Ich denke, dass Strafe - wie sie im Alltag leider häufig anzutreffen ist (übrigens nicht nur im Umgang mit Hunden!), also eben meistens NICHT in der Form des vorzeitigen Eingreifens zum Zwecke des Abbruchs einer Handlung bzw. schon dann wenn der Impuls zum Fehlverhalten offensichtlich wird, um dem Hund Gelegenheit zu geben überhaupt eine Verknüpfung herzustellen, sondern eher, wie bereits vorher erwähnt als Abbau von angestautem Frust, bzw. dem Glauben dass der Hund schon "wissen" wird was er falsch gemacht hat, wenn er für sein Fehlverhalten nur ordentlich leidet ...Rache eben - leider sehr schnell "selbstbelohnend" wird. (sorry, für den Schachtelsatz )
Wenn die Reaktion auf Strafe den Strafenden belohnt - weil sie augenscheinlich "gewirkt" hat, dürfte er in einer ähnlichen Situation wesentlich schneller dazu geneigt sein sich für Strafe zu entscheiden. Eher wird er dazu neigen die Intensität der Strafe zu erhöhen falls sie nicht die gewünschte Reaktion hervorruft, denn das SEINE Art der Strafe funktioniert ist ihm ja durch den vorherigem Erfolg klar.
Die Leute, die offensichtlich GENAU wissen, wie man Aversion punktgenau einsetzt, um dem Hund nicht zu schaden, sondern ihm zu einem besseren Leben zu verhelfen habe ich leider noch nicht so häufig getroffen - dass es sie gibt will ich allerdings nicht bezweifeln (ich habe sicher vieles noch nicht gesehen, was es ja dennoch gibt). Zumindest in unserer Gegend treffe ich die eher nicht.
Übrigens treffe ich auch sehr wenige Leute die punktgenaue Belohnungen hinbekommen... ).
Dazu kommt, dass man sich - zumindest nach meiner Auffassung - sehr mit der Persönlichkeit des eigenen Hundes befassen sollte, unter anderem auch um festzustellen WAS genau ER als strafend empfinden wird - Pauschalisierungen aufgrund der Erfahrungen die jemand anderes im Umgang mit SEINEM Hund gemacht hat (oder woanders mal gesehen od. gehört hat) sind da glaube ich nicht unbedingt hilfreich.
Auch von Trainern hört man immer wieder mal dass sie doch recht häufig "methodenverliebt" sind - viele unterliegen da anscheinend dem System, das sie immer wieder mal selbst belohnt hat.
Da ich mich seit der achten Woche mit meinem Hund befasse und WIR uns gut kennen klappen die allermeisten Dinge gut. Impulskontrolle habe ich soweit es möglich ist belohnend und sehr langsam aufgebaut (sofern man eine geschlossene Hand und ein "unerreichbares" Leckerklie nicht als "aversiv" bezeichnet) und die Anforderungen behutsam gesteigert. Ich hätte ohne ein funktionierendes "NEIN" keine Möglichkeit gewusst in erster Linie belohnend mit meinem Hund zu arbeiten. Da ER das aber aus dem Spiel heraus sehr früh gelernt hat, haben sich im weiteren Verlauf viele Möglichkeiten ergeben, die heute nur Handzeichen, Kopfnicken o.ä. nötig machen (aber den eigenen Hund als Superhund darzustellen ist verpönt und auch wirklich irgendwie komisch...und deshalb höre ich jetzt damit auf ).
Auch eine Form der Aversion haben ich komplett vermisst - oder überlesen od. sie wird einfach aus "zuwenig Vorstellungskraft" ausgeblendet. Situationen auszuhalten, die ebenfalls sehr aversiv auf den Hund wirken können erkennt man - nach meiner Einschätzung - nicht immer, vor allem dann nicht, wenn sie von unseren Sinnen nicht wahrgenommen werden. Der größte Teil der Gerüche wird z.B. von uns nicht registriert - wie wir wissen aber vom Hund sehr wohl, sowohl im Vorhandensein, als auch in der Intensität. Leute die viel Nasenarbeit machen werden das häufig feststellen - Hunde die sich z.B. beim trailen u.U weigern in einer Tüte einzuriechen und bei bestimmten Gerüchsproben den Kopf wegdrehen. Wenn man Reize nicht wahrnimmt, kann man nur schlecht beurteilen welche "Strafe" es ist sie aushalten zu müssen (Ahnliches trifft wohl auch auf Geräusche zu). Wenn man sich Abläufe im Säugerhirn anschaut und bedenkt, das gerade die Informationen die durch Riechen erlangt werden direkt ins Furchtzentrum und in den Teil des limbischen Systems gelangt, der vorrangig an der Verarbeitung von Erinnerungen, Emotionen und für die Grundlage des Lernens beteiligt ist gehen, dann kann das Aushalten der dadurch ausgelösten Reaktionen schon strafend wirken, wenn keine Möglichkeit besteht sich der Situation zu entziehen. Führt aber vielleicht zu weit... Sorry für den ewig langen Text!
Tschüss und viele Grüße
Ralf