Das Kreisen ist in meinen Augen nur Ausdruck dessen, dass der Hund mit ganz vielen Situationen völlig überfordert ist. Sobald Ihr die anderen Dinge im Griff habt, erledigt sich das Kreisen von selbst. Nichtsdestotrotz würde ich das Kreisen nie zulassen, es ist nur nicht "Kernpunkt" Eures Themas.
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Es ist für mich unverständlich, warum der Züchter ihn so früh abgegeben hat. Soweit ich weiss, hat er ja damit die komplette Sozialisierungsphase verpasst oder?
Klar, das ist sehr früh (zu früh). Hat aber mit Eurem Problem nichts zu tun. Die Sozialisierungsphase bei Welpen dauert ca. von der 3. bis zur 16. Woche (Trumler, Feddersen-Petersen), der erste Abschnitt wird gerne noch unterteilt und Prägephase genannt.
Jeder Welpenkäufer bekommt also einen Hund, der noch in der Sozialisierungsphase steckt.
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Er ist total auf meine Frau bezogen und ist uns gegenüber auch ziemlich aggressiv (vllt. aus Angst?!).
Natürlich hab ich Euren Hund nicht gesehen, aber es klingt nicht nach Angst. Unsicherheit wäre gut möglich, dazu kommt, dass er - zumindest nach dem, was Du schreibst - in seinen Augen von Euch keine Führung bekommt. Manche Hunde verzeihen das eher und kommen irgendwie damit zurecht, andere Hunde sagen "ok, schöner Mist, einer muss ja, die machen nichts, also versuch ich eben, ein paar Regeln aufzustellen".
Dazu passt auch:
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Wenn man ihn hochnimmt, knurrt er oder jault, als ob man ihm was antun würde.
Wenn er im Weg steht und man sagt er soll mal zur Seite gehen knurrt er als würde er einen zerfleischen wollen.
Es kam auch schon öfters vor das er schnappt und einen richtig beissen will.
in seinen Augen nimmst Du Dir in diesen Situationen etwas heraus, was Dir nicht zusteht. Knurren ist eine normale, hündische Kommunikation, ein Schritt auf dem Weg "nette, normale Ansage -> wirkt nicht -> Vorwarnung (Knurren, Fletschen, Steifwerden, usw. -> wirkt nicht -> abschnappen bzw. irgendwann Biss"
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Deswegen haben wir auf Anraten der Tierärztin den Hund kastrieren lassen, weil sie meint das wird besser.
Ich bin aber im nachhinein der Meinung, dass Hunde die aggressiv sind, sich dadurch nicht ändern und das dies keine Lösung ist
Aggressives Verhalten kann sich nach einer Kastration verbessern, nämlich dann, wenn es hormonell bedingt ist. Das sehe ich bei Deiner Beschreibung überhaupt nicht.
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Unsere Hunde sind für uns wie Familienmitglieder (ja ich muss zugeben, wir vertätscheln unsere Hunde zu sehr)
Ich verstehe total, dass Ihr Eure Hunde liebt und ihnen alles Gute der Welt geben wollt. Das Ding ist, "alles Gute der Welt" ist in der Menschenwelt und in der Hundewelt nicht immer dasselbe. Vielleicht als Bild: ich liebe Schokolade, also gebe ich meinem Hund auch jeden Tag zwei Tafeln... das würde nach hinten losgehen, Schokolade ist für Hunde nämlich giftig. So ähnlich ist das auch mit dem Verhalten, es gibt manches, das fänden wir Menschen super, manche Hunde verunsichert es aber total. Ihr wollt den Hunden was Gutes, also schaut, was in der Hundewelt tatsächlich gut ist: Führung, Grenzen, Ruhe, gemeinsame Bewegung, Beschäftigung, und dann (und erst dann!) auch Zuneigung. Der Posten Zuneigung ist bei Euch bestimmt top, schaut mal, welche der anderen ausbaufähig sind? Hunde brauchen jeden dieser Pfeiler, von Hund zu Hund verschieden in der Gewichtung, aber sie werden alle benötigt für ein zufriedenes Hundeleben.
