Beiträge von AnnetteV

    Hallo Krümel21,


    Wenn Euch wirklich nur die Sorge vor möglichen Erbkrankeiten oder Überzüchtung vom Golden abhält, würde ich mir einen guten (VDH-)Züchter suchen, dessen Hunde mir gefallen und keine Sekunde länger zögern.


    Falls der Hund aktiv sein soll, würde ich auf einen eher weniger behäbigen, arbeitsfreudigen und -fähigen Typ achten - bei Golden sind manchmal je nach Linie echte Kaliber dabei. Andererseits gibts bei dieser Rasse - vor allem bei Hunden aus Hinterhofzuchten auch ab und zu hypernervöse und hibbelige Vertreter. Bei einer so beliebten Rasse ist es einfach besonders wichtig, auf eine gute Abstammung zu achten. Ein schlanker Golden aus einer guten Zucht kann jedoch zum fantastischen Familienhund werden, solange man bereit ist, ihn seiner Rasse entsprechend auszulasten.


    Hovawarte sind nicht weniger 'überzüchtet' als Golden, nur weil sie weniger beliebt sind. Auch wenn einige Vertreter sich vielleicht zum Rettungshund oder Reitbegleithund eignen, würde ich die Rasse nicht empfehlen, wenn ich schon weiss, das der Hund diese Aufgabe übernehmen soll. Hier (Click mich!) findest Du einen Beitrag, den ich in einem früheren Thread über den Hovawart verfasst habe.


    Gut gezogene Golden Retriever sind wunderbare Allrounder, die oft tolle und vielseitige Familienhunde werden. Ich könnte mir für Euch auch einen Labrador oder Königspudel vorstellen.

    Das Rückwärts laufen will er leider so gar nicht verstehen. Sonst ist er eigentlich recht clever, aber da hackts bei ihm...


    Es gibt verschiedene Varianten:


    https://www.youtube.com/watch?v=k4LoPU1g310


    Hier wird für meinen Geschmack allerdings zu viel am Hund herumgemacht. Aber es geht auch so.


    Ich baue es gewöhnlich so, bzw. so ähnlich auf und zwar anfangs ohne Clicker. https://www.youtube.com/watch?v=sod_ZwOBN44. Ich nehme zu Beginn einen Keks (Käsestück, Wurst) in die Hand und schliesse sie. Dann lasse ich den Hund daran herumsabbern (bei Knabbern ziehe ich die Hand weg, warte zwei oder drei Sekunden und beginne dann nochmal). Irgendwann wird er die Nase wegnehmen oder einen Schritt zurück gehen und die geschlossene Hand verwirrt betrachten und sich wundern, weshalb sie nicht aufgeht. Das ist der Moment, in dem ich die Hand kommentarlos öffne und ihm die Belohnung gebe. Wichtig: nicht belohnen, wenn der Hund sich hinsetzt und nachdenkt. Wenn er sich hinsetzt hat man zu lange gewartet und den Hund nicht rechtzeitig, nämlich bereits bei der kleinsten Rückwärtstendenz, belohnt.


    https://www.youtube.com/watch?v=2xKNwZEbnAM Das hier ist eine weitere Methode, die auch funktioniert.


    Der Elefantentrick ist das hier:


    https://www.youtube.com/watch?v=Oibzk5SGjDc

    Hallo Atrevido,


    Ohje, die vielen Zipperlein klingen wirklich nicht gut. Ich bin nun keine Physiotherapeutin und kenne Deinen Hund nicht. Du musst also selber abschätzen, was Du von meinen Ideen gebrauchen kannst. Ich habe bei alten Hunden, solchen die an HD und Rückenproblemen leiden, sehr gute Erfahrungen mit allem gemacht, was ihr Körperbewusstsein fördert. Ich kann bestätigen, dass Rückwärtsgehen dabei sehr hilft. Ich bin häufig erstaunt, dass bei vielen Hunden der 'bewusst gespürte' Körper bereits ab Mitte Rücken aufhört und die Hinterhand relativ unkoordiniert 'einfach so' mitläuft. Das merkt man spätestens dann, wenn man einem Hund beibringen möchte, sich nur mit den Hinterpfoten auf einen Gegenstand zu stellen. Während die meisten Hunde in kürzester Zeit lernen, die Vorderpfoten zu positionieren, gestaltet sich das mit den Hinterbeinen sehr viel schwieriger.


