Hallo Stella12,
Herzlichen Glückwunsch zum baldigen Hundekauf! Mich würde interessieren, aufgrund welcher Kriterien ihr Euch für diese fünf Rassen entschieden habt. Diese Rassen stellen nämlich unterschiedliche Ansprüche und vom Beardie zum Toller ist es wesens- und charaktermässig schon ein grosser Schritt.
Eure Ansprüche, sagst Du, sind ja folgende:
ZitatDass wünschen wir uns:
-Familienfreundlich
-Lernfreudig
-verspielt
-Wasserfreudig
-apportierfreudig
Lernfreude, Verspieltheit und z.T. auch Apportierfreudigkeit sind bis zu einem gewissen Grad Wesenssache - das kann also durchaus in den Genen liegen. Hierbei ist der wichtigste Punkt, einen guten, gewissenhaften und vor allem ehrlichen Züchter zu finden. Wasserfreude kann angeboren, unter Umständen aber auch anerzogen sein. Diese hat viel mit der Sozialisation des Hundes zu tun und die Chancen, dass ein Retriever eher Freude am Wasser hat, sind natürlich grösser. Bei Lagottos und Beardies kenne ich sehr wenige Wasserratten. Familienfreundlichkeit wird einem Hund anerzogen, bzw. häufig ist leider eher das Gegenteil der Fall. Viele Kinderhasserhunde kommen aus Familien... Es ist ganz wichtig, dass der Hund einen Rückzugsort hat, an dem er nicht gestört wird und zur Ruhe kommen kann. Einem Welpen muss man diesen allerdings schmackhaft machen - er wird kaum von selber merken, wann er Ruhe braucht. Ausserdem sollte die ganze Familie gewisse Regeln einhalten, damit der Hund eine klare Struktur erhält.
Was Dein Alter betrifft: ich kenne Kinder, die sind mit 10 schon souverän mit Neufundländern, Huskies, Hovawarten und anderen grossen, kräftigen Hunden problemlos um die Häuser gezogen und andere, die mit 17 noch nicht in der Lage waren, ihre Cocker Spaniel fest zu halten. Das kommt sehr auf die Technik und das Selbstvertrauen des Kindes bzw. des Jugendlichen an. Wenn allerdings von Anfang an in eine solide und konsequente Erziehung des Hundes investiert wird, werden solche Probleme erst gar nicht auftreten.
Wichtig ist weniger, was ihr mit Eurem zukünftigen Hund nebenher noch so hobbymässig treibt, sondern eher, wie Eure Spaziergänge üblicherweise aussehen werden. Einmal oder zweimal wöchtentliches Training wird nicht reichen, wenn Eure restlichen Spaziergänge nur zweimal täglich einmal um den Block führen. Ausserdem sehe ich weder den Beardie, noch den Lagotto als Naturtalente im Apportieren - was allerdings nicht heisst, dass sie es nicht lernen können. Wenn Euch das Apportieren jedoch sehr wichtig ist, ist die Chance, mit einem Retriever glücklich zu werden, erheblich grösser. Könntet ihr gut mit einem Apportiermuffel umgehen oder würdet ihr dann stets etwas neidisch auf die Retrieverbesitzer mit ihren Apportieraficionados schielen?
ZitatWir haben uns noch mehrmals zusammengesetzt und haben jetzt 5 Rassen in die engere Auswahl geholt.
-Beardie
-Toller
-Lagotto
-Labrador
-Flat Coated
Der Beardie ist ein Hütehund. Häufig sind Vertreter dieser Rasse kleine Sensibelchen und reagieren empfindlich auf Hektik, Stress und Lärm. Sie können schnell zum Kläffer werden und tendieren zum Hüten (Umkreisen), was im Extremfall sogar dazu führen kann, dass sie zum Beisser werden. Sie sind witzige und verspielte Hunde, ich würde einer lauten, lebhaften Familie allerdings eher von dieser Rasse abraten. Beardies brauchen viel Ruhe, Souveränität, Sicherheit und Klarheit. Sie wollen geführt werden und brauchen diese ruhige Führung unbedingt. Sein Fell muss man mögen: bei Schmuddelwetter bringt er viel Dreck (und die nicht sehr dezente Duftnote 'nasser Hund') in die Wohnung aufgrund des langen Haares - dieses will auch gepflegt und gebürstet werden, sonst verknotet es. Der Beardie ist im Vergleich zum Labrador also sicher pflegeintensiver was die Fellpflege angeht.
