Naja, völlig unrecht haben beide Seiten nicht. Was ich allerdings nicht in Ordnung finde, ist dem Rütter jetzt Worte oder eine Haltung in den Mund zu legen, die er so nie gesagt oder vertreten hat. Da wünschte ich mir mehr Aufmerksamkeit und weniger Polemik.
Es gibt tatsächlich keinen vernünftigen Grund, weshalb der Hund links zu führen ist. Und ja, dauerhafte, einseitige Belastung ist schädlich. Ich sehe z.B. kein Hindernis darin, die Prüfungsordnungen so umzuschreiben, dass bei Sportprüfungen beides gezeigt werden muss: Fuss auf der linken und auf der rechten Seite des Hundeführers. Würde trainings- und alltagstechnisch viel mehr Sinn machen.
Und die Tatsache, dass die Prüfung 'Begleithundeprüfung' heisst, ist irreführend. Sie reflektiert in keinster Weise, dass es eine reine Gehorsamsprüfung und Fleissarbeit ist, welche keinerlei Aussagekraft darüber hat, ob ein Hund, der sie bestanden hat, ein guter 'Begleithund' im Alltag ist. Ist ja nicht so, dass diejenigen Hunde, welche man (u.a. auch hier im Forum) als 'Begleithunde' bezeichnet, dann besonders geeignet für ebendiese Prüfungen wären. Da finde ich die Terminologie für Laien also unnötig verwirrend.
Ausserdem dünkt mich, dass eine 'Begleithundeprüfung' jetzt nicht unbedingt darauf hinweist, dass man viele Stunden ins Training mit seinem Hund dafür investiert hat. Das klingt - genau wie Rütter darauf hinweist - eben nach so einer kleinen Sache, die man doch gar nicht trainieren muss. Die Prüfung zeigt doch aber, wenn nicht die Alltagstauglichkeit und Problemlosigkeit eines Hundes, immerhin, dass der Halter bereit ist, mit den Hund zu arbeiten. Und das sollte honoriert werden. Die Prüfung an sich ist ja auch nicht das Problem - und so wie ich Rütter verstanden habe, ging es ihm auch gar nicht darum. Ich bin nur der Meinung, dass man die 'Begleithundeprüfung' umbenennen sollte. Wie wäre es denn z.B. mit 'Sporthundeprüfung'?
Und wenn wir schon bei verwirrenden, veralteten und problematischen Nomenklaturen sind: auch ich finde, das Wort 'Hundeführer' müsste überdacht werden. Es hat, in Bezug auf den 'Kadavergehorsam' (doch, doch, das ist schon ganz das richtige Wort, siehe unten) den wir unseren Hunden in derartigen Prüfungen abverlagen, einen sehr negativen Beigeschmack. Zumal sich die Trainingsmethoden seit dem Zeitpunkt, als das Wort 'Hundeführer' noch eher an das herankam, was es auch suggeriert, in den meisten Fällen ja glücklicherweise wirklich drastisch geändert haben.
Hundesport hat per se erst mal nix mit Kadavergehorsam zu tun (früher vl da hatte es auch einen anderen hintergrund) ... heut gewinnst du mit solchen Hunden nicht mal mehr n Blumentopf ...
Nun, Kadavergehorsam mag zwar ein sehr unschöner Ausdruck sein, doch seine Bedeutung trifft eben doch genau auf das zu, was in Unterordnungsprüfungen vom Hund verlangt wird:
Kadavergehorsam ist ein 'blinder Gehorsam' (Duden), ' bei dem der Gehorchende sich einem fremden Willen uneingeschränkt, wie ein willenloser Kadaver, unterwirft' (Wikipedia). Über den Kadaver kann man meinetwegen diskutieren, aber der Rest trifft doch absolut auf das zu, worauf wir unsere Hunde bei Prüfungen trainieren: absoluten Gehorsam, ohne in diesem Moment möglichen anderen Wünschen nachzugehen.
Kadavergehorsam definiert nicht, wie lange sich der Gehorchende dem fremden Willen unterwirft ('aber ich mache das ja nicht stundenlang'), oder ob er dies durch Zwang oder freudig und freiwillig tut ('aber mein Hund *will* mir doch gehorchen und hat Spass daran!'). Obwohl der Wortanfang natürlich durchaus impliziert, dass man dem Willen des Befehlsgebers ziemlich hilflos und passiv gegenübersteht.
Auch mir kann man bezüglich dieses Themas natürlich gern Ignoranz und Inkompetenz unterstellen. Aber ich laufe selbst mit meinen Hunden Prüfungen und trainiere sie darauf hin. Ich habe aber keinerlei Probleme damit, zuzugeben, dass in diesen Momenten tatsächlich Kadavergehorsam von meinen Hunden verlangt wird.