    (Gerades, langsames, kontrolliertes und koordiniertes) Rückwärtsgehen ist also eine erste Übung um das Körperbewusstsein zu fördern. Weitere Übungen sind der 'Elefantentrick', Schulter- und Hüfttargets (dazu finden sich viele Videos auf Youtube), Rückwärts um Gegenstände oder zwischen den Beinen hindurch, etc. - interessanterweise sehr viele 'Lektionen', die sich im Dogdancing wiederfinden. Fortgeschrittene können sich auch Treppen vornehmen (rückwärts die Treppe hoch - wobei ich bei einem so schweren Hund wie Deinem da sehr vorsichtig wäre...), aber auch vorwärts die Treppe hinunter - und zwar langsam, gerade, kontrolliert und koordiniert Stufe für Stufe. Es ist Muskeltraining, kein Rennen darum, wer zuerst oben ist. Viele Hunde rennen Treppen hinauf und hinunter, weil sie im Grunde genommen mit der Koordination ihres Körper dabei überfordert sind. Bei sämtlichen Übung ist es wichtig auf eine gerade oder bewusst und physiologisch sinnvoll gebogene Wirbelsäule zu achten, auf Langsamkeit zu bestehen und die Bewegungen kontrolliert und koordiniert ausführen zu lassen - und immer nur so weit zu gehen, wie es gesund und machbar für den Hund ist.


    Ich arbeite mit solchen Hunden immer über den Clicker - aber ich bestehe auf Langsamkeit. Bei bereits Clicker-trainierten Hunden, die durch den Click aufgepusht werden arbeite ich mit einem (neuen) Markerwort, dass Ruhe und Gelassenheit suggeriert. Das ganze soll Spass machen und der Hund motiviert bleiben. Beim Clicken kann ich ausserdem Verhaltensweisen einfangen, die spontan auftreten und die fürs Training nützlich sein könnten, z. B. Streck- und Dehnsequenzen, die der Hund nach dem Schlafen zeigt.


    T-Touches und Tellington Training könnten für Deinen Hund ebenfalls hilfreich sein.


    Viele der Übungen die zur Dehnung und Gymnastizierung von Reitpferden angewandt werden sind auch bei Hunden erfolgreich - vielleicht findest Du hier etwas? Stangenarbeit wurde ja bereits angesprochen. Profis (bei Hunden, bei Pferden habe ich das noch nie gesehen, obwohl es sicher auch da möglich wäre) können Cavalletti im Übrigen schliesslich sogar im Rückwärtsgang durchlaufen. Rückwärtsgehen fördert übrigens - bei Hunden und bei Pferden - die Aufwölbung des Rückens und eine bewusstere Koordination der Hinterhand.

    Das ist jetzt ein bisschen OT, aber Schnappen, Beissen und/oder eine niedrige Reizschwelle hat mit "gameness" rein gar nichts zu tun.


    Gameness ist eher ein Begriff für die Ausdauer, eine Aufgabe trotz grosser Erschöpfung (oder schweren Verletzungen) zu Ende zu bringen.


    Hallo Regula,


    Richtig, mit einer niedrigen Reizschwelle hat 'gameness' nichts zu tun. Mit kräftigem Zubeissen und dem Willen nicht abzulassen aber eben schon. Gameness ist mehr als nur Ausdauer, sondern bedeutet 'Mut', 'Kampfgeist'. Beim Kämpfen - welche Technik dabei angewandt wird ist ja erst einmal zweitrangig - ist Ausdauer sehr wohl ein Kriterium, aber eben nur, wenn die nötige Aggressivität dem Gegenüber gezeigt wird. Wenn ich meine Ausdauer in die Flucht stecke, bin ich - jedenfalls was Terrier angeht - kein typischer Vertreter, wenn ich zu eine Arbeitsrasse gehöre.


    Wenn ich mir so die Zitate aus Wikipedia dazu ('game (dog)') anschaue, gehört hier bei beiden Beispielen das Beissen implizit absolut dazu:


    Zitat

    In dog fighting breeds gameness is valued as it gives the dog the ability to maintain the attack in baiting, despite ripped flesh, dehydration, exhaustion or broken bones. As one writer describes it, "Game is the dog that won't quit fighting, the dog that'll die in the ring, the dog that'll fight with two broken legs."


