Beiträge von AnnetteV

    Naja, aber wenn da wieder jeder sein eigenes Süppchen kocht, wie er es gern hätte, kommt man ja auch keinen Schritt weiter, sondern hat am Ende eine unübersichtliche Gemengelage, bei der man die Übersicht verliert und vielleicht einen großen Genpool hat, aber nicht mehr wirklich eine Ahnung, was das jetzt eigentlich ist.

    Nicht, wenn ich Buch darüber führe, wen ich mit wem verpaare. Ob das auch stimmt, was ich aufschreibe, lässt sich heute problemlos auch über Tests nachweisen. Ausserdem haben wir heute problemlos die Möglichkeit, auch grosse Datenbanken relativ einfach zu erstellen, zu bearbeiten und zu nutzen.


    Naja, aber wenn da wieder jeder sein eigenes Süppchen kocht, wie er es gern hätte, kommt man ja auch keinen Schritt weiter, sondern hat am Ende eine unübersichtliche Gemengelage, bei der man die Übersicht verliert und vielleicht einen großen Genpool hat, aber nicht mehr wirklich eine Ahnung, was das jetzt eigentlich ist.
    Ohne ein zusammenhängendes Konzept, macht es doch keinen Sinn, dann hat man am Ende wie beim Elo nur einen lizensierten Markennamen unter dem einen alles passieren kann und bei dem man am ende genau so verloren dasteht als Anfänger, wie jetzt aktuell bei den Hobbyvermehrern.

    Passiert nicht genau das gerade sowieso? Die uneinheitlichen Ideen, wie der 'heutige' Dobermann zu sein hat, treibt ja bereits jetzt die Züchtergemeinde derart auseinander, dass persönliche Befindlichkeiten wichtiger zu sein scheinen, als die Rettung der Rasse, die man ja angeblich so liebt...


    Jeder vernünftige Züchter möchte doch seiner Idee vom 'perfekten' Hund ein Stück näher kommen, ob mit oder ohne offene Zuchtbücher - wieso sollte sich das ändern? Ich würde bei keinem Käufer einen Hund holen, der in seine Dackelzucht heute Malinois, morgen Kangal einzukreuzt, einfach weil man es kann. Und ob dieser Hund dann tatsächlich noch als Dackel durchzugehen mag, wage ich zu bezweifeln.


    Ich bin aber auch überzeugt, dass genau das nicht passieren wird. Interessanterweise fühlt sich ja auch jeder Vermehrer dazu berufen, Hunde zu produzieren, welche dem Bild eines x oder eines y entsprechen - auch wenn es im Prinzip völlig schnurz ist, weil Leute, die dort Hunde kaufen, im Grunde genommen einfach einen 'Begleithund' in dieser oder jener Optik suchen.


    Und auch wenn die Warmblutzucht hier immer gern als positives Beispiel angeführt wird, man darf eben einfach nicht vergessen, wie viel Ausschuss dabei auf der Strecke bleibt und wie viele Leute xmal das Pferd wechseln, bis es passt.


    Und da muss einfach die Frage gestellt werden dürfen, ob man das beim Hund auch möchte. Je unberechenbarer die Entwicklung, desto wahrscheinlicher Probleme und Abgabe.
    Würde man damit die Tierschutzproblematik nicht noch mehr ankurbeln?
    In der Pferdezucht wird halt zwischendrin mal entsorgt, was keiner gebrauchen kann. In der Hundezucht steht da in vielen Ländern der Tierschutz vor.

    Ein gewisser 'Ausschuss' besteht ja sowieso immer. Das Problem wird mit offenen Zuchtbüchern weder besser, noch schlimmer.

    Und dann kam, als man es auf ein paar Rassen eingegrenzt hatte, der große Knackpunkt, nämlich die Frage, in welche Richtung man Wesenänderungen hinnehmen würde bzw. in welche Richtung da das Kreuzungsziel gehen sollte.
    Optisch war man interessanterweise selbst bei den Showzüchtern durchaus bereit, eine kleine Kröte zu schlucken... Fellveränderung, Ohrform, Farbe... darauf konnte man sich spannenderweise sogar halbwegs verständigen, aber die Frage nach dem Wesen brachte letztlich den großen Knall.
    Die einen bevorzugten den Weg back to basics mit wieder verstärkten Arbeitseigenschaften durch die Einkreuzung - hier war der DJT ganz hoch im Kurs, was auch mein persönlicher Favorit war.
    Die anderen plädierten für Veränderung in Richtung Begleithund und bessere Vermerktbarkeit.

