... und die Geschichte geht noch weiter:
Da ich ja, wie oben beschrieben, seit kurzem trauernde Hinterbliebene bin, ist das Haus - das auch mein Arbeitsplatz ist - grauenvoll leer, wenn Herrchen & Hund im Stall sind, und immer, wenn ich es von der Arbeit her einrichten kann, gehe ich mit den den Stall, was ich aber meist nicht mehr als 3x pro Woche schaffe. Ich fuhrwerke dann mit dem Mistschieber zum Liegeplätzesäubern und dem Hund hinter den Kühen, und wir schieben sie durch den verwinkelten Stall zum Melkstand.
Herrchen und Hund haben sich zwar ganz doll lieb, aber Herrchen schafft es nicht immer, den Hund richtig zu motivieren, weil er nicht loben kann, und wenn ich mitkomme, geht der Hund automatisch mit mir mit, weil er bei mir Lob satt bekommt, denn ich finde es einfach genial, wie er weiß, was die Kühe vorhaben.
Nun, vorhin war ich schon am Treibegänge "abkacken", Hund fein an meiner Seite, die Kühe, die schon zum Fressen in den Stall gekommen waren, souverän durch Kläffen weiterschiebend (denn ein Teil des Laufstalls wird abgegittert, damit die schon gemolkenen Kühe nicht mit denen, die noch zum Melkstand müssen, durcheinander kommen, und aus diesem Teil schoben "wir" die Kühe vor uns her, um ihn zu räumen.)
Der Hund weiß ganz genau, ab wann nicht mehr Druck gemacht wird, und die Kühe wissen auch, ab einem gewissen Punkt brauchen sie sich erst mal nicht mehr um den Hund zu kümmern.
Herrchen hakte die Gitter ein und pfiff dann nach dem Hund, um die restlichen Kühe von der Weide zu holen, und der Hund flitzte ab durchs Fressgitter, hinter Herrchen her.
Ich war noch im vorderen, jetzt leeren Stallteil am Kackeschieben, als der Hund zurückkam, und das war für mich das Zeichen, über den Futtergang in den hinteren Teil durchzugehen und mich mit Hund hinter den Kühen in Stellung zu bringen.
Mich wunderte etwas, dass so wenig Kühe im hinteren Teil waren, doch weil dieser Stall Flickwerk ist, ist nicht immer zu sehen, wie viele Kühe wo stehen, und ich dachte, na, dann wird der Hund sie gleich in den vorderen Teil durchgeschoben haben beim Reinholen.
Ich hörte auch Metall klacken und dachte, aha, Herrchen macht die Einflugschneise zu, alle Kühe drin. Doch ich sah ihn nicht...
Der Hund schwänzelte um mich rum, wuffte ein paar Kühe weiter und hörte sich an, was er doch für ein kluger Super-Wunderhund ist, während ich mich, ohne großartig nach den Tieren gucken zu müssen, von Liegeplatz zu Liegeplatz vorarbeitete - und dann sah, dass das Gitter zur Weide noch offen war... und dass die Kühe schon wieder anfingen abzuwandern...
Ich pfiff den Hund wieder raus auf den Futtergang, und das Schauspiel, das sich uns von der Stalltür aus bot, war göttlich:
Herrchen wedelte mit der Mütze, ruderte mit den Armen und brüllte wie abgestochen, um die letzten Kühe aus dem frischen Wiesenstück, das sie erst seit 3 Tagen begrasen, herauszubekommen, und als er uns erblickte, meinte ich, irgendwas wie "Scheißköter, elendiger" zu verstehen, aber ich beruhigte den klügsten aller Super-Wunderhunde, das er ja mit so despektierlichen Bezeichnungen überhaupt nicht gemeint sein könnte, dazu wäre er ja viel zu fein, und dann beschlossen "wir", "wir" helfen Herrchen ein bisschen und kläffen mal.
