Hallo LittleLea,
Tut mir leid, dass Dein Thread hier untergegangen ist. Normalerweise kriegt man hier sehr schnell eine Antwort. Da sich die beiden bereits angesprochenen User aber noch nicht gemeldet haben, berichte ich gerne über meine eigenen Erfahrungen.
Also:*nähkästchenaufklapp*
England ist grundsätzlich ein sehr hundefreundliches Land. So etwas wie eine Hundesteuer gibt es nicht, aber Du bist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Dein Hund ein Halsband mit einer Marke trägt, auf der mindestens Name und Adresse des Halters stehen. Manche lassen auch den Namen des Hundes und eine Telefonnummer noch dazu gravieren. Diese Pet-tags kriegt man überall, es gibt keine Regelung wie die Marke auszusehen hat. (siehe z.B.: http://www.thekennelclub.org.u…/dog-identification-tags/) Ich meine mich zu erinnern, dass explizit von einem Halsband die Rede ist und man - theoretisch - die Marke nicht einem Geschirr befestigen darf - ich könnte mich dabei allerdings irren. Meine Hunde trugen und tragen jedenfalls immer mindestens ein Halsband, öfter beides. Ansonsten darf ein Hund niemals 'ausser Kontrolle' sein - was das bedeutet, liegt natürlich schlussendlich und im schlimmsten Fall im Ermessen des Richters (siehe: https://www.gov.uk/control-dog-public/overview). Es reicht schon, wenn sich jemand von Deinem Hund bedroht fühlt und Bauern dürfen Hunde erschiessen wenn sie den Eindruck haben, dass ein Hund ihr Vieh bedroht. Die Regeln sind also im Grunde genommen klar und relativ streng - nur braucht es, jedenfalls im Norden, ziemlich viel, bis sich jemand bedroht fühlt. Einen anspringende Hunde sind hier schon fast an der Tagesordnung. Einige Rassen sind hier verboten: PitBulls, (Staffies und alle möglichen Mixe daraus sind aber erlaubt und sehr beliebt), Tosa, Fila Brasiliero und Dogo Argentino. (siehe: https://www.gov.uk/control-dog-public/banned-dogs)
Ich fühlte und fühle mich in England mit Hunden immer sehr wohl. Viele Leute sind Hunden sehr gut gesinnt und in relativ vielen Pubs sind Hunde erlaubt - gerade auf dem Land. Negativ fielen mir die häufig völlig fehlende Erziehung von Hunden, die mangelhafte Etikette unter den Hundehaltern und die völlig verfetteten Vierbeiner auf. Viele Hunde - meist aber der klassische Mittelklasse-Labrador - werden einfach im Park von der Leine gelassen und werden irgendwann, wenn der 'Spaziergang' zu Ende ist oder die 'Spielpartner' ausgegangen sind, wieder eingefangen, denn man scheint davon auszugehen, dass so etwas wie Abruf entweder im Hund einprogrammiert ist oder eben nicht. Bis das Tier wieder eingesammelt wird, wird fröhlich alles angesprungen, 'bespielt' und gemobbt was bei drei nicht auf den Bäumen ist. So etwas wie Training habe ich hier noch selten erlebt - und das im Land, das Agility, Obedience und HTM 'erfunden' hat und das Ikonen wie Mary Ray zu seinen Einwohners zählt... Aber das ist England pur: ein Land voller Widersprüche.
Positiv fällt mir auf, dass die meisten Hunde zwar völlig verfettet und unerzogen, aber sehr freundlich sind. Mit scheuen oder aggressiven Hunden wird hier schnellen Prozess gemacht - was nicht funktioniert, wird beseitigt und abgetan mit 'der war nicht richtig im Kopf'. Ein riesiger Unterschied wird zwischen 'pet dog' (Haustier) und 'working' dog (Arbeitshund) gemacht, wobei viele Mittelklassebesitzer ungeheuer stolz auf ihren Labrador aus Arbeitslinie sind - oder wenn der Grossvater, Vater, Cousin (zutreffendes unterstreichen) die Crufts gewonnen hat. Ob das Tier dann auch wirklich 'arbeitet', spielt eben keine Rolle - der Labrador ist hier ein Statussymbol.
Die Klassengesellschaft spiegelt sich auch sehr in den beliebtesten Rassen:
Untere bis mittlere Schichten tendieren ganz klar zu Staff, Rottie, Patterdale Terrier, Lurcher (ein 'Arbeitsmix' aus Windhund und Terrier), Deutschem Schäferhund (der Malinois ist praktisch unbekannt in privaten Haushalten), Möpse, Französische Bulldoggen, Huskies, und der derzeitigen Moderasse, dem Akita.
Die 'anxious middle class', also die mittleren Schichten, die sich um jeden Preis vom Pöbel abheben und 'dazu gehören' möchte hält Labradore, Golden Retriever, Spaniels (Springer, Cocker, Cavaliers), Border Collies, bzw. Sheepdogs, Doodles (Labradoodle sind sehr populär, aber auch Cockapoos) und Border Terrier. 'Neureiche' und solche, die gerne in den oberen Klassen dabei wären, halten oft Weimaraner und Vizslas. Die 'alternative' middle class hält Mischlinge aus dem Tierheim, allesamt 'Rescues' (also 'Gerettete), und ist stolz darauf. Es ist im Übrigen kein Zufall, dass der Hund in 'Downton Abbey' ein gelber Labrador ist... soll ja die Zielgruppe ansprechen - und das ist nun mal die middle class.
Obere Klassen halten oft Hunde einfach Geschmack, je schräger und je mehr Stammbaum, desto besser. Jagdhunde wie der Pointer sind nach wie vor 'in', weniger als Gebrauchshund denn als Statussymbol.Spannend hierzu ist vielleicht dieser Link: http://www.bbc.co.uk/news/uk-england-27690167
Hunde sind in den meisten Parks und Gärten (auch diejenigen der Herrschaftshäuser) willkommen, allerdings herrscht Leinenpflicht und man wird gebeten, keinen Dreck zu hinterlassen. Dogwalkers, -sitter und Hundefrisöre sind ein riesiger Businesszweig, obwohl es gerade hier wichtig ist, die Spreu vom Weizen zu trennen. Grossartig finde ich, dass Hunde in Bussen und Zügen gratis sind, das erleichtert (und vergünstigt!) Vieles. In die Underground in London dürfen sie aber wohl nicht.
Ich hoffe, das hilft fürs Erste. Hake ruhig nochmal nach, wenn Du noch weitere Fragen hast.