    Gekämpft wird im Ring bekanntlich unter Einsatz von Zähnen. Die Idee ist also, dass die Hunde, in diesem Fall die Kampfhunderassen, trotz massiver Verletzungen nicht vom Gegner ablassen.


    Ähnlich - nur noch etwas konkreter - klingt das bei den Arbeitsterriern:


    Zitat

    Pertaining to working terriers and other small hunting dogs, earthdog trials are used to determine the dog's gameness in hunting dangerous pest species underground.[...] In the past, the Irish Kennel Club required the now-discarded Teastas Mor certification for champion animals (intended for breeding) which involved "...showing gameness in attacking badgers. Five minutes is the minimum period a terrier shall be in contact with the badger, except when the terrier draws the badger in less time." "Drawing" meant pulling the badger out of the hole. The purpose of the Teastas Mor was to determine the dog's capabilities for work and fitness for breeding, not primarily for entertainment as in the blood-sports of baiting.


    Damit sich 'dangerous pests', die ziemlich wehrhaft sein können und häufig grösser sind als der Terrier selber, aus dem Bau ziehen lassen, muss ich einiges an Gewalt und Aggressivität aufwenden. Der Hinweis, dass es sich dabei nicht 'primär' um Unterhaltung wie in den 'blood-sports of baiting', also den 'Blutsportarten' der im ersten Zitat angeführten Kampfhunde geht, macht die Sache doch recht eindeutig. Der 'Zweck' ist ein anderer, das Zuchtziel das gleiche: eine erhöhte Aggressionsbereitschaft. Unter den weiterführenden Links steht an erster Stelle dann (korrekterweise) auch 'dog aggression'.


    Im Oxford English Dictionary werden wir für 'game' unter Bedeutung III.15. und 16. fündig:


    Zitat

    III. Senses related to hunting and the chase.


    15. In later use: the sport of hunting and shooting (or otherwise catching or killing) animals, birds, etc., as a countryside pursuit.


    16. Collectively: wild animals or birds of the kind that are or have traditionally been pursued, caught, or killed for sport, or that are or have been the quarry of hunters.


    Gameness hat aus diesen Gründen meiner Meinung nach in der Haustierzucht absolut nichts verloren. Gewisse Arbeitsrassen brauchen sie (und genau das unerscheidet sie vom Haustier), die Bullrassen, aber sicher nicht - ausser man möchte tatsächlich weiterhin auf die Eignung für Hundekämpfe und Bull- oder Bear-biting selektieren. Dann sollte man aber auch so ehrlich sein und dazu stehen, anstatt 'gameness' als 'grosse Ausdauer' oder 'besonders ausgeprägten Will to Please' zu beschönigen.


    Aus der Beschreibung der TS lässt sich nun nicht ableiten ob der Hund ein Angstbeisser ist oder sich eben aufgrund seiner 'gameness' nicht die Butter vom Brot nehmen lässt.

    Nee, das ist mir jetzt zu blöde. Wenn ich da nochmal anrufe und sage, mein Freund und ich haben uns getrennt kommt das sehr unglaubwürdig rüber. Außerdem werde ich bestimmt irgendwann einmal einen neuen Partner haben und auch Besuch.. Bin jetzt auch einfach beleidigt und im Endeffekt ist es ja vielleicht besser so, auch wenn ich wirklich die Lust gehabt hätte mit ihm zu arbeiten. Es gibt noch andere arme Schnuffel da draussen..


    Hm. Das verstehe ich jetzt nicht. Meiner Meinung nach handelt das Tierheim verantwortungsvoll, indem es den Hund nicht gleich dem Nächstbesten in die Hand drückt. Glaub mir, manche Menschen erzählen und versprechen einem das Blaue vom Himmel und dann sitzt das betreffende Tier doch einige Wochen später - manchmal sogar auf Umwegen, weil man zu feige ist, das Tier selbst zurück zu bringen - wieder im Heim.


