Lieber Andreas,
Kritik ist doch o.k., wenn konstruktiv, konkret und fair. Und Du hast gut beobachtet.
Zur Erklärung:
Grundsätzlich: Dies war ein blind trail: Ich wusste nicht, wo die VP war. Der Ausbilder wusste es. Aber: Ich gucke grundsätzlich nicht nach dem Ausbilder, sondern orientiere mich am Hund, weil ich im Einsatz auch nicht weiß, wo die Person ist. Das geht so weit, dass ich im Einsatz auf Hinweise zur Vermutung, in welche Richtung die Person gegangen ist, zur Verblüffung der Polizisten verzichte mit dem Hinweis: "Lass uns sehen, was passiert. Der Hund wird es mir zeigen !"
Und grundsätzlich gebe ich dir völlig recht: Der Hundeführer sollte vermeiden, durch Körpersignale oder Stehen bleiben etc. dem Hund Hinweise zu geben. Ich laufe deshalb den Hunden oft gnadenlos hinterher, auch wenn sie falsch sind, weil ich wissen will, ob und wann sie es merken und sich selbst korrigieren. Oder ich orientiere mich in eine falsche Richtung, obwohl der Hund richtig läuft, um zu sehen, inwieweit er sich an mir oder am Scent orientiert. Das Problem bei Google ist: Er ist ein erfahrener Einsatzhund mit diversen Sucherfolgen, tot und lebend. Ich muss immer trickreicher werden, um ihn mal zu linken. Meistens gewinnt er und zeigt mir den Stinkefinger.
1. Ab Photo 13 ist meine Körperausrichtung bedeutungslos, denn der Hund wusste genau, wo die Person ist, weil er direkt unter ihr eine Hochanzeige gemacht hat und sie gesehen hat.
2. Auf Photo 12 hatte ich die Person noch nicht gesehen, sondern ich schaue nach der Eingangstür der Bibliothek, die samstags geöffnet ist. Wenn du mich auf einem Trail beobachten würdest, würdest du sehen, dass mein Kopf ständig und sehr schnell vom Hund nach links und rechts, oben und unten geht, weil ich laufend die Mind Map in meinem Kopf ergänze um Informationen zu Wind und Topographie, Anstieg oder Abfallen des Geländes, Stolperfallen, Verkehr etc. Eine Teilnehmerin in einem Seminar hat mich mal gefragt, ob ich nervös oder panisch auf dem Trail wäre. Darüber kann ich noch heute herzlich und lautstark lachen. Das kann tatsächlich nach außen so wirken.
3. Auf Photo 11 gucke ich in Richtung Treppenaufgang Steintreppe geradeaus um vorausschauend den eventuellen weiteren Trailverlauf zu antizipieren.
4. Das musst du mir einfach mal glauben: Ein Bloodhound interessiert sich in der Regel auf dem Trail überhaupt nicht für das, was hinter ihm passiert. Er lebt in seiner eigenen autistischen Nasenwelt, total fokussiert auf den Geruch. Deswegen laufen die auch auf dem Trail gegen Autostoßstangen, fallen um, stehen wieder auf und trailen weiter. Bei Hunden wie Border Collies ist das völlig anders. Sie reagieren auf den kleinsten Impuls der Suchleine. Und sie gucken viel mehr nach hinten auf das, was der Hundeführer macht. Ein Border Collie erkennt schon, was du vor hast und in welche Richtung du dich bewegst, wenn du gerade den Gedanken gefasst hast. Der liest die erste Millimeterbewegung deiner Schulter und reagiert darauf.
5. Im Realeinsatz kommt es vor, dass der Hundeführer die gesuchte Person visuell wahrnimmt, bevor der Hund sie per Nase findet. In diesem Fall warte ich nicht, bis der Hund vielleicht nach 2 Minuten auf einem Platz wie dem auf den Photos die VP gefunden hat, sondern übernehme sofort die Führung und schalte sofort vom Status und der Rolle "Jäger" auf den Status bzw. die Rolle "Retter/Helfer" um. Da sind mir ehrlich gesagt die Bedürfnisse des Hundes scheißegal. Der kriegt hinterher einen kurzen "Fire trail" und gut ist. Außerdem ist für Bloodhounds die Suche selbst die Belohnung.
Freundliche Grüße
Geronimo