Dem kann ich nur beipflichten und wünsche euch viel Erfolg auf eurem Weg.
Auch wenn Szenerien, wie die von dir beschriebene (Jagen plus "Beute" erlegen), zum Glück nicht zum Alltäglichen gehören, kann ich nur bestätigen, dass man es nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Gleichzeitig natürlich auch nicht auf die "schwere". Es ist ein schmaler Grat.
Ich selbst, bzw. mein Hund, musste auch schon erfahren, dass nicht wenige Hunde vollkommen anders auf Unsicherheit reagieren, als die jeweiligen Halter es vermutet hatten. Und ich denke, dass man den Satz "Das hat er ja noch nie gemacht." in solchen Momenten ruhig Glauben schenken darf. So Situationen rufen scheinbar Instinkte im "gegnerischen Tier" wach, die man kaum für möglich hält.
Letzten Monat war hier ja der "Höhepunkt" erreicht, als Hermann für seine Verhältnisse ein ziemlich harmloser Schreck gepackt hatte und daraufhin schwer verletzt wurde. Hätten wir die Hunde nicht so schnell trennen können, wäre der andere bis auf's Äußerste gegangen. Dessen bin ich mir inzwischen sicher.
Um auf Dauer einen Sinneswandel (wenigstens zum Teil) beim eigenen Hund zu erreichen, sind die sogenannten Social Walks mMn wirklich die beste und sicherste Methode. Man muss natürlich die Möglichkeit erhalten. Je nach Wohnort, Zeit und Geld, nicht immer möglich.
Dennoch werden Hermann und ich uns bald auch eine Gruppe suchen. Bis dahin üben wir allein. Hunde gibt es hier zum Glück ja zu Hauf, denen man aus sicherer Entfernung begegnen kann.
Der positive Nebeneffekt, wenn man in Gruppen läuft, ist nicht nur, dass Hund in Ruhe in die Gruppe eingegliedert werden kann, sondern die gleiche Gruppe entgegenkommende Hunde wunderbar abfangen kann. Der eigene Angsthund erhält die Möglichkeit zu sehen, dass der Neuankömmling bereits abgecheckt ist.
Unabhängig der Gefahr, warum man einem Hund mit Fremdhund-Problematik die Angst so gut es geht nehmen sollte, konnte ich bei Hermann sehen, wie viele "kleine" andere Baustellen wie ein Rattenschwanz an dieser großen Problematik hängen. Durch das große Hundeaufkommen steigt der Stress-Grundpegel und ich brauch' gar nicht erst versuchen am Jagen etc. rumzuhantieren. Da musste erst wieder an den Hunden gearbeitet werden, der generelle Stress sinkt ein wenig, und andere Sachen konnten "gemildert" oder "behoben" werden, oder sind einfach gar nicht mehr aufgetaucht.
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Ich habe lange Zeit gebraucht, um wenigstens den Haltern, die wir sehr regelmäßig sehen, klarzumachen, dass Hermann kein unerzogener, dominanter Bengel ist, der mir auf der Nase rumtanzt und dass man meine Aussage: "Bitte halten Sie etwas Abstand. Er hat Angst!" auch ernst nimmt.
Jetzt, wo die anderen das begreifen konnten (also welche Ausmaße so etwas annehmen kann), waren sie auch offen dafür, wie viel Hermann schon geschafft hat - was jetzt möglich ist, was vorher nicht möglich war. Und auch, wenn ich immer noch keinen "normalen" Kontakt zulasse, bekommt man auch mal anerkennende Worte, wie schön der Hermann eine neue Situation meistert.
Die Sätze "Sie müssen das so und so machen. Ich hab das ja in zwei Wochen geschafft!" gibt es zwar immer noch, aber diejenigen, die wir häufiger sehen, sind in dieser Weise verstummt.
Gerade jetzt, wo Hermann die Attacke hinter sich hat und ich wieder von vorn' Anfangen konnte (und wir waren vorher wirklich am Ziel unserer Träume - neugieriges Verhalten bei Hundesichtung, vorsichtiges Herantasten, weggehen wenn kein Interesse), war es mir wichtig, dass diese bekannten Halter wieder etwas mehr Abstand halten. Momentan bleiben viele sogar stehen, damit ich ein bisschen in der Situation mit dem Clicker üben kann.
Ich appelliere deshalb immer an alle Hundehalter: Wenn jemand mitteilt, dass er einen Angsthund (in Bezug auf Fremdhunde) hat, dann nehmt das bitte, bitte ernst! Es ist wirklich ein Problem, das nicht zu unterschätzen ist und viel viel Arbeit verlangt, die sich über einen langen Zeitraum erstreckt.
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Dir und Jette viel Erfolg. Ich garantiere dir. Jeder Rückfall ist zwar schlimm, aber es dauert danach nicht ganz so lang, den bekannten Status wieder zu erreichen. Nach Hermanns OP konnte ich wieder kaum vor die Tür gehen, weil er so eine Panik geschoben hat. Aber es sind gerade mal 6 Wochen vergangen seit dem und wir können wieder relativ normale Runden gehen. Der Clicker hat mir da nochmal eine Menge gebracht. Vorher hatte ich ihn ja nicht verwendet, aber es war die richtige Entscheidung. Er ist in vielen Punkten ruhiger und hat ein stärkeres Orientierungsbedürfnis (an mir). Für einen Shar-Pei hätte ich das nicht für möglich gehalten.
:)