    Und genau da würden offene Zuchtbücher doch helfen: wer den Dobermann, 'rein' wie er ist, erhalten will, kann das tun. Wer eher Richtung Begleithund gehen will, selektiert dahingehend. Wer einen Gebrauchshund will, kreuzt entsprechend ein. Auch hier wird die Nachfrage das Angebot bestimmen. Und ja, 'den einen, richtigen' Dobermann gibts dann eben in dieser Form nicht mehr. Ist aber vielleicht auch gar nicht so tragisch, wenn 'der eine, richtige' Dobermann mittlerweile weder Fisch noch Vogel mehr ist und man von Glück reden kann, wenn dieses wunderschöne und ursprünglich knallharte Arbeitstier länger als 8 Jahre lebt.


    Was ein 'richtiger' Dobermann ist, nun, darüber streiten sich ja eh die Geister. Ich kann mich noch gut an den Aufruhr erinnern, als plötzlich die Ohren nicht mehr kupiert werden durften... Was für ein Zeter und Mordio von wegen 'nicht mehr der gleiche Hund.'


    Und damit man mich nicht falsch versteht: ich möchte nicht den Dobermann an sich abschaffen und mag diesen Typ Hund sehr. Aber ich möchte die Art, wie Dobermänner (und die anderen anerkannten Rassen unter der FCI) seit den Anfängen der 'Reinzucht' selektiert werden, verändern.

    Ich möchte nur kurz einwerfen, dass keiner, auch nicht der beste über positive Verstärkung arbeitende Trainer, ohne Strafe arbeitet. Wenn wir Strafe hören, verbinden wir das oft - in verschiedenen Stärkegraden - mit Lautwerden, mit Schlagen oder damit, Gegenstände um sich oder gezielt zu werfen. Das ist unser äffisches Erbe. Erstens strafen wir so, und zweitens tendieren wir häufig dazu, in Eskalationen und Extremen zu denken. Aber Strafe muss nicht zwingend emotional und spektakulär sein. Es reicht, wenn der Lernende in eine Situation kommt, in der er etwas nicht richtig gemacht hat und Frust aufkommt. Keinen Klick, keinen Keks, keine Anerkennung zu erhalten, ist sogar so bestrafend, dass viele Tiere (und Menschen) bei zu geringer Belohnungsrate einfach davon laufen. Und der unerfahrene Trainer dann denkt, 'diese Methode funktioniert bei meinem Tier nicht.'


    Wenn wir über Training und Erziehung diskutieren, sprechen wir über eine Verhaltensänderung. Dazu müssen alte Verhaltensmuster aufgebrochen oder erlernt und vor allem auch neue Strukturen und Regeln eingeführt werden. Beides ist mit einem gewissen Grad von Frust verbunden - ohne einen Anlass, dafür zu haben, also ohne eine gewisse Knappheit in irgend einem Bereich, verändert nämlich keiner sein Verhalten. Niemand lernt einfach 'aus Liebe,' sondern man lernt, um seine Welt, sein Leben, in irgend einer Weise besser zu machen.


    Menschen, die nun versuchen, über positive Verstärkung zu arbeiten, versuchen oft, diesen Frust beim Lernenden möglich gering zu halten. Und viele davon möchten auch ohne Einschüchterung des Lehrlings arbeiten. Die Frage ist also eher weniger, ob man 'völlig ohne Strafe' arbeitet, sondern eher, worauf man im Training den Fokus legt und wie bewusst man sich der Wechselwirkung von Strafe und Belohnung ist.


    Insofern widersprechen sich positive Verstärkung und klare Strukturen also nicht. Im Gegenteil: jeder (gute) Trainer, der sich arbeiten über positive Verstärkung auf die Flagge geschrieben und diesen Namen auch verdient hat, ist sich sehr bewusst, dass eine ganz klare Struktur, glasklare Regeln, das A und das O für gutes Training sind.

    Ich sehe das Problem da einfach darin, den passenden Hund zu finden.