Der Lagotto ist heute ein typischer Familienhund. Er haart nicht, bringt aber trotzdem Einiges an Schmutz in die Wohnung, weil sich allerlei Kletten und kleine Äste in seinem Fell verfangen. Er ist deshalb viel schwieriger wieder sauber zu kriegen als ein Hund mit glatten Fell - und man muss ihn scheren. Bei den Lagottos gibt es allerdings viele Exemplare, die kaum riechen. Darauf kann man sich aber nicht unbedingt verlassen. Lagottos sind kleine Allrounder, von denen fiese Zungen behaupten, dass sie "alles können, aber nichts so richtig". Aufgrund ihres ursprünglichen Verwendungszwecks als Trüffelsuchhund liegt vielen Lagottos Nasenarbeit eher als Apportiertraining, wobei es auch da Exemplare gibt, die mit ihrer Nase gar nichts anfangen können. Lagottos sind häufig relativ unkomplizierte Hunde, die allerdings nicht ganz so führig und arbeitswillig wie die Retriever oder der Beardie sind. Ich muss allerdings zugeben, dass meine persönliche Vorliebe bei kraushaarigen Hunden dann doch ganz klar die Pudel sind. Diese haben leider völlig zu Unrecht einen schlechten Ruf, sind in fast jeder Grösse zu haben und im Gegensatz zum Lagotto weniger stur, arbeitswillig, aber nicht arbeitssüchtig, friedlich und sehr führig ohne durchzudrehen wenn sie mal eine Woche kürzer treten müssen weil die Besitzer etwas weniger Zeit haben.
Der Labrador ist sicher als der Familienhund schlechthin bekannt. Hierbei kommt es aber sehr auf eine gute Zucht an, die möglichst weder besonders leistungsorientiert (Arbeitslinie) noch auf Show (Showlinie) züchtet. Hunde aus einer leistungsorientierten Arbeitslinie sind häufig workaholics, die nicht als Familienhunde taugen, während Hunde aus einer Showlinie zwar häufig ruhiger, jedoch öfter zu Übergewicht neigen. Wenn Euch im Übrigen nur die Möglichkeit zu Übergewicht vom Labrador abhält, möchte ich nur kurz erwähnen, dass ein Hund nur übergewichtig wird, wenn man ihn überfüttert... von Luft, Bewegung und gut rationiertem Futter wird kein Hund dick. Von unkontrolliertem Füttern allerdings schon. Eine klare Voraussage beim Labrador zu machen ist schwierig, gerade weil es so viele Exemplare gibt. Geht man allerdings vom 'typischen' Rassevertreter aus, ist er mit ein wenig Sachverstand relativ leicht zu erziehen und verzeiht auch mal einen Fehler.
Der Flat Coated Retriever ist ein sensibleres Kaliber als der Labrador, allerdings auch mit einem grösseren Sturkopf und nicht selten auch mit einer gewissen Schärfe ausgestattet. Er ist wohl der eleganteste der Retriever, aber nicht unbedingt einfach zu führen. Rüden können häufig aggressiv gegen andere Rüden, manchmal sogar generell gegen andere Hunde oder selten auch Menschen werden. Es heisst, die Zeit, die man dazu benötigt einen Flat auszubilden, könne man auch dafür aufwenden drei Labradors oder zwei Golden zu trainieren... Flats drehen gerne auf, was manchmal sogar in Richtung Hyperaktivität gehen kann und sind dem Beardie in diesem Zug nicht unähnlich. "Flatcoats do it with a wagging tail" ('Flatcoats tun es mit einem wedelnden Schwanz'), d.h. mit viel Aufregung und Enthusiasmus, ist die nette Variante dafür. Hündinnen habe ich im Gegensatz zu Rüden als viel verträglicher erlebt. Ein Flat braucht viel ruhige Führung und Geduld, aber dann arbeitet er mit Begeisterung mit.
Die Toller sind als Rasse relativ uneinheitlich und unterscheiden sich häufig je nach Zucht in Körperform, Arbeitswille und Charakter. Sie werden immer noch als kleine "Exoten" unter den Retrievern gehandelt, obwohl der Curly und der Chesapeake Bay Retriever noch viel seltener anzutreffen sind. Sie sind Menschen gegenüber häufig sehr aufgeschlossen und aktiv, aber weniger arbeitswillig als Labrador und Flat indem sie schneller hinterfragen. Sie sind gerne bereit für ihren Menschen zu arbeiten, aber nachdem sie eine Übung zum dritten Mal hintereinander absolviert haben, wir ihnen langweilig. Ich habe einige Toller erlebt, die sich sehr eng an ihre Menschen gebunden haben, Fremden gegenüber aber reserviert bis scheu waren. In jedem Fall sind sie Fremden gegenüber weniger aufdringlich als Flat und Labrador. Sie brauchen viel geistige Abwechslung, sind gleichzeitig aber selbstständiger als Labrador oder Golden.
Viel Glück bei der Hundesuche!