ich.