    Ich haette keinerlei Bock auf nen Welpen aus einer Mali-BBS-Verpaarung. Einfach weil das was ich an BBS kenne nichts ist, was man zum Aggressionspotential des Malis braucht. Gesundheit alleine ist nicht alles! Was bringt mir ein kerngesunder Hund (den es so nicht gibt, also bezogen auf die gesamte Population) der z.B. aus der Hysterie/Angst raus alles zerlegt was sich bewegt?
    Voellig andere Rassen sind mAn unsinnig, weil es kein sinnvolles Ziel dahinter geben kann. Was soll man mit einem Mali-Pudel-Mix? Oder einem Mali-Weimaraner-Mix.
    Somit waere ein offenes ZB zwar vom Grundgedanken her nicht schlecht. Aber das 'Endprodukt' waere fuer mich (!) fraglich!

    Ja, dieses Problem sehe ich auch und in diesem Punkt sind wir uns völlig einig.


    Es ist ja nun aber nicht so, dass Du dann - um bei Deiner Rasse zu bleiben - zwingend einen Mali/BBS Hund kaufen musst oder dass es dann nur noch Mali/BBS Mixe gäbe - es bliebe Dir als Züchter nach wie vor selbst überlassen, eine Mali/Mali-Verpaarung zu machen. Auch als Käufer kaufst Du dann eben, genau wie heute, da, wo Du glaubst, den für Deine Ansprüche passenden Hund zu kaufen. Ich bin überzeugt, dass es auch mit offenen Zuchtbüchern mehr als genug Züchter geben wird, welche ihre Rassen und Linien 'rein' halten wollen und werden.


    Als Käufer habe ich, wenn ich einen Hund mit bestimmten Eigenschaften will, heute fast keine Alternative, als zu einem FCI-anerkannten Züchter zu gehen. Das gilt ganz besonders für Familien- und Begleithunde. Bezeichnenderweise hat sich ja aber wo immer möglich in praktisch jeder Leistungssparte (sei es nun im Sport oder in der Arbeitshundewelt) mindestens ein Verein gebildet, der ausserhalb der FCI agiert und Spezialisten für diese ganz besonderen Bedürfnisse produziert. Wären die Zuchtbücher geöffnet, hätte ich zumindest die Option, bei jemandem zu kaufen, der unter kontrollierten Bedingungen Hunde züchtet. Diese Option habe ich heute nicht.


    Die Frage ist halt, ob die Registerhunde wirklich etwas neues mitbringen würden, in dem Umfang, wie sich das viele gerne vorstellen.


    Bei den Xern ist es eine Sache, ja da kommt eine weitere Rasse mit ins Spiel, wobei auch da die Frage ist, ob man sich da jenseits einer Frischeinfusion für den Genpool noch etwas positives dazu holt oder sich nur neue Probleme in die Rasse kippt.


    Bei anderen Rassen darf aber schlicht bezweifelt werden, ob man da so einen großen genetischen Vorteil hätte oder ob die nicht doch, wenn man zwei, drei Generationen zurückgeht, wieder aus genau der selben Ecke kommen und der Großvater am Ende vielleicht nicht doch ein Populare Sire war, dessen Nachzucht mal aus "Liebhaberei" Welpen mit dem nächstbesten rassegleichen Hund haben sollte.

    Genau dafür gibt es heutzutage ja eine Vielzahl an Gentests, die unter anderem auch Verwandtschaftbeziehungen nicht nur bis ins fünfte oder neunte Glied aufzeigen, sondern wirklich bis zu den Anfängen der Reinheitszucht reichen. Und natürlich ersetzen Gentests nicht jegliche menschliche Planung. Diese wird immer dazu gehören.

    Und auch beim Thema "Die Selektion in der Hundezucht tritt die Gesundheit mit Füßen" sollte man doch bitte endlich mal aufhören so zu tun, als bestände die Zucht nur aus Englischen Bulldoggen, Bassets und sonstigen Extremformen.


    Es gibt derzeit um die 400 anerkannte Rassen von denen ein gutes dutzend als Qualzucht eingestuft werden kann.
    Wieso also das Kind mit dem Bade ausschütten und die ganze Zucht in der jetzigen Form abschaffen, weil ein paar Zuchtrichtungen irregehen?