Zu mehr ließ sich der weltbeste aller Super-Wunderhunde nicht überreden, vor allem, weil ich mich nicht mehr einkriegte vor Lachen, denn anstatt den Ärger runterzuschlucken und dem Hund durch ein paar freundliche Worte den Rest des Eintreibens schmackhaft zu machen, schimpfte Herrchen wie ein Rohrspatz.
Das Problem ist, hier erwarten alle von den Hunden auf dem Hof, dass sie Selbstläufer sind, dass man nicht danach gucken muss, und "Erziehung" bedeutet zumindest für Herrchens Vater, anschreien, und wenn das nix nützt, draufkloppen...
Herrchen haut zwar seinen Hund garantiert nicht, aber er lobt ihn halt auch nicht... mit dem Ergebnis, dass der Hund desertiert, sobald ich den Stall betrete, und wenn sich Herrchen mal ein "So ist gut" abringt, dann klingt das wie "Armleuchter".
Sein Argument ist immer, er hat keine Zeit, er muss arbeiten und kann nicht nach dem Hund gucken - aber ich gucke lieber nach einem Hund, als dass ich versuche, über 100 Kühe durch einen verwinkelten Stall geordnet zum Melkstand zu treiben. Kann ich einen Stallteil nicht richtig einsehen, setze ich da den Hund hin, damit mir keine Kühe zurückkommen oder durchgehen; der Hund weiß schon, in welche Richtung die Kühe gehen müssen. Für ihn ist es selbstbelohnend, sich vor 20, 30 oder von mir aus 50 Kühen aufzupumpen und ihnen den Durchgang zu versperren, er bleibt daher ganz von alleine an der richtigen Stelle sitzen.
Und kommen zwei Spaltengänge zu einem Treibegang zusammen, kann ich ganz entspannt erst den einen und dann den anderen Spaltengang saubermachen, weil der Hund sich in den jeweils anderen schicken lässt und so die Kühe auf beiden Seiten geordnet vorwärtsgehen, um sich dann im Treibegang zu einem Strom zu vereinigen.
Oder wenn noch Kühe an der Krippe stehen, weil sich manchmal Füttern und Melken überlagern, um möglichst schnell vom Stall aufs Feld zu kommen.
Herrchen oder sein Vater, der auch manchmal melkt, würden die Kühe einzeln mit dem Stock von der Krippe wegkloppen, der Hund dagegen sucht sich eine Lücke, witscht auf den Futtergang und beißt kläffend in zwei, drei Nasen, und schon schon setzt sich der gesamte Tross in Bewegung und verschiebt das Fressen auf später.
Wenn ich mitgehen kann, spart Herrchen mindestens eine Viertel-, wenn nicht sogar eine halbe Stunde, weil die Kühe zügig zum Melkstand kommen und er nicht aus dem Melkgraben kraxeln und bis zu 50 m durchlaufen muss, um Kühe einzusammeln.
Die einzigen Male, wo ich den Hund am Halsband festhalten muss, ist, wenn Kühe von den erhöhten Liegeplätzen rückwärts "ausparken", denn sie liegen mit dem Hintern zum Gang, und beim Aufstehen gehen sie meist schräg rückwärts, was aus Sicht des Hundes ja die falsche Richtung ist, und dann würde sie beißen. Ich führe ihn dann am Halsband zum Kopf, wenn eine Kuh nicht aufstehen will.
Meist liegt der Hund ganz entspannt in irgendeiner Liegebox und döst - aber wehe, die Kühe glotzen ihn an oder legen den Rückwärtsgang ein!!
Man muss aber immer ganz genau gucken, dass Madame Cattle-"Dogge" kein Exempel statuiert und nachfasst, obwohl die Kühe schon vorwärts gehen, denn nicht umsonst heißt die Rasse "Heeler". Als noch ein Deckbulle mitlief, war das egal, da war die Sicherheit wichtiger als die Unversehrtheit von Bullennasen und -haxen, und sie hat Herrchen mehr als einmal vor Verletzungen bewahrt.
So, das war jetzt ein Roman, aber diese Hunde mal unter Vieh erlebt hat, weiß, wozu die Rasse gezüchtet wurde.
Caterina