Tante Elke
Nun, Ihr Lieben, heute möchte ich Euch von Tante Elke erzählen.
Sie spielt nämlich eine wichtige Rolle in meinem Lebensabend.
Wir kennen uns seit etwa 1,5 Jahren.
Tante Elke wohnt 3 Häuser weiter, ihr blaugraues Haus liegt auf meiner Gassistrecke.
Zum Glück muss ich sagen, besonders jetzt im Winter.
Meine winzigen Pfötchen frieren so schnell, und so kann ich mich oft für ein paar Minütchen bei Tante Elke und Leo aufwärmen.
Leo ist übrigens ihr Stubentiger.
Eine wunderschöne, beeindruckende, graugetigerte, kräftige Gestalt.
Manchmal ist Leo mir ein wenig unheimlich und ich bin mir nicht sicher, ob er mir wohlgesonnen ist.
Tante Elke sagt, er tut niemandem etwas und ich vertraue ihr.
Sie nennt den samtpfötigen Hausherrn liebevoll „Borussenproll“, weil sie
ihn eines Tages in Dortmund auf der Straße „aufgesammelt“ hat.
Ich kenne die Wohnung von Tante Elke und dem hübschen Borussen ganz genau.
Besonders natürlich ihre Küche.
Da stehen nämlich die Tigernäpfe, und wenn Frauchen nicht aufpasst, fresse ich dem Borussen seine Reste weg.
Tante Elke kredenzt dem Herrn des Hauses die vorzüglichsten Mahlzeiten.
Ob der Borusse wohl zu schätzen weiß, wie gut er es bei ihr hat?
Ich fürchte, manchmal nicht.
Er ist sehr eigen was seine Ernährung betrifft, und manchmal schimpft er
Tante Elke aus wenn sie ihn für einige Stunden allein gelassen hat.
Neulich gab es Rinderfilet und der kräftige Borusse hat es einfach stehen lassen.
Gibts denn sowas?
Da muss ich doch dringend helfen.
Wenn Frauchen und ich bei Tante Elke vorbeischlendern, hüpfe ich immer zuerst auf den Podest von ihrer Haustür.
Kurz hochschauen zu Frauchen und sie weiß, was ich mir wünsche.
Bitte einmal klingeln, damit Tante Elke den Summer auslöst und mich glücklich macht.
Nicht nur, dass ich immer mindestens 1 Leckerchen bekomme, ich drehe einfach gerne meine Runde durch ihre Wohnung.
Im Sommer gehen wir auch oft durch die grüne Pforte auf die andere Seite
des blaugrauen Hauses, denn da befindet sich die Terrasse von Tante
Elke.
Nach der Arbeit ist Frauchen meistens erstmal müde, aber für eine
Minirunde und einen kleinen Plausch bei einer Tasse Kaffee auf der
Terrasse meiner Lieblingstante reicht es.
Ich liege dann in der Sonne auf Frauchens Schoß, freue mich des Lebens und der Borusse sonnt sich auf den Steinen.
Leider läuft es nicht immer so gut für mich.
Es gibt Tage, an denen Frauchen einfach weitergeht wenn ich vor Tante Elkes Haustür stehe.
„Wir wollen Tante Elke nicht stören“ oder „Tante Elke ist nicht da“ höre ich Frauchen dann sagen.
An solchen Tagen stehe ich eine ganze Weile schwanzwedelnd vor der Haustür.
Nichts tut sich.
Nahezu fassungslos schaue ich zu Frauchen.
Nichts tut sich.
*Fiep*
Nichts.
*Schnüff*
Mit gesenktem Kopf und hängender Rute gehe ich langsam einige Schritte weiter.
Natürlich nicht, ohne mich noch einmal sehnsüchtig umzuschauen.
Kommt nicht doch noch der rotblonde Schopf von meiner Lieblingstante zum Vorschein?
Höre ich nicht doch noch ihre Stimme, wie sie ruft „ komm her mein kleiner Schatz, hier habe ich etwas für dich“ ?
Fühle ich nicht doch noch ihre streichelnde Hand auf meinem Fell?
Heute nicht.
Dann ruft Frauchen und ich laufe zu ihr, um unsere Runde zu fortzusetzen.
Bald sind wir wieder Zuhause, wo sich im Winter mein Lieblingsplatz auf meinem Kuschelkissen vor der Heizung befindet.
Eigentlich habe ich es doch gut:
In meinem Leben gibt es einige Menschen, die mich lieben.
Tante Elke ist einer davon.
Ist das Leben nicht schön?