    Was die Gesundheit betrifft, prangere ich die systematische Inzucht und die geschlossenen Zuchtbücher an. Qualzuchten sind noch einmal eine ganz andere Nummer, die zwar ebenfalls zur Problematik beitragen, wo aber nicht das Hauptproblem liegt. Diese unglaubliche mutwillige Blindheit zum Zustand sehr vieler Hunderassen und die Verbortheit, ums Verrecken das 'reine Blut' dieser oder jener Rasse ja nicht zu beschmutzen, das ist die Kernursache dafür, dass viele Rassehunde heute noch jünger sterben als noch vor einigen Jahren (man beachte dazu z.B. die neueste Untersuchung des Britischen Kennel Clubs. Zig wissenschaftlich haltbare Studien zum Thema sind darüberhinaus ebenfalls zu finden.) Und doch tun wir's einfach weiter. Obwohl wir's heute dank Genforschung und wissenschaftlichem Fortschritt besser wissen und besser machen könnten. Obwohl es in der Nutztierzucht gang und gäbe ist. Ich halte es - mit dem Wissen, das wir heute haben - für unethisch, die gängige Zuchtpraxis bei Rassehunden aufrecht zu halten.


    Der Schaden wird angerichtet, seit es die Rassehundezucht gibt. Das Problem ist nicht nur die 'heutige Rassehundezucht,' sondern die Rassehundezucht wie sie seit ungefähr der Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen, vielen Fällen praktiziert wird und wurde.

    Das ist tatsächlich sinnfrei, denn die Schäferhund-Varieteten sind so unterschiedlich zum Teil, dass das wesenstechnisch absolut null Vorhersagbarkeit gibt.
    Aber dazu müsste man die Rassen auch wirklich gut kennen, um das überblicken zu können.

    Richtig. Den anderen Ignoranz und Inkompetenz zu unterstellen, ist natürlich die einfachste Variante, keine neuen Wege einschlagen zu müssen.


    Genau deshalb gibt es so etwas wie die X-er Zucht ja auch nicht....

    nunja... Beim Toller zumindest war das Hauptproblem eine Staupe Epidemie die den Pool zu stark reduziert hat 190X irgendwann
    Zu der Zeit war es schwer aus den verbliebenen Tieren einen besseren Pool zu erhalten
    Da suchte man noch nicht in digitalen Datenbanken und flog mal schnell zum decken nach sonst wo
    Sogar die Autos waren da noch rar und langsam und Telefon, ähm ja

    Inwiefern erklärt oder entschuldigt sich daraus, dass trotzdem - und gerade nach so einer Krise (die übrigens viele Hunderassen durchliefen) - die Zucht dieser Hunde weiterhin systematisch und auf allerengste Verwandtschaft hin auf Linie ausgelegt war?


    Genau hier liegt nämlich des Pudels Kern: diese absurde Idee der 'Rassereinheit,' die es dem Ursprungsgedanken entsprechend einfach nicht geben kann und geben wird. Wir wissen es heute wirklich besser - wieso handeln wir nicht danach? Dem Hund ist es völlig schnurz, ob er (einfach völlig arbiträren, menschlichen Empfinden nach) 'rasserein' ist. Wichtig sind dagegen seine Gesundheit und ein Wesen, das das Leben, welches der Mensch für ihn vorgesehen hat, nicht nur bewältigbar, sondern hoffentlich sogar erfüllend macht.


    Und durch diesen letzten Punkt stimme ich auch zumindest teilweise mit meinen Vorrednerinnen überein, welche die Rassehundezucht verteidigen: eine Reformation der Hundezucht darf niemals dazu dienen, Hunde völlig wahl- und ziellos zu vermehren.

    Aber die Rassen abzuschaffen würde bedeuten, dass man nicht mal mehr Wahrscheinlichkeiten hat was Wesen, Gesundheit und Fähigkeiten angeht. Ob das nun besser ist?

    Nicht zwingend. Man kann wunderbar auf gewisse 'Typen' züchten, da ist die Vorhersehbarkeit genauso gegeben. Aber dann gibts halt auch mal den Typ 'Schäferhund' (z.B. - rein als Gedankenspiel - aus allem, was früher vielleicht als Mali, DSH und Holländer 'reingezüchtet' wurde) mit Blesse, weisser Brust und weissen Pfoten. Je nachdem, was man dann eben einkreuzt und wo man die Prioritäten setzt. Was dem 'Rassehundefreund' nun als absolutes Sakrileg erscheinen mag, finde ich nun nicht besonders erschreckend. Ich wage sogar zu behaupten, dass ein gut gezogener Schäferhund mit weisser Brust und weissen Socken genauso gute Arbeit im Sport oder dem Dienst verrichten kann, wie einer, der nun dem heutigen Rassestandard entspricht.


