Hallo synapstic,
Grundsätzlich spricht in Eurer Situation, so wie Du sie beschreibst, nichts gegen einen Hund. Die Rasse - wenn ihr Euch denn für einen Rassehund entscheidet - ist besonders für die Kinderfreundlichkeit häufig (häufig, nicht immer!) zweitrangig. Wichtig ist eher das Nervenkostüm des Tieres und der Sachverstand der Familie. Tatsache ist, dass die meisten kinderhassenden Hunde aus Familien mit Kindern kommen. Warum? Häufig wird vergessen, dass neben den Kindern, auch die Hunde ihre Bedürfnisse haben. Familienhund kann ein echt anstrengender Job für einen Hund sein und nicht jeder ist dafür gemacht. Jedes Familienmitglied hat individuelle Verhaltensweisen dem Hund gegenüber und erwartet andere Dinge von ihm. Der Vater sucht einen Sportkameraden, der problemlos beim Joggen nebenherläuft, die Mutter einen Hund für den Begleithundekurs am Samstag, die älteste Tochter einen Agilityknaller fürs Mittwochtraining und die Wettkämpfe am Wochenende und die kleinen Zwillinge einfach einen kuscheligen Freund, der mit ihnen ein Brötchen teilt, ihnen das Eis aber nicht aus der Hand klaut... Dass es da beim Hund schnell zu Verwirrung und Unsicherheit kommen kann, die sich dann im schlimmsten Fall in Aggression niederschlägt, ist wohl gut zu verstehen. Soll ein Hund ein guter Familienhund werden, ist es also ganz besonders wichtig, ein dafür geeignetes Tier auszusuchen, es entsprechend zu erziehen und seine eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Ein Familienhund braucht einen geschützten Rückzugsort, auf den er sich jederzeit zurückziehen kann ohne fürchten zu müssen, dass er da gestört wird. Welpen, aber auch manche erwachsenen Hunde, wissen nicht, wann sie Ruhe brauchen - das müssen sie erst mit Hilfe einer soliden Erziehung lernen.
Vielleicht könnte für Euch tatsächlich ein bereits erwachsener Secondhand-Hund eine gute Alternative sein, weil man dabei schon weiss, wie er zu Kindern steht. Echte Kinderhunde sind Gold wert, leider gibt es davon weniger, als viele glauben. Hört und sieht Euch also um, wenn ein bereits ausgewachsener Hund für Euch in Frage kommt.
In Bezug auf die Rasse, sind für Eure Bedürfnisse viele geeignet - vorausgesetzt sie haben die richtige nervliche Disposition für einen Familienhund. Es gibt ab und zu mittelmässige bis gute Wächter unter den Flat Coated Retrievern, dafür gezüchtet wurden sie aber sicher nicht. Wenn Fremde ums Haus schleichen, bellen allerdings sehr viele Hunde, auch viele Retriever. Das Problem bei der Suche nach einem 'Familien-Wachhund' ist auch, dass man häufig nicht bedenkt, dass der Hund zwischen Freunden und Feinden nicht so ohne Weiteres unterscheiden kann. Will man wirklich einen Hund, der Fremde gnadenlos vertreibt? Was ist, wenn die Kinder unangekündigt mal Freunde mitbringen?
Bei Flat Coated Retrievern habe ich bei Rüden häufig rüpelige Tendenzen anderen Rüden gegenüber festgestellt - die Hündinnen, die ich kennen gelernt habe, waren da sehr viel problemloser. Flats sind die Workaholics unter den Retrievern - immer auf Draht, und tendieren deshalb manchmal zur Nervosität. Für Retriever fordern sie viel Aufmerksamkeit und können deshalb etwas anstrengend werden. Sie haben ausserdem den Ruf, stur zu sein. Man sagt nicht umsonst, dass man in der Zeit, die man braucht um einen Flat zu trainieren, auch zwei Labis und einen Golden auf dasselbe Level hätte bringen können... Im Vergleich zum Berner hingegen, ist ein Flat sehr leichtführig. Einen Flat muss man bitten, ein Berner will überzeugt werden.
Ein Sennenhund bringt sicher viele der Qualitäten mit, die ihr sucht, wobei ich beim Berner auf eine Zucht achten würde, die leichtgebaute, sportliche Hunde produziert. Berner neigen gerne einmal zu Übergewicht und sie sind aufgrund ihres Körperbaus sicher nicht dafür geeignet, regelmässig sehr grosse Distanzen zu laufen. Wenn ihr also für einen Marathon trainiert, sehe ich den Berner nicht unbedingt als die geeignete Rasse für Euch. Geht es allerdings nur darum, zweimal die Woche ein paar Kilometer in den Wald zu joggen, sehe ich dabei kein Problem. Berner sind oft wunderbare Familienhunde, aber sie werden häufig nicht sehr alt und sind in späteren Jahren eher keine grossen Sportler mehr. Berner sind vielfach gemütliche Hunde, die es geniessen, wenn die ganze Familie zusammen ist.
Appenzeller sind da etwas anders. Zusammen mit den Entlebuchern sind sie die Border Collies unter den Sennenhunden. Appenzeller brauchen eine ruhige, aber klare Führung. Kommen sie aus einer schlechten Zucht oder wurden falsch erzogen, werden sie zu Kläffern und Angstbeissern. Sie brauchen mehr Führung als der durchschnittliche Berner, sind aber in jedem Fall sportlicher.
Wenn ihr Euch für verschiedene Rassen interessiert: wart ihr denn schon einmal auf einer grossen Ausstellung? Hier trifft man Halter, Züchter und vor allem: die Rassehunde, die einen interessieren. Vielleicht hilft Euch auch das bei Eurer Suche weiter?