Hallo :)
Gestern hatten wir ein ganz besonderes Erlebnis:
Wir waren bei Tanja Askani in der Lüneburger Heide und durften die Hudson-Bay-Wölfe Noran, Nanuk und Naaja hautnah erleben.
Tanja hat diese Wölfe mit der Flasche aufgezogen. Noran und Nanuk sind Nachzuchten von Gehegewölfen, Naaja ist ein "echter" kanadischer Wolf.
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Es gibt auch eine Gruppe europäischer Grauwölfe (4). Zu denen durften wir aber nicht rein.
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Die Chance, eine Wolfsexpertin zu interviewen, die seit über 20 Jahren Wölfe aufzieht und täglich mehrere Stunden im Wolfsgehege verbringt, wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen....
Folgende Infos fand ich persönlich super spannend und will sie euch natürlich nicht vorenthalten: Tanja Askani sagt:
Wölfe rangeln entweder spielerisch miteinander oder versuchen, sich gegenseitig zu töten. Dazwischen gibt es nichts. "Gewalt" als "Strafe" kennen Wölfe untereinander NICHT. Auch der vielzitierte "Schnauzgriff" ist eine Spielerei... und hat nichts mit Strafe oder Rangordnung zu tun.
Ich konnte am eigenen Leib spüren, dass das, was sehr brutal und grantig aussieht, wohldosiert und nie (absichtlich) schmerzhaft ist. (Okay, ein paar Macken hab ich davongetragen)
Es gibt allerdings eine sehr klare Kommunikation. Ich kann euch sagen, wenn zwei Wölfe direkt neben deinem Ohr, anfangen, sich anzuknurren und anzugiften... das ist sehr KLAR und DEUTLICH.
Wenn ich zum Beispiel Leckerchen verteilt habe, haben die Wölfe entschieden, wer das nächste bekommt. Das war keineswegs immer der selbe... sondern meist der, der zufällig zuerst gesehen hat, dass ich ein Leckerchen habe. Das wurde von allen schlicht akzeptiert. Nur ein einziges mal hat einer kurz "gesagt": "Ey, das hab ich zuerst gesehen!" ... eine halbe Sekunde knurren... und gut wars...
Tanjas Wölfe sind nicht, wie in einem echten Rudel, miteinander verwandt. Dennoch haben sie die gleiche "Mutter", nämlich Tanja, die sie alle aufgezogen hat. Wahrscheinlich ermöglicht das die aussergewöhnliche "Rudelbildung" in dieser Gehegehaltung. Tanja ist das Verbindungsglied.
Die Frage nach dem Alphawolf beantwortet Tanja mit: "Alpha, Beta, Omega... ich weiß nicht, was das sein soll, das ist doch Quatsch. Es gibt Papawolf und Mamawolf und ihre Kinder. Punkt."
Die Tiere in ihren Gruppen haben unterschiedliche Charaktere und sind nicht jeden Tag gleich drauf... Sie würde keine feststehende "Führungsrolle" bei ihren Tieren festmachen wollen. Auch sie selbst meint, eher eine "Besucherin" für die Tiere zu sein... natürlich eine wohlbekannte... aber kein Teil der Gruppe und schon gar kein "Alphatier". "Ich bin Mensch und Wolf ist nicht doof" sagt sie in ihrem sehr sympathischen tschechischen Akzent.
Manche Besucher sind erstaunt, dass sie so einfach von dem einem Gehege ins andere wechselt. Tanja sagt, das ist gar kein Problem. Sie riecht für die Wölfe immer erkennbar, selbst, wenn sie ihre Kleidung 5 mal wäscht, in Lenor ertränkt und eine Woche draußen auslüftet, riechen die Wölfe noch, was sie eine Woche vorher mit dieser Kleidung gemacht hat. Sie hat noch nie eine Reaktion bemerkt, wenn sie ein neues Parfüm oder Duschgel benutzt hat. Auf die Idee, je nach Wolfsgruppe die Kleidung zu wechseln, wie es wohl andere "Wolfsleute" tun, ist sie noch nie gekommen.
Sehr schön fand ich folgende Geschichte: Ein junger Vater erzählte, dass einer der Wölfe seine etwa 3jährige Tochter durch die Sicherheitsscheibe sehr intensiv betrachtet habe und darauf hin begann, zu springen und zu hüpfen, "als wolle er mit der Kleinen spielen". Da kam ein zweiter Wolf dazu und der knurrte das Kind an. Daraufhin habe der erste Wolf das Kind "beschützt" und den anderen Wolf weggejagt.
Tanja darauf ganz cool: "Na ja, da hat der erste Wolf ganz klar gemacht, dass diese Beute ihm allein gehört, weil er sie zuerst entdeckt hat.... "
Der Vater wirkte irgendwie verstört..... *g*
Aber im Ernst: Das sind schon noch Wölfe und keine Hunde. Tanja wird nicht müde uns das immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Bislang ist noch nie etwas schlimmes passiert, aber Tanja sagt, da haben sie eben viel Glück gehabt. Brenzlige Momente gab es schon einige.
Wesentliche Verhaltensregeln für unseren Wolfskontakt waren zum Beispiel: Nie einen Wolf wegschubsen, sondern einfach deutlich "Neeeiiin" sagen (hat super funktioniert). Gesicht abschnuppern und ablecken lassen. ("Einem Hund kann man das verbieten, einem Wolf nicht, es ist Kommunikation") Für den Fall dass Grobmotoriker Noran zu heftig an die Nase stößt, darf man eine Hand zwischen Nase und Wolf schieben. (Ich war etwa 5 Sekunden im Gehege, da hatte Noran mir klar gemacht, dass es doch besser ist, auf die Brille zu verzichten) Noran hat Leuten schon Zähne ausgeschlagen vor lauter Liebe.... Niemals die Hände hoch nehmen, dann springt der Wolf... und wenn der Wolf springt, fällt der Mensch um. Naaja nie am Bauch anfassen. Noran und Nanuk schon, die lieben das... (Oh jeh, bloß nicht verwechseln) Wolf nur anfassen, wenn er das einfordert. Nie einfach so hingrabschen. (Wenn das die Leute bei meinen Hunden doch auch so beherzigen würden...)
Die Polarwölfe sind sehr witzig konditioniert... ein Markerwort ist zum Beispiel: "Böse, Böse!"... das gibt es dafür, wenn Naaja "Unsinn" macht, also intensiven Kontakt zu fremden Menschen aufnimmt... ihnen Haargummis aus den Haaren zieht (die meisten Haare bleiben auf dem Kopf dabei... sie ist wirklich sanft und geschickt) , die Jackentaschen durchwühlt (Naaja öffnet auch verschlossene Jackentaschen) oder Taschentücher (das einzige, was man mit ins Gehege nehmen darf) klaut.
Naaja darf auf wölfisch "Hallo" sagen:
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Tanja sagt, dass sie die Tiere ausschließlich straffrei konditioniert hat. Sie gibt zu, ihrem Hund schonmal ins Ohr gebissen zu haben und auch, mit ihm wegen seines Jagdtriebes schonmal "intensivere Unterhaltungen" geführt zu haben... aber die Wölfe hat sie nie "bestraft". Die Tiere machen grundsätzlich immer alles freiwillig. Selbst in die Transportbox und zum Tierarzt gehen alle freiwillig, wenn es mal sein muss.
Noran hat sich zur Angewohnheit gemacht, während der Fotosessions im Teich baden zu gehen... dann hat man einen klatschnassen, verschmusten Wolf am Hals. Er darf das natürlich... überhaupt können die Wölfe jederzeit einfach gehen, das Gehege ist groß genug. Den Kontakt mit fremden Menschen nehmen sie freiwillig auf oder gar nicht.
Noran, fast schon wieder ganz trocken:
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Dann hat mich natürlich das Thema Futter sehr interessiert.
Tanjas Wölfe bekommen hauptsächlich Rindfleisch. Eine wesentliche weitere Quelle ist die, dass alle totgefahrenen Rehe der Autobahnen der ganzen Gegend von der Autobahnmeisterei im Tierpark abgeliefert werden. Das sind 4-7 Stück pro Woche!
Diese Rehe bekommen die Wölfe, wie Tanja so schön sagt: "Originalverpackt".
Zwar ist es richtig, dass die Wölfe das Reh am Bauch aufbrechen, weil sie da am besten "reinkommen"... dann passiert aber etwas ganz anderes, als man immer wieder liest:
Sie zerren die ganzen Innereien "angeekelt" heraus, lassen sie "links liegen" und arbeiten sich zum Muskelfleisch durch. Herz wird als erste "Innerei" verspeist. Erst, wenn das "gute Muskelfelsich" weggefuttert ist, geht es an die anderen Innereien.
ÜBRIG bleiben jedoch: Magen, Darm, Schädeldecke und die "Decke" also Haut und Fell und meist auch die Hufe.
Wenn die Wölfe sehr hungrig sind, schütteln sie den Magen aus, bis der gesamte Mageninhalt im Gehege verspritzt ist und fressen auch noch den leeren Magen. Der Darm wird hier nie gefressen.
Tanjas Wölfe bekommen auch Obst und Gemüse. Sie sind von klein auf spielerisch daran gewöhnt worden. (Apfel statt Ball...). Bei Spaziergängen (Tanja geht mit den Wölfen in der Umgebung spazieren, auch gemeinsam im See baden...) nehmen sie reichlich bestimmte Gräser und Kräuter auf, die sie in ihren Gehegen längst weggefressen haben.
Insgesamt werden die Wölfe ein- bis dreimal pro Woche gefüttert. Je nach Jahreszeit/Temperatur usw. Außer Fleisch/ganzen Beutetieren und ab und zu Obst/Gemüse bekommen die Tiere nichts.
Na ja gut... Leckerchen... schnödes Trockenfutter für "normale Sachen", Käse und Fleischwurst für "Spezielles" wie zum Beispiel für Fotos posieren.
Hier hab ich ein kleines Video (3 Minuten) zum Thema Wolfsfütterung gemacht: http://youtu.be/9gL116Gf71k
Für mich ganz persönlich war es ein absolut großartiges Erlebnis. Aber ich glaube, das sieht man auf Tanjas Fotos...
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Und das hier ist ein typisches Foto von Tanja: "Tanja hinter Wolf":
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Nach dieser sehr aufwühlenden Erlebnissen holten wir die Hunde aus dem Bus (der einen geschützten Schattenparkplatz im Wildpark hatte) und konnten noch durch das Wildgehege gehen, wo neugierige, saufreche Rehe OHNE ZAUN dazwischen unseren Hunden Angst eingejagt haben... Da stehen auch überall Schilder, man soll die Hunde kurz halten, weil die Rehe sie angreifen könnten... hab ich für nen Scherz gehalten... von wegen.... Ich bin mit Dana regelrecht da raus geflüchtet!
Ach und überhaupt war das alles viel mehr und ich kann gar nicht alles erzählen... Ein Wahnsinnstag!
Lieben Gruß
Kirsten
Edit by Mod - Bilder zu gross, daher verlinkt.