    Dass so etwas durchaus funktioniert, zeigt unter einigen anderen Gebrauchshundevereinen zum Beispiel der ISDS. Hier wird nun wirklich jede und jeder, der einen arbeitstauglichen Koppelgebrauchshund sucht (und weiss, nach welchen Kriterien er oder sie den künftigen Hund aussuchen muss), fündig. Egal, ob er oder sie z.B. Steh-, Kipp-, oder ja, in seltenen Fällen sogar Schlappohren bevorzugt, ob er oder sie langes, kurzes, gewelltes oder glattes Fell mag, Wert auf schwarz-weisse, schwarze, braune, rote oder eine andere Farbe legt. Selbstverständlich gibt es auch da Hunde von ganz unterschiedlichem Typ und Wesen - und auch hier in einer Art und Weise so vorhersehbar, wie die Tierzucht eben vorhersehbar ist.


    Wieso so etwas in der Begleithundezucht völlig unmöglich sein soll, ist mir nicht klar.

    Ich würde einen Unterschied zwischen Rassehundezucht und Hundezucht machen.


    Wie bereits festgestellt wurde, ist der Hund kein 'Naturprodukt,' sondern ein Wesen, das von Anfang an von Menschenhand geschaffen wurde. Die Idee 'Hund' impliziert also automatisch einen menschlichen Einfluss, eine Selektion auf gewisse Eigenschaften hin.


    Im Bewsstsein, dass ich mich wie ein ewig drehendes Mühlrad anhören muss, wiederhole ich gerne immer und immer wieder, dass die 'Rassehundezucht,' so wie wir sie heute kennen und definieren, nicht so alt ist, wie manchmal geglaubt wird. Die allergrösste Mehrheit unserer Hunde'rassen' in ihrer heutigen Form stammt aus dem 19. oder gar dem 20. Jahrhundert - egal, was irgendwelche Entstehungsmythen behaupten oder kreative Namensgebungen suggerieren. Dann nämlich begann man, Standards festzulegen und Hunde rein auf Ausstellungstauglichkeit hin zu züchten.


    Das Problem dieser Standards ist, das darin seitenlang erstens über einen angeblich praktisch unerreichbaren 'Idealtypus' referiert wird, der fast ausschliesslich an Äusserlichkeiten gemessen wird. Dem Charakter ist nur ein verschwindend geringer Teil dieser Abhandlungen gewidmet, obwohl doch eigentlich sowohl Gesundheit wie Charakter im Vordergrund stehen müssten.


    Dazu kommt, dass praktisch alle Rassen, die in irgendeiner Form jemals auf Äusserlichkeiten hin selektiert wurden, generationenlang und systematisch so arg ingezüchtet wurden, dass einige von ihnen eine genetische 'Vielfalt' aufweisen, als wären sie aus weniger als 3 Gründertieren entstanden. Berühmte Kandidaten dafür sind z.B. der Nova Scotia Duck Tolling Retriever, der Lundehund, der Islandhund, der Basenji, etc. Diese züchterische 'Leistung' muss man erst einmal zustande bringen. Wichtig dabei ist: Stammbäume nur auf einige Generationen hin (5 oder 10) hin auf Inzucht zu prüfen ist sinnlos. Der genetische Flaschenhals kann schon viel früher passiert sein. Zu wirklich aussagekräftiger Verwandtschaftsanalyse sind heute eigentlich nur Computer oder eben genetische Untersuchungen in der Lage.


    Insofern bin ich durchaus für eine gezielte Hundezucht mit Vernunft und einem klaren Zuchtziel: ich - und viele andere Leute - möchten ja weiterhin Hunde halten. Immerhin sind Hunde ja auch ein Kulturgut. Andererseits sehe ich keinen Sinn in der 'Rasse'hundezucht, also derjenigen Zucht, die sich fast einzig aufs Aussehen der Hunde fixiert und sowohl Gesundheit wie Charakter fast vollständig ausser Acht lässt.


    Wir hätten heute durchaus die Möglichkeit, auf möglichst gesunde, langlebige und charakterstarke Tiere zu selektieren - und wo auch immer Tiere 'genutzt' und nicht nur aus Liebhaberei gehalten werden, wird dieses Wissen auch angewandt. Bei Hunden könnten wir das auch, aber wir tun es bei den allermeisten Hunderassen viel zu wenig, weil uns eine ganz bestimmte Ohrenhaltung, eine ganz bestimmte Färbung, etc. immer noch viel zu wichtig sind und immer noch viel zu viele Vereine, Züchter und Besitzer an irgendwelchen alten Zöpfen festhalten, die schlussendlich ganz und gar nicht dem Wohl und der Erhaltung des Kulturguts 'Hund' dienen.