    Ich kenne beide Seiten und bin selber schon von Tierheimen abgelehnt worden, obwohl die Herrschaften mich noch nie gesehen hatten und natürlich ist das unangenehm. Sehr sogar. Im Tierschutz 'menschelt' es aber eben so gewaltig wie sonst fast nirgends. In Deinem Falle geht es ja aber noch nicht einmal um Willkür, sondern die Leute haben, bzw. hatten tatsächlich einen Grund 'nein' zu sagen. Und Du sagst selbst, dass Du ja einmal einen neuen Partner haben wirst und Besuch - und dass Du keinen 'Killer' zuhause haben willst. Mit einem notorischen Beisser - wenn wir jetzt vom schlimmsten Fall ausgehen wollen - kann das Leben aber ziemlich einsam, umständlich und stressig sein, weil man ihm nie trauen kann. Und da wir alle nicht wissen, weshalb der Hund denn beisst, finde ich es richtig, dass das Tierheim hier ganz besonders vorsichtig ist.


    Das heisst nun aber nicht, dass Du keine liebevolle Hundehalterin bist, die alles Mögliche auf sich nehmen würde, ihrem Hund gerecht zu werden und ihm ein schönes Leben zu bieten. Es heisst auch nicht, dass dieser bestimmte Hund es bei Dir nicht sehr gut hätte haben können.

    Hallo sunnydog92,


    Zuerst einmal tut es mir leid, dass Du und Dein Partner Euch getrennt habe. Es ist natürlich Deine Sache, wenn Du den Hund nicht mehr möchtest und Dein Ärger ist verständlich. Aber - die Tierheimbesitzer möchten den Hund sicher nicht noch ein drittes Mal zurück haben, weshalb ich ihre Argumente gut verstehen kann.


    ABER er neigt zu extremer Dominanz Menschen gegenüber bis hin zum beißen. Die "Ur"-Besitzerin gab den damals 1 jährigen Hund ab, weil er sie biss. Die 2. Besitzerin gab ihn ab, weil er ihren Partner biss. Tja.. doofe Sache.


    'Dominanz' finde ich in diesem Zusammenhang eine sehr schlechte Wortwahl. Ich bezweifle sehr stark, dass ein Tier aus 'Dominanzgründen' beisst. Möglicherweise geht es dem Hund um Ressourcen, z.B. um die Ressource 'Nähe zu Frauchen', um Futter, Aufmerksamkeit oder etwas ganz anderem.


    Wir haben es hier ausserdem mit einem Terrier zu tun und es ist kein Geheimnis, dass hier manche Exemplare schneller mal mit den Beisserchen zulangen, als das andere Hundetypen tun. Terrier (jedenfalls diejenigen, die den Titel noch verdienen - und ja, ich bin mir bewusst, dass ich hier zig Hunderassen über einen Kamm schere) sind keine Hunde, die lange Fackeln und gerade wenn sie noch diesen Funken 'gameness' in sich tragen, wissen sie sich mit ihrem Gebiss durchaus Respekt zu verschaffen. Das soll keine Entschuldigung sein, aber eine Erklärung. Diese nicht selten vorkommende Rauhheit sieht man auch bei Terriern im Spiel - da geht es mitunter sehr heftig und 'ernst' zu und her - der Übergang zur unfreundlichen Auseinandersetzung ist oft nicht sehr weit weg. Mit Dominanz hat das allerdings überhaupt nichts zu tun und häufig wird gebissen, wenn kein anderer Ausweg mehr zu sehen ist.



    - Wer hat Erfahrungen mit der Eingliederung von dominanten Hunden in einen Haushalt? Seine Dominanz richtet sich explizit und ausnahmslos gegen Menschen, NICHT gegen Hunde. (Mein Hund war wie gesagt dabei und die beiden haben sich verstanden bzw ignoriert. Ich lebe alleine, habe aber ab und an und aktuell natürlich auch mal Partner :D


    Könntest Du damit leben, den Hund jedes Mal weg zu sperren, wenn Besuch kommt? Wie bereits gesagt wurde kann es sein, dass man daran arbeiten, dem Hund aber nie 100%tig vertrauen kann. Möchtest und kannst Du diese Verantwortung tragen? Ich würde bei der Eingliederung vorgehen wie bei jedem anderen Hund, wobei ich noch viel mehr Wert darauf legen würde, den Hund niemals zu bedrängen und ihm so schnell wie möglich zu zeigen, dass Du ihm niemals nichts wegnimmst, bzw. wenn Du es tust, er immer etwas noch Besseres kriegt und wenn irgendwie möglich, den weggenommenen Gegenstand noch dazu. Im Grundsatz zeigen diese beiden Videos, was ich meine:


