Zitat
Er ist ja nur ein Pflegehund.
Was ist der Unterschied zwischen einem eigenen Hund und einem Pflegehund:
beim eigenen Hund trage ich die Verantwortung für den Hund, für meine Familie in der der Hund lebt, für die Umwelt, die mit dem Hund in Kontakt kommt, soweit es jeweils im Zusammenhang mit dem Hund steht. Beim Pflegehund trifft all dies genauso zu, und zusätzlich trage ich dafür Verantwortung, den Hund so zu stabilisieren, dass er den erneuten Umzug in seine endgültige Familie gut verkraftet, und ebenso Verantwortung für die neue Familie, weil ich dafür sorge, welche Erziehung der Pflegehund von mir auf seinen Weg mitbekommt.
Die Verantwortung für einen Pflegehund ist ungleich größer, als die für einen eigenen.
Die ersten ca. 2 Wochen nach Ankunft sagen noch sehr wenig über den Charakter des Hundes aus. Typisch für Hunde ist, erstmal zu schauen, wie die Regeln in der neuen Umgebung laufen, sich erstmal gut an dem Menschen zu orientieren. Erst danach packen sie eventuelle Eigenheiten stärker aus, wenn sie bis dahin noch keine Strukturen vom Menschen vermittelt bekommen haben.
Dein Alleinbleibtraining dauert Deiner Beschreibung nach von Anfang zu lange, Du solltest es komplett neu aufbauen.
Schritt eins: der Hund folgt mir nicht immer überall hin nach.
erst wenn Schritt eins funktioniert:
Schritt zwei: ich schließe eine Tür hinter mir, und zwar für 0,5 Sekunden. Weniger als eine Sekunde. Das reicht nicht, um aufs Klo zu gehen. Es wird weder davor noch danach gelobt, den Hund angeschaut, mit ihm geredet, ihn irgendwie beachtet.
Wenn der Hund jault/bellt/fiepst, muss ich einen Schritt im Programm zurückgehen.
erst wenn Schritt zwei funktioniert:
Schritt drei: die Dauer wird gesteigert. Und zwar sekundenweise. Erst 0,5 Sekunden. Dann eine. Dann zwei. Dann wieder eine. Dann vier. Dann zwei. Dann drei. Dann eine. Nichts davon reicht, um aufs Klo zu gehen. Der Hund wird weder davor noch danach beachtet, gelobt, gestreichelt, usw.
Wenn der Hund jault/bellt/fiepst, muss ich einen Schritt im Programm zurückgehen und/oder die Dauer reduzieren.
Dieses Programm ziehe ich immer dann durch, wenn der Hund eh müde ist und in (s)einer Ecke liegt. Dafür ständig. 85mal am Tag. Aber nur dann, wenn der Hund entspannt ist. Ist er das nicht, habe ich Schritt eins nicht vernünftig trainiert.
erst wenn Schritt drei funktioniert:
Schritt vier: die Dauer wird gesteigert. Langsam und nicht kontinuierlich, bis ich vielleicht sogar bei einer Minute angekommen bin. Yeah, jetzt reichts für einen kurzen Klogang.
Wenn der Hund jault/bellt/fiepst, muss ich einen Schritt im Programm zurückgehen und/oder die Dauer reduzieren.
erst wenn Schritt vier funktioniert:
Schritt fünf: ich fange mit der Haustür an. Sekundenweise. Nur dann, wenn der Hund entspannt liegt und eh müde ist. Langsam und nicht kontinuierlich steigern.
Wenn der Hund jault/bellt/fiepst, muss ich einen Schritt im Programm zurückgehen und/oder die Dauer reduzieren.
Sollte der Hund aufgeregt darauf reagieren, dass ich mir Schuhe anziehe und den Schlüssel in die Hand nehme, ziehe ich mir 278mal am Tag die Schuhe an und wieder aus und nehme den Schlüssel in die Hand, ohne dass etwas passiert, ich den Hund irgendwie beachte, ankucke oder anspreche, oder ich gar die Wohnung verlasse. Wenn der Hund dieses Programm gähnend langweilig findet, kann ich damit auch wieder aufhören.
Viel Erfolg