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Dann gibt es wiederrum Tage, wo er der liebste Hund ist und nur schmusen will und man alles mit ihm machen kann und sich zum kraulen auf den Rücken legt usw und er auch super hört.
Ein weiteres Zeichen dafür, dass er denkt, er müsse in Eurem Haushalt die Regeln aufstellen. Es ist sehr hündisch, dass ich, wenn ich der Regelaufsteller bin, auch bestimme, wann die Regeln gelten. Es ist schlichtweg seine Entscheidung, wann er sich von Euch huldigen lässt, und wann er sagt "so, jetzt haltet mal Abstand, ich schränke Euch ein!"
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Gibt es schyzophrenie beim Hund?
Schizophrenie ist eine psychische Krankheit, die erst dadurch diagnostiziert wird, dass der Patient seine Wahrnehmung, sein Erleben schildert. Folglich lässt sie sich bei Hunden nicht diagnostizieren, was nicht heißt, dass es das nicht auch geben könnte - zumindest sind andere psychische Erkrankungen bei höher entwickelten Säugetieren bekannt, z.B. Neurosen. Hat aber nichts mit Eurem Hund zu tun, der verhält sich aus Hundesicht Deinen Beschreibungen nach total logisch.
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Ich weiss das der Hund verhaltensgestört ist in manchen Situationen, aber das ist im laufe der Zeit besser geworden, aber das mit dem rumrennen macht mir doch schon Sorgen (was im ggs. immer schlimmer wird).
Die Frage ist immer die nach der Ursache. Ich könnte mir vorstellen, dass sich 90% oder mehr seiner Verhaltensauffälligkeiten legen könnten, wenn Ihr dem Hund eine hundegerechte Führung, Regeln, Auslastung bieten würdet. Das meine ich nicht als Vorwurf, ich will Euch Mut machen, ganz andere Wege zu gehen, mehr über Hunde, deren Bedürfnisse und Kommunikation zu lernen, den Alltag mit Euren Hunden umzukrempeln und anders zu strukturieren, gerade weil Ihr Eure Hunde liebt und weil Ihr ihnen damit tatsächlich was richtig Gutes tun könnt.
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Unser zweiter Rüde ist da komplett anders. Ihn haben wir mit 12 Wochen bekommen. Er ist Menschen gegenüber NIE aggressiv oder macht irgendwas (er ist von mir mal ausversehen aus dem Schlaf gerissen worden und hat sich total erschrocken und ist auf meinen Fuss los, bis er gemerkt hat das ich das war und hat sofort abgelassen und kam winselnd an.) Also ein total lieber. Ausser großen Hunden gegenüber. Da markiert er den Chef..
Aus Deiner Beschreibung lese ich, dass Euer zweiter Rüde toleranter ist gegenüber der fehlenden Führung, was nicht heißt, dass es ihm nichts ausmacht. Ich will gar nicht wissen, wie oft ich meine Hunde schon versehentlich geweckt habe, wie oft sie vielleicht auch nicht sofort "wach" waren, und trotzdem ist die erste Reaktion nicht "uh, Hilfe, schnappen". Das hat auch wiederum etwas damit zu tun, ob die Hunde sich geschützt fühlen, ob sie sich geführt fühlen. Es nimmt ihnen einfach enorm viel Stress.
Genauso die Situation mit den großen Hunden, die Du beschreibst: der Rüde markiert mitnichten den Chef, Chefs sind ruhig und souverän. Euer Rüde ist im Stress, es geht ihm nicht gut, aber es ist aus Hundesicht total wichtig, dass jemand Begegnungen mit anderen Hunden regelt. Ihr tut es nicht, also muss er ran, das ist halt sein Pfeiler, der ihm besonders wichtig ist.
Ich wünsche Euch, dass Ihr (mit einer passenden Hilfe an der Seite) ganz viele spannende Entdeckungen macht und ganz neugierig seid, wie man mit Hunden kommunizieren kann, was Führung bedeutet, wie man selbst dafür sorgen kann, dass die Hunde zufrieden und entspannt sind, dass es ihnen richtig gut geht.