    Ressource guarding:


    'leave it':


    ABER: diese Leute sind erfahrene Trainer und die Hund in ihrem Video verteidigen keine Ressourcen. Mit einem Hund, der Ressourcen bereits verteidigt, wäre ich um ein Vielfaches vorsichtiger, langsamer und hielte viel mehr Abstand - und ich arbeite selber regelmässig mit solchen Hunden. Und trotzdem bin ich auch schon gebissen worden. Wenn Du auch nur den geringsten Zweifel daran hast, ob Du genügend Erfahrung im Lesen der Hundesprache hast oder Dir (und dem Hund!) diese Arbeit antun kannst, dann lass es. Management heisst hier ausserdem ein wichtiges Schlüsselwort: ich sorge dafür, dass der Hund niemals in eine Situation kommen kann, in der er während des Trainings Ressourcen verteidigen könnte. Und ich fasse nie, nie, nie, niemals zum Hund hin, wenn er trotzdem etwas erwischt hat, wo ich seine Zähne lieber nicht dran hätte. Ich lasse es ihn aus sicherer Distanz 'aus' geben und schicke ihn dann entweder rückwärts, aus dem Zimmer, oder in sein Körbchen/seine Box - alles Verhalten, die ich vorher schon solide und positiv aufgebaut habe. Der Hund soll zur Überzeugung kommen, dass es sich immer lohnt, etwas 'aus' zu geben. Das dümmste, was man bei einem Hund, der Ressourcen verteidigt, tun kann, ist ihn für seine Unsicherheit oder Angst, einen Gegenstand zu verlieren, noch zu bestrafen.



    - Wie geht man mit bissigen Tieren um? Er hat sich von mir streicheln und loben lassen, er war sehr freundlich. Die Dominanz fängt dann an, wenn er sich heimisch fühlt oder an-/abgeleint werden soll sowie beim Tierarzt. Er ist bissig.


    Man giesst kein Öl ins Feuer, sprich, man gibt ihm keine Gelegenheit zu beissen. Gewöhne ihn an einem Maulkorb. 'Heimisch fühlen' ist kein konkreter Grund zu beissen - hier ginge es darum, herauszufinden in welchen Situationen er beisst (und das sehe ich eigentlich als die Aufgabe des Tierheims...). Wenn an-und ableinen ein Problem sind, geht es möglicherweise um ungewünschte Nähe - hier würde sich eine dünne Hausleine anbieten, die ich sowieso in den ersten Tagen empfehlen würde. Tierarztbesuche sind so oder so eine stressige Situation auch 'nicht bissige' Hunde können sich hier einmal vergessen. Auch hier schützt ein Maulkorb, Training zum Angefasst-werden und ein langsames Gewöhnen an Tierarztpraxen.



    - Ich habe mich in ihn verliebt. Finanziell und zeitlich passt alles. Draußen ist er nett. Ich habe keine Lust auf eine Killermaschine auf meinem Sofa, die meinen 1. Hund und mich versaut.


    Dann solltest Du es vielleicht lassen. Einen Beisser kuriert man nicht eben mal damit, dass man ihn nett behandelt, da muss einiges an Wissen dahinter stecken um mit so etwas umgehen zu können.

    Super, dass Du Dich auch noch gemeldet hast, danke Jackie! :gut:


    Das Ganze hoert sich jetzt teilweise auch recht kritisch an aber im allgemeinen finde ich, dass England ein sehr angenehmes Land zum Leben ist. Ich liebe die Offenheit der Menschen und ziwschenmenschlich finde ich es hier um einiges angenehmer als in Deutschland. Ich finde das Land toll und es hat sehr viel zu bieten.


    Genau das habe ich beim Verfassen meiner eigenen Texte auch gedacht... plötzlich klang alles sehr kritisch und negativ. Aber es gibt eben auch sehr gute Gründe, weshalb ich hier wohne und mir das Leben hier gefällt. Es ist genau das Zwischenmenschliche, das mich anspricht. Auf dem Kontinent tendieren wir ja schnell dazu, Urteile zu fällen und (besonders über andere) zu richten. Ich geniesse es, dass man hier auch einmal eine 5 gerade sein lässt (und dann gibt es wieder Tage, an denen ich mich grün und blau darüber ärgere und im Geist schon die Koffer packe). Der ungeheure Optimismus, der hier herrscht, oft an Naivität und Blauäugigkeit grenzend, fasziniert mich immer wieder und ich fühle mich hier sehr willkommen, gerade weil ich mich je nach Bedarf aus dem durchaus starren Klassensystem ausklinken und eben 'fremd' sein darf und deswegen nicht allen Konventionen entsprechen muss. Diese grosse Toleranz hat aber natürlich auch ihre Schattenseiten.


    Ach, ihr weckt Sehnsüchte... *seufz*


    Oh, und wir dachten, wir seien so negativ... ;)

    Hallo zusammen,


    Die Antworten sind um Einiges länger ausgefallen, als ich dachte, aber ihr habt gefragt... ;)


    was fütterst du denn?


    Ich füttere Verschiedenes und mache das wie bei mir selber: gesunde Abwechslung zwischen selber gekocht und fertig. In letzter Zeit habe ich Markus Mühle (welches es hier ja auch gibt) und Eden, ein neueres englisches Futter gefüttert. Eden gefällt mir persönlich etwas besser, weil es keinen Mais enthält (was mich persönlich nicht stören würde, aber manche meiner Hunde verdauen das Futter nicht so gut), weil man die Grösse der Bröckchen wählen kann und weil es 'lokal' ist, auch wenn es etwas teurer ist als das MM. Futter gibts hier jedoch wirklich in Hülle und Fülle und auch Barf ist nicht unbekannt (obwohl es gerade in urbaneren Gegenden schwierig ist, einen 'echten' Metzger zu finden), obwohl die grosse Mehrzahl der Hundehalter hier sich noch nie Gedanken um die Ernährung ihres Hundes gemacht hat und die Dosen aus dem Supermarkt füttert.


    Mal so allgemein gefragt, vermisst du etwas aus Deutschland?


    Ich bin nicht aus Deutschland, aber ich vermisse öfter den kontinentalen 'gesunden Menschenverstand', wo eine nüchterne, ernsthafte, Betrachtung und demokratische Diskussion irgendwelchen emotionalen Ausbrüchen vorangeht. Die Engländer sind 'anders', wollen es sein und sind stolz darauf - das Inseldasein hat eben seine Spuren hinterlassen. Das hat Vorteile und man muss diese Exzentrizität mögen. Wenn sie von 'Europe' sprechen, meinen sie grundsätzlich die 'anderen', die Kontinentaleuropäer und schliessen sich dabei aus, egal wie sehr sie EU-Mitglied sind. Die Iren, aber teilweise auch die Schotten empfinde ich als viel 'europäischer' als die Engländer. Das Wetter ist genauso verschroben wie die Engländer selbst - man weiss nie, was kommt. Weil Grossbritannien eine Insel ist, ist das Wetter ziemlich unberechenbar. Innerhalb von fünf Minuten kann das Wetter von 'himmelhoch jauchzend' zu 'zu Tode betrübt' wechseln - und umgekehrt. Das finde ich faszinierend, und ich mag das. Ich vermisse aber die schneereichen, kalten, klirrenden Winter. Die gibt es hier nicht, es regnet nur. Ungefähr einmal im Jahr schneit es hier für zwei, drei Tage, worauf das Land im Chaos versinkt, weil Winterreifen - auch für Busse - unbekannt sind. Flughäfen werden wegen Schnee geschlossen, Züge fallen aus, Leute gehen nicht mehr aus dem Haus und zentimeterdicke Schichten von Salz werden an allen möglichen und unmöglichen Orten ausgestreut, weil man, wenn jemand hinfällt, sonst ja eine Klage am Hals haben könnte. Selbstverantwortung wird hier nicht sehr gross geschrieben und etwas wie 'selbst schuld' habe ich hier noch nie gehört. Diese Denkweise gilt als unsozial und gegen das freundliche 'Miteinander'.


    Konkret vermisse ich ein gutes und auch nur annähernd flächendeckendes ÖV-System. Dieses wurde hier - meiner Meinung nach durch die Privatisierung - in Grund und Boden gestampft. Es ist antiquiert, marode, undurchsichtig, völlig überteuert und Züge sind praktisch täglich aus unerfindlichen Gründen verspätet oder fallen, ebenfalls grundlos, einfach aus. Es ärgert in diesem Land niemanden, dass man nicht grundsätzlich damit rechnen darf, mit dem Zug zumindest einigermassen pünktlich anzukommen.


    Ich vermisse das ehrliche Interesse an Umweltschutz und Umweltstandards. Vordergründig wird Einiges getan, hintergründig ist die Mehrheit der Wohnhäuser völlig veraltet. Schimmel wird mit Reinigungsmitteln und einem Schulterzucken begegnet, auf die Idee deswegen auszuziehen oder gar das Haus zu sanieren kommt niemand - und nein, es regnet nicht grundsätzlich mehr als an anderen Orten auf dem Kontinent, aber es regnet eben öfter, dafür weniger lang. Recycling ist auf dem kontinentalen Stand der achziger und neunziger Jahre stehen geblieben, es gibt nach wie vor 'landfills', also Mülldeponien wo der Abfall vergraben wird. Kehrichtverbrennungsanlangen gibt es, aber nur sehr wenige und gerade hier im Norden ist es nach wie vor üblich, in Schrebergärten oder auf dem Bauernhof den Abfall allwöchentlich oder -monatlich selbst zu verbrennen, auch wenn es dazu sicher Einschränkungen gäbe. Hier kommt ein heuchlerischer Aspekt zum Vorschein, eine Doppelmoral, aber auch ein Widerspruch, der sich meiner Meinung nach nicht nur im Bereich des Umweltschutzes durch das ganze Land zieht.


    Hey, danke für die Infos. Dh. wenn man sich nicht an die Leinenpflicht hält, zb auf Weiden, schießt der Bauer? Oder wie sieht das dort aus mit Kontrolleuren? (wennd ie Engländer da nicht so kontrollsüchtig sind?)


    Nein. Das ist so in etwa wie die Sache mit den Jägern und den freilaufenden oder wildernden Hunden bei uns. Es kommt vor, dass Hunde erschossen werden, ist aber sehr selten - und meiner Meinung nach der Fehler des Hundehalters, der seinen Hund eben jederzeit unter Kontrolle haben sollte. Freilaufende Hunde haben auf Weiden nichts zu suchen und ein Hundeleben ist nicht mehr wert als das eines Schafes, nur weil das eine ein 'besonderes' Haus- und das andere ein Nutztier 'unter vielen anderen' ist. Ich kann Dir hierzu keine Statistik nennen, bin mir aber ziemlich sicher, dass es relativ selten vorkommt und auch dann praktisch nur, wenn ein Hund tatsächlich wildert und kein Besitzer in Sicht ist. Die Weiden hier sind oft karg und deswegen riesig - weshalb man diese hochspezialisierten Hütehunde eben wirklich brauchte und immer noch braucht um die verstreuten Schafe nach Wochen wieder zusammen zu treiben. Schafe leben wochen- manchmal monatelang sich selbst überlassen draussen und werden nicht jeden Abend in den Stall getrieben. Sie versorgen sich mehr oder weniger selber. Bis der Bauer also endlich zur Flinte gegriffen hat, wird ein Hund normalerweise genügend Gelegenheit gehabt haben, zu zeigen, dass er Schafe hetzt und verletzt. Von wild um sich schiessenden Bauern habe ich allerdings noch nie gehört, besonders nicht, wenn der Hund sich in der Nähe des Besitzers aufhielt oder gar an der Leine war.

    Gibt es sowas auch, Kontrolleure die Hunderassen überprüfen und auch Strafen verhängen wenn nach dem Hund nicht sauber gemacht wird?


    Die Rassen, die verboten sind, sind eben verboten. Punkt. Es ist unter gewissen Umständen theoretisch möglich eine Ausnahmebewilligung zu erhalten - das bedeutet dann aber, dass der Hund sein Leben lang an kurzer Leine und mit Maulkorb ausgeführt werden muss. Das ist aber sehr selten und das sind absolute Einzelfälle. Kontrolleure an sich gibt es nicht, Kontrollen sind sowieso nicht unbedingt des Engländers Stärke. Ich weiss aber, dass in manchen Städten ein Bussgeld von bis zu £1000 verhängt werden kann, wenn man wegen nicht entfernter Häufchen erwischt wird. Praktisch gesehen ist das wiederum so eine Sache - gewisse Grünstreifen hier sind trotzdem einfach nur zum Abgewöhnen.


    Wie sieht es denn mit Tierarzt aus in Sachen Erfahrung, Kosten und Fortschritt der Medizin aus?


    Mit Tierärzten habe ich generell sehr gute Erfahrungen gemacht. Hundekrankenversicherungen sind hier sehr üblich. Manchmal dünkt mich, dass dem Gesundheitssystem für Heimtiere hier mehr Beachtung geschenkt wird als demjenigen für Menschen...


    Stimmt es, dass hochwertiges Hundefutter wirklich 4 Mal so teuer ist wie in DE?


    Ich wüsste nicht, dass dem so wäre. Hier findest Du praktisch alle verfügbaren Hundefutter in England mit einer Bewertung: http://www.allaboutdogfood.co.uk/ (Einfach die Werte für Deinen Hund eingeben, dann erscheint eine Liste von Futtersorten, die Deinen Kriterien entsprechen). Ich muss gestehen, ich habe keine Ahnung, was Hundefutter in Deutschland kostet, aber vielleicht kannst Du mich ja aufklären ob es wirklich so teuer ist. Neuerdings haben sich auch einige Futtermittelhersteller aus England in den Markt für hochwertiges Futter gemischt und stellen die momentan so beliebten 80-20-0 Futtersorten her.


    Danke vielmals für das ausführliche Berichten, finde ich sehr sehr nett von dir und außerdem sehr spannend und interessant :D


    Danke Dir und sehr gerne geschehen. Wäre spannend, wenn sich die anderen in England wohnhaften Mitglieder hier auch noch melden würden.


    Wie sieht es aus denn mit Auslaufgebiten aus. Dürfen Hunde dort irgendwo frei laufen? Oder darf man sie beim Wandern im Wald, Feldrand, Wiese ableinen?


    Ja, Auslaufgebiete gibt es (jedenfalls hier im Norden) wirklich mehr als genug. Hunde, so dünkt mich, dürfen ziemlich viel frei laufen, lediglich auf Weiden müssen Hunde an der Leine sein.


    So richtige Wälder gibts ja seit den Römern hier nicht mehr und diejenigen, die wieder aufgeforstet wurden, sind meist privat. Das ist etwas, was ich übrigens sehr vermisse: auf dem Kontinent sind wir uns sehr gewöhnt, dass überall ein Feldweg entlang führt, oder dass es irgendwo einen öffentlichen Weg gibt. Das ist hier leider nicht so. Zwischen den Feldern führt höchstens einmal ein Pfad entlang. Private Wege oder privates Land gibt es häufiger und diese dürfen dann auch wirklich nicht betreten werden. Beim Wandern lohnt es sich also, Landkarten mitzunehmen und eine Leine dabei zu haben. Offizielle Wanderwege (public footpaths) oder Reitwege (public bridleways) führen öfters mal durch riesige Weiden, wo Hunde angeleint sein müssen. Andererseits finde ich immer wieder Flecken, wo der Hund nach Herzenslust frei laufen kann - das empfand ich nie als Problem. Flexileinen sind aber deshalb bei den Engländern hoch im Kurs - und Schleppleinen vollständig unbekannt. Es gibt ziemlich viele Strände, die hundefreundlich sind und wo Hunde ebenfalls frei laufen dürfen.


    Bisher habe ich über Hunde nur gelesen dass diese angeblich alle wohl erzogen seien... man lernt nie aus :D


    Oh, also wer immer das geschrieben hat, kann nicht im Norden wohnen! :lol: Aber gut, Erziehung kommt natürlich immer sehr auf die Erwartung an. Viele Engländer sind 'schon' zufrieden wenn ihr Hund niemandem etwas tut - Labradorstereotypie eben. Ich wohne jetzt doch schon ein ganzes Weilchen hier, kann aber an einer einzigen Hand abzählen, wie oft entgegenkommende Hunde angeleint wurden, wenn meine an der Leine waren - diese 'Regel' ist sozusagen völlig unbekannt. Wenn ich da die 'Erfolgsquote' an Momenten, in denen entgegenkommende Hunde tatsächlich angeleint wurden, als meine es auch waren, auf die Jahre, die ich schon hier bin, herunter zu brechen versuchte - oh dear...


    Oh, und herzlichen Dank für die Blumen, Fusselnase! :smile: