Hallo,
wenn ich deinen Beitrag lese, denke ich an unsere Situation vor vier Wochen. Wir hatten dieselben Probleme mit Rico (Schäferhund und keinerlei Selbstbewusstsein. Meine Frau nahm sich eine Tiertherapeutin (hat wenig gebracht) und ist mit Rico zur HuSchu.
Wir dachten auch, bis dahin wir sind die Chefs, weil Rico auch auf jedes Kommando/Befehl hörte. Nur nicht an der Leine. Andere Menschen, Jogger, Radfahrer und Hunde waren für ihn der reinste Stress. Meine Frau wiegt 50 kg und Rico fast 40 kg. Auch sie war auf jedem Spaziergang gestresst und unsicher (schaute nur noch um sich, ob jemand kommt), den Hund verlor sie dabei aus den Augen.
Nach 4 Wochen harten und täglichen Training (meine Frau ist da unermüdlich) haben wir viel geschafft. Rico interessieren kaum noch Radfahrer (geschaut wird schon noch) und fremde Hunde an der Leine geht schon ohne ziehen und bellen. Allerdings wird er noch abgelenkt (Futter oder Ball) und wir machen einen Bogen um das Objekt.
Was ist passiert? Wir haben es geschafft über Aufmerksamkeit (Futtereinsatz, Erwartungshaltung), Einschränkung (Triebe/Territorium, Bewegungsspielraum, Lob-Futter-Spielzeug) und Antrieb (d.h. der Hund muss agieren und nicht der Mensch).
Aufmerksamkeit: Rico bekommt sein Futter nur noch von Frauchen im Garten. Morgens geht sie mit Rico raus, jeden Tag an die selbe Stelle und zeigt ihm, vor ihrem Bauch gehalten, Futter. Rico wird dabei nicht angesprochen. Bei Blickkontakt oder anstupsen, gibt es sofort Futter. Dabei geht sie ganz langsam rückwärts, so das Rico ihr folgen muss. Dies macht sie so ca. 2 min. Danach wird Rico mit Stimme und Sichtzeichen frei geschickt (Spielen ist für ihn das grösste). Das wiederholst du 3x. Der Hund bekommt nicht seine ganze Mahlzeit. Die Gesamtration wird jetzt bei uns über den Tag verteilt. Das heißt, Rico muss für sein Futter arbeiten und das tut er gerne. Bei Spaziergängen und im Haus wird jeder zufällige Blickkontakt belohnt. Dabei geben wir das Komando schau. Das hilft dir später für alle weiteren Kommandos und "Fuss gehen".
Einschränkung: Rico darf nicht mehr in jedem Raum des Hauses. In den Garten darf er nur noch zusammen mit uns. Somit setzen wir ihm territoriale Grenzen. Futter nur noch von Hand und als Belohnung. Gespielt wird nur, wenn wir es wollen, aber wir fordern ihn nicht auf dazu. Rico muss agieren, d.h. wir halten ihm zufällig den Ball vor die Nase und Rico kommt, dann bauen wir eine Spannung auf bei ihm (entweder stupst er mit der Nase oder bellt). Nun kann das Spiel losgehen. Beendet wird das Spiel von uns und der Ball verschwindet.
Natürlich müsste ich noch viel mehr Sachen erläutern, aber das wichtigste wäre gesagt.
Wenn du all diese Vorschläge beherzigst, wirst du merken, bei deinen Spaziergängen wird es einfacher. Der Hund guckt dich mehr an und ist mehr bei Dir. Kommen fremde Hunde an der Leine auf dich zu sagst du Schau, richtet sich seine ganze Aufmerksamkeit auf dich, denn es lohnt sich jetzt für deinen Hund, dir Aufmerksamkeit zu schenken, er weis es gibt jetzt eine Belohnung. (Futter oder Spielzeug) Schaue dabei ständig auf deinen Hund und nicht auf den anderen. Gehe anfangs noch einen Bogen um die anderen Hunde, dann wird es auch einfacher für dich. Bleibe ganz ruhig dabei, der Hund spürt wirklich sofort jede Aufregung in dir. Das war das grösste Problem bei meiner Frau. Glaube mir sie war am Ende mit ihrer Verzweiflung und wollte nie wieder mit Rico spazieren gehen. Wenn ich jetzt sehe, wie selbstbewusst und locker sie alles im Griff hat, freue ich mich darüber. Wir haben ca. 2 Wochen gebraucht, um eine große Veränderung zu bemerken. Kleine Fortschritte stellten sich schon nach 2-3 Tagen ein.
Wichtig ist auch, wir haben mit Rico das Kommando Stop geübt. An der Leine hatte das wunderbar funktioniert. Doch wenn Rico frei lief, war keinerlei Reaktion bei ihm, er blieb nicht stehen. Aus einer Situation heraus, die etwas brenzlig war, reagierte meine Frau so, wie es ihr die HuSchu angeraten hatte. Rico ist ein sehr ängstlicher Hund und mit Schütteldosen und solchen Sachen macht man bei ihm vieles kaputt. Also war das für uns ein Tabu. Rico vor ca. 3 Wochen, sieht einen Radfahrer und los, meine Frau gibt den Befehl Stop und Rico keinerlei Reaktion. In ihrer Not schmiss sie die Leine nach ihm und siehe da, Rico hielt im laufen an und kam zu meiner Frau mit angezogenen Ohren zurück. Natürlich vor Angst, so eine Attacke kannte er bis dahin nicht. Es folgte ein Lob und Rico wurde sofort zum spielen ermundert. Doch seitdem, befolgt Rico jedes Stop. Das gibt meiner Frau natürlich auch mehr Sicherheit.
Ach und noch was lobe deinen Hund viel und erziehe ihn nicht soviel mit einem Nein (negativ). Sage ihm stattdessen, was er machen soll. Also will er auf die Couch sage nicht nein, sondern vielleicht "Hier" oder "Komm mit" und verlasse den Raum (somit verbindet er etwas positives damit-Belohnung). Nach einigen üben weiß der Hund Couch ist tabu. Wir haben sehr viel damit erreicht und dachten bis dahin auch Rico kann alles. Auch an der Leine gehen und bei Fuss klappt jetzt wunderbar. Es macht wieder Spass und das merkt der Hund auch. Dauerbellen an der Leine und im Garten haben wir auch in den Griff bekommen. Es lag alles an uns und nicht an unserem Hund. Rico hat nichts falsch gemacht, er ist nur seinen natürlichen Trieben gefolgt, wir haben es nicht verstanden, seine Triebe für uns auszunutzen. Er hatte doch alles bei uns, was er wollte (Futter, Aufmerksamkeit, Chef im Rudel, Streicheleinheiten). Warum sollte er dafür noch arbeiten.
Ich wünsche Dir beim Üben sehr viel Erfolg und melde dich mal, ob etwas